Warum die Polizei Dortmunder Ultras in Bussen zum Stadion brachte
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Essen/Gelsenkirchen. Die Krawalle einiger Dortmund-Fans beim Revier-Derby sorgen weiterhin für Aufregung. In der Kritik steht auch die Polizei, weil sie BVB-Ultras in Bussen zum Stadion fuhr. Die Polizei rechtfertigt den Shuttle-Service als Vorsichtsmaßnahme.
Gegen 13 Uhr hatte die für Bahnhöfe zuständige Bundespolizei, unterstützt von zahlreichen Bereitschaftsbeamten, die Dortmunder Anhänger am Bahnhofsvorplatz mit einem massiven Aufgebot eingekreist. Dort wurden die Personalien von 376 "Störern" aufgenommen, die unerlaubt über die Gleise gelaufen waren.
"Zugfahrt hätte zu Krawalle führen können"
Was im Anschluss passierte, steht nun in vielen Internetforen in der Kritik: Nach Absprache mit der Einsatzleitung der Gelsenkirchener Polizei wurden die Fans am Bahnhof Essen-West in fünf Busse gesetzt und zur Arena in Gelsenkirchen gebracht. Auch vom Gelsenkirchener Hauptbahnhof fuhren zwölf Busse mit BVB-Fans. Während der Fahrt zerstörten Chaoten zwei Scheiben und zündeten Pyrotechnik. Einige Internenutzer kritisierten das "Gratis-Taxi zum Stadion."
Durch die Busfahrt sollte jedoch ein direkter Kontakt zwischen Dortmunder und Schaker Fans auf dem Weg zum Stadion vermieden werden, rechtfertigt Volker Stall von der Bundespolizei Dortmund das Vorgehen: "Der Bahnhof Essen-West ist einer der Hauptanreisewege für Schalke-Fans. Wären die Dortmunder von dort aus weiter mit dem Zug gefahren, hätte das zu massiven Krawallen führen können."
Diese Konfrontationen blieben zumindest auf dem Weg zum Stadion aus. Nachdem die Fans in Essen-West von der Polizei zu den Bussen geführt worden waren und sich das Bahnhofsgelände geleert hatte, fanden die Beamten allerdings zurückgelassene Pyrotechnik und Sturmhauben im Gleisbereich und der Bahnhofshalle.
Leibes-Kontrolle der BVB-Fans aus Polizeisicht unmöglich
Eine Kontrolle der Dortmund-Anhänger auf verbotene Gegenstände sei aus organisatorischen Gründen aber nicht möglich gewesen: "Das konnten wir mit 120 Beamten vor Ort kaum leisten. Einige Fans saßen bereits in den Bussen. Für uns war es wichtiger, sie ohne weitere Zwischenfälle ins Stadion zu bringen, bevor sie sich anders entscheiden und doch auf eigene Faust weiter fahren konnten", argumentiert Stall.
Rechtlich habe es keine Handhabe gegen die Problemfans gegeben, da man nicht beweisen könne, wer im Einzelnen die Pyrotechnik bei sich hatte und dann - aus Angst vor Kontrollen - im Bahnhof zurück ließ. „Wir können nicht alle Fans im Kollektiv bestrafen, da es so Unbeteiligte treffen würde.“
Polizei durfte Problem-Fans nicht vor Ort festhalten
Auch das Überqueren der Gleise im Bahnhof sei keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit, so Bundespolizist Stall. Somit habe es für die Polizei keinen Anlass gegeben, die Ultras in Gewahrsam zu nehmen. Zumal die sich im Bahnhof und später im Bus friedlich verhalten hätten. "Grundsätzlich kann man Fans die Anreise nicht verbieten, wenn sie eine Eintrittskarte haben", so Stall. Die Fans seien im Übrigen von einem Anwalt begleitet worden und hätten daher ihre Rechte genau gekannt.
Die am Bahnhof Essen-West gesammelten Erkenntnisse über die Fans habe die Dortmunder Polizei anschließend an den Ordnungsdienst im Gelsenkirchener Stadion weitergegeben: "Trotz massiver Hinweise selbst aus dem Dortmunder Bereich an den Ordnungsdienst des S04 auf den zu erwartenden Einsatz von Pyrotechnik gelang es den Dortmunder Problemfans große Mengen ins Stadion zu bringen und zu entzünden", hieß es von Seiten der Gelsenkirchener Polizei.
Versäumnisse könne man den Stadion-Ordnern nicht vorwerfen, sagt Torsten Sziesze von der Polizei Gelsenkirchen: "Die Kontrollen vor dem Stadion auf Schalke sind intensiv und professionell, aber eine 1000-prozentige Sicherheit wird es nicht geben." Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vertritt mit Blick auf die bundesweite Situation in den Stadien eine andere Sichtweise und will die Vereine im Kampf gegen Krawall-Fans stärker in die Pflicht nehmen.
BVB will Ende der Woche Stellung nehmen
Schalke 04 äußerte sich bislang nicht konkret zum Thema: "Wir werden zunächst das Geschehen intern in Zusammenarbeit mit der Polizei aufarbeiten, bevor wir eine Stellungnahme abgegeben", sagte Sprecher Heiko Kruska auf Anfrage.
Auch Borussia Dortmund will sich mit der Aufarbeitung des Derbys Zeit lassen. "Wir schießen jetzt nicht aus der Hüfte und äußern uns Ende kommender Woche nach verantwortungsvoller Sichtung und Diskussion aller zugänglicher Erkenntnisse", teilte BVB-Sprecher Sascha Fligge am Montag mit. (mit dpa)
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