Gelsenkirchen.

Die WAZ hat sich zum Besuch angemeldet und dafür verzichten die Schülerinnen und Schüler der 9a der Hauptschule Eppmannsweg auf ihre große Pause. Schließlich haben sie Wichtiges zu erzählen. Wie sie zu Mitautoren des Buchprojekts „Quer durch die Städte schreiben“ geworden sind, zum Beispiel. Und ob es Spaß gemacht hat. Ende Juni werden sie den fertigen Roman in Händen halten.

Sechs Schulen aus sechs Städten, 66 Teilnehmer insgesamt, haben an dem Roman mitgeschrieben. Dass dabei die Wahl auch auf Schüler der Gelsenkirchener Hauptschule fiel, lag an bereits bestehenden guten Kontakten. Und schließlich ist die Kinder- und Jugendbuchautorin Inge Meyer-Dietrich, zusammen mit Projektleiterin Sarah Meyer-Dietrich eine der Leiterinnen der Schreibwerkstatt, selber Gelsenkirchenerin.

Die Jugendlichen haben ihre Stadt besser kennengelernt

Neuntklässler waren gefragt. An der Hauptschule Eppmannsweg fiel die Wahl auf die 9a von Klassenlehrerin Christel Telöken-Selle. 15 Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren mussten nicht groß überredet werden. „Ich wollte mal was Neues ausprobieren und auch mal mit Autoren zusammen schreiben. Ich habe selber immer schon gerne Geschichten geschrieben, als ich klein war“, erzählt Beyza. Auch Azime hat selber schon Romane geschrieben „für meine Mutter und meine Geschwister“. Jassis dagegen erklärt: „Ich wollte mal etwas machen, was ich sonst nicht machen würde. Und es hat sehr viel Spaß gemacht.“ Thomas sieht einen anderen wichtigen Aspekt: „Ich habe die Stadt viel besser kennengelernt, ich konnte an Orte gehen, an die man sonst nicht kommt.“

Tatsächlich ist eine Exkursion Teil der Schreibwerkstatt, in der die Schüler ansonsten eine Woche lang um Worte ringen – nach der Schule wohlgemerkt. Die Führung mit ehemaligen Bergleuten ging durch die Zeche Westerholt, die für die Öffentlichkeit ansonsten nicht zugänglich ist.

Schon der zweite Roman aus der Feder von Jugendlichen

Bevor die Schüler mit dem Schreiben loslegen konnten, haben sie in kleinerer Runde erst einmal das Grundgerüst für den Roman festgelegt. Es ist bereits der zweite aus der Feder von Jugendlichen, der Nachfolger von „Am Fluss entlang schreiben“, dem Roman „Stromabwärts. Ein Emscher-Roadmovie“.

Max, ein Mädchen aus dem Ruhrgebiet, war Nebenfigur im ersten Roman, im neuen Buch spielt sie eine Hauptrolle, erzählt Sarah Meyer-Dietrich. Max begibt sich auf die Spur ihres leiblichen Vaters. Gruselige Geister und sprechende Tiere kreuzen ihren Weg – und die Liebe. Das erste Kapitel haben Wittener Schüler geschrieben, die Gelsenkirchener das zweite. Sie mussten den Faden der Wittener weiterspinnen und haben ihren eigenen Faden an Bochum übergegeben.

Klassenlehrerin lobt ihre Schüler fürs Mitmachen und Durchhalten

„Wir haben unterschiedliche Genres, verschiedene Erzählstränge und Personen, die die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen“, erklärt Sarah Meyer-Dietrich den besonderen Reiz des Buches. Und der Satz von Inge Meyer-Dietrich geht den Schülern runter wie Öl: „Ich muss Euch ein großes Lob aussprechen, weil Ihr Euch immer friedlich und ohne Streit geeinigt habt.“ So hat Jassis auch festgestellt: „Wir verstehen uns jetzt besser.“

Und auch Klassenlehrerin Christel Telöken-Selle ist voll des Lobes, weil ihre Schüler bei der Stange geblieben sind, obwohl sie für die Schreibwerkstatt ihre Freizeit opfern mussten und weil sie vorher auch ein bisschen Sorge hatte, dass nicht alles glatt läuft. „Das ist eine andere Form von Unterricht. Die Schüler haben viel Kreativität gezeigt und sie haben enorm davon profitiert.“ Sie seien selbstbewusster geworden und sicherer im Umgang mit der deutschen Sprache. Viele der Jugendlichen haben einen Migrationshintergrund und nicht alle eine „zwei“ in Deutsch.

Kooperationsprojekt verschiedener Träger

Die nächste Klassenlektüre steht für Deutschlehrerin Christel Telöken-Selle schon fest: der Ruhrgebietsroman, der Ende Juni im Klartext-Verlag erscheinen wird.

„Quer durch die Städte schreiben“ ist ein Kooperationsprojekt von „jugendstil – kinder- und jugendliteraturzentrum nrw“ mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis NRW, der Emschergenossenschaft und der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung NRW. Es wird gefördert mit Sonderprojektmitteln des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport sowie mit Mitteln der Emschergenossenschaft, der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung NRW und Zuschüssen kommunaler Kooperationspartner.

Der erste Roman „Stromabwärts. Ein Emscher-Roadmovie“ ist im September 2013 im Essener Klartext-Verlag erschienen. Er ist überall im Buchhandel erhältlich (9,95 €)