Gelsenkirchen. . 60.000 Euro investierte Nursel Dagli in den Umbau einer Pizzeria und machte daraus ihr „Café Sel“. Doch nun verweigert die Stadtverwaltung die Erlaubnis, Alkohol auszuschenken - obwohl das nach Angaben von Daglis Anwalt 30 Jahre lang für die Vorgänger-Gastronomie gewährt wurde. Nun droht die Pleite.

Für Nursel Dagli (36) ging ein Traum in Erfüllung. Lange Jahre jobbte sie im Café Meisner, gehörte schon zum Inventar, war bei der Kundschaft beliebt. Als das Café wegen der Baustelle am Heinrich König-Platz schließen musste, stand sie vor einer persönlichen Entscheidung. Statt Arbeitslosigkeit wählte sie den Weg in die Selbstständigkeit.

60.000 Euro investierte sie in die ehemalige Pizzeria Risoli in der Von-der-Recke-Straße und machte im Juli daraus ihr „Café Sel“, glaubte an ihre berufliche Zukunft. Doch die sieht düster aus. Die Stadt verweigert ihr die Erlaubnis, Alkohol auszuschenken.

Sie habe alkoholische Getränke serviert, ohne die Genehmigung zu haben, wird ihr vorgeworfen. „Das stimmt so nicht“, sagt Nursel Dagli. „Ich war im Glauben, dass ich eine Erlaubnis hätte.“ Genährt wurde diese Einschätzung von einem Besuch eines Lebensmittelkontrolleurs. Der hatte den Betrieb aufgesucht. In seinem Bericht habe unter Bemerkungen gestanden „Schankanlagen, Reinigungsbuch vorhanden. Erlaubnis wird erteilt.“ Dies hatte die 36-Jährig als grünes Licht betrachtet. „Ich habe, als er mir das Schreiben gab, noch meiner Mitarbeiterin zugerufen, Tora, du kannst die Fässer anschließen, wir dürfen.“ Doch das durfte sie nicht, wie sich später herausstellte. Ein Lebensmittelkontrolleur erteilt keine Konzessionen. Der Mitarbeiter des städtischen Gewerbeamtes hatte ihr zunächst eine Konzession ohne Alkoholausschank erteilt. Auf Nachfragen soll er erklärt haben, dass sie diese Genehmigung benötige, um ihr Cafe, in dem auch Essen serviert wird, zu eröffnen. Die Alkoholkonzession könne später beantragt werden.

Ohne Schankerlaubnis gezapft

„Ohne diese Erlaubnis kann der Betrieb nicht überleben“, sagt Nursel Dagli und sieht ihre Existenz akut gefährdet. Die 36-Jährige hat in ihrer Not letzte Woche das Verwaltungsgericht angerufen. Das soll nun über die Erteilung der Schanklizenz entscheiden. Die Stadt wollte sich zu dem laufenden Rechtsstreit nicht äußern. Das aber tut der Anwalt der 36-Jährigen. „Bei dem Wechsel handelt es sich um eine Übernahme. Es gibt keinen Rechtsgrund, die Schankerlaubnis zu verweigern“, sagt Rechtsanwalt Klaus Simbach. „Das Ladenlokal existiert seit 30 Jahren. Dort wurde immer Alkohol ausgeschenkt.“

Die Stadt stützt sich auf Kontrollen im Oktober, als dort ohne Konzession Alkohol ausgeschenkt wurde, was die 36-Jährige auch einräumt: „Ich dachte, ich hätte die.“ Simbach sieht seine Mandantin in den Ruin getrieben. Und nicht nur er. Mehr als ein halbes Dutzend Leser, wie Edith Brandt (88), („Wer hat so eine gastunfreundliche Maßnahme veranlasst?“) oder Nicole Ringler („Gründungsfeindlich“) haben sich in der Redaktion gemeldet und ihr Unverständnis zum Ausdruck gebracht.