Gelsenkirchen.. Die Polizei hat ihren Einsatz beim Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und PAOK Saloniki verteidigt. Mit einem Banner sollen Gelsenkirchener Ultras griechische Anhänger auf das Schärfste beleidigt haben. Ohne den Einsatz soll ein Platzsturm des Saloniki-Blocks gedroht haben. Der Verein widerspricht der Darstellung der Polizei.

Am Tag danach sind die Spuren vom Abend und der Nacht bei Klaus Sitzer noch gut zu erkennen. Der Einsatzleiter der Gelsenkirchener Polizei in der Schalke-Arena hat nur Minuten geschlafen nach den Krawallen, die es am Mittwoch im Stadion zwischen der Polizei und den Gelsenkirchener Ultras gegeben hat. Am Tag danach sprechen Sitzer und Klaus Noske, Direktionsleiter der Gelsenkirchener Polizei über die „ultima ratio“, die Entscheidung der Beamten, in den Block zu gehen, ein Vorgehen, das beide als alternativlos sehen.

„Gezielte und massive Provoktion der Gelsenkirchener Ultras“

Außenstehende werden das kaum nachvollziehen können: Es geht um ein rotes Stück Stoff, vielleicht ein mal zwei Meter groß, ein Banner mit gelber Schrift, mit dem die Schalker Ultras ihre Freundschaft zum mazedonischen Club Vardar Skopje ausdrücken. Dessen Zeigen soll die griechischen Fans von PAOK Saloniki bis zur Weißglut getrieben haben, sagt die Polizei, und spricht von einer „gezielten und massiven Provokation der Gelsenkirchener Ultras“.

Die Chronik aus Sicht der Polizei: Schon in der Halbzeit und während der Pause hätten Schalkes Fanbeauftragter und der Sicherheitsbeauftragte der Arena versucht, auf die Ultras einzuwirken, damit die das Banner von allein einstecken. Dessen Zeigen stelle für Griechen die größtmögliche Verletzung von Ehrgefühl und Nationalstolz dar, sagt die Polizei. Zu Beginn der zweiten Halbzeit soll ein Vorstand von PAOK Saloniki zu den Beamten gegangen sein: „Ihr müsst was tun, das eskaliert gleich, es wird Schwerverletzte und Tote geben.“ Da sollen die Griechen schon begonnen haben, Teile der Bestuhlung zu zerlegen. Und kurz davor gestanden haben, mit 2500 Mann den Platz zu stürmen. Von einer unmittelbaren „Gefahr für Leib und Leben Dritter“, spricht auch Einsatzleiter Sitzer.

Um die 58. Minute, noch vor dem Gegentreffer zum 1:1, schreitet die Polizei nach eigenen Angaben mit einem massiven Aufgebot ein. Als die ersten beiden Beamten um die 58. Minute in den Block der Ultras gehen, seien sie sofort attackiert worden, berichtet Noske: mit Schlägen, Tritten, Fahnenstangen. Die Polizei setzt Pfefferspray ein. 30 Menschen nehmen später die Hilfe des Rettungsdienstes in Anspruch. Festnahmen gibt es keine. „Das hätte die Lage noch mehr eskalieren lassen, sagt Sitzer.

„Entsetzliche Szenen“ - Schalke 04 widerspricht Darstellung der Polizei

Schalke 04 spricht von „entsetzlichen Szenen“ hält den Einsatz für „in keiner Weise gerechtfertigt“. Das ist für die Polizei nicht nachvollziehbar: „Wir werden den Sachverhalt mit den Verantwortlichen von Schalke in aller Ruhe aufarbeiten“, sagt Noske, „die Kommunikation ist nicht gestört, nur die Wahrnehmung scheint an gewissen Stellen unterschiedlich zu sein.“ Grundsätzlich stimme die Kooperation mit Schalke, auch das Sicherheitskonzept werde stets überdacht.

"Wann geht Ihr da endlich rein?"

Schalke 04 widerspricht der Darstellung der Polizei in vielen Punkten vehement: So sei der Einsatz erst nach dem Gegentreffer erfolgt - was Augenzeugen bestätigen. Der Schalke-Fanbeauftragte Patrick Arnold sagt zudem, der Verein habe der Polizei von einem Einsatz in der Kurve abgeraten. Auch der stellvertretende Geschäftsführer Moritz Beckers-Schwarz wehrt sich via Twitter gegen die von der Polizei kolportierte Aussage, er habe mit den Worten "Wann geht Ihr da endlich rein?" das Eingreifen gefordert.

Polizei stürmt Schalke-Kurve

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Dabei spricht auch die Polizei von „unschönen Szenen“, sagt Direktionsleiter Noske: „Das bedauere ich zutiefst.“ Einen Einsatz wie diesen habe es in Gelsenkirchen seit Jahren nicht gegeben. „Kampf und Action“ wünscht sich auch Noske auf dem Spielfeld, „nicht Gewalt in den Blöcken“. Ein Einsatz der Polizei gegen die griechischen Fans hätte für die Polizei keine Alternative dargestellt, meint Noske: Gegen Zweieinhalbtausend greifen keine Maßnahmen.“ „Wir haben gegen den vorzugehen, der die Ursache setzt“, pflichtet Sitzer bei. Und trotzdem: Der Gang in den Block bleibe die absolute Ausnahme.

Banner ist verschwunden

Andauern werden auch die strafrechtliche Aufarbeitung des Einsatzes - und der Vorfälle vor und während des Spiels. Schon vor der Partie hatten Saloniki-Anhänger im Dortmunder Hauptbahnhof Pyrotechnik gezündet. Auch während des Spiels waren Böller und Bengalos zu vernehmen. Wegen der Zerstörung der Bestuhlung müssen sie sich auch wegen Sachbeschädigung verantworten. Zwei Polizisten wurden in der Arena leicht verletzt. Auch gegen Beamte der Gelsenkirchener Polizei wurden Anzeigen wegen des Einsatzes des Pfeffersprays gestellt. Die Video-Aufnahmen aus dem Stadion werden noch ausgewertet.

Das Zeigen des Banners wird wohl keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen, selbst wenn in ersten Meldungen noch von einer möglichen Volksverhetzung die Rede war. Ohnehin soll die Fahne schon bei vorherigen Spielen zum Einsatz gekommen sein, unter anderem im Vorjahr beim Spiel gegen die Griechen aus Piräus - ohne besondere Vorkommnisse. Sichergestellt worden konnte der Stein des Anstoßes nicht. Das Banner wurde beim Eintreffen der Polizei unter den Ultras weitergereicht und war schließlich verschwunden. „Ab dem Zeitpunkt war Ruhe“, sagt Einsatzleiter Sitzer, Ruhe auf beiden Seiten.