Gelsenkirchen.

Cam ist der Hahn im Korb. Er ist der einzige Junge unter zehn Mädchen, trotzdem wischt er den Frühstückstisch ab und räumt die Spülmaschine aus. Serpil ist noch etwas schüchtern, aber in der Gruppe gewinnt sie zunehmend Selbstvertrauen. Irems Zöpfe wirbeln hin und her, als die Gruppe hüpfend deutsche Verben konjugiert. So sieht der Deutsch-Förderunterricht für die Neun- und Zehnjährigen mit und ohne Migrationshintergrund aus, die in den Schulferien über einen zu langen Zeitraum aus dem Deutschunterricht herausgerissen würden.

Angeboten wird er vom Förderverein des Kommunalen Integrationszentrums Gelsenkirchen. „Es handelt sich hier um eine andere Zielgruppe als bei den Sprachcamps der Stadt Gelsenkirchen, wo für Grundschüler ein zusätzliches Angebot zur Erhöhung der Sprachkompetenz gemacht wird“, so Bildungsdezernent Dr. Manfred Beck. Finanziert werden die Gruppen von der Bundesligastiftung, vermittelt von Fußballprofi Ilkay Gündogan, der Bürgerstiftung und RTL.

Fortgeschrittene Gruppe im DGB-Haus

Der Förderverein betreut und finanziert zwei Gruppen mit jeweils elf, zwölf Kindern. Die Gruppe im DGB-Haus an der Gabelsberger Straße, in die auch Cam, Serpil und Irem gehen, könnte man guten Gewissens schon „fortgeschritten“ nennen. Im Sprach- und Theaterworkshop lernen die Kinder Sprache auf eine ganz andere Art: spielend, lachend, tanzend. Anhand einer Arbeitsmappe werden die Übungen vertieft: Tiere werden mit Artikel versehen, Verben konjugiert, Lückentexte ausgefüllt.

Den Schlusspunkt setzt die Aufführung des Theaterstücks „Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnte“. Um das Konzept und die Umsetzung kümmern sich Sprachlehrerin Özlem Schröder (33) und Schauspielerin Bettina Grahs (37). Die Leitmotive des Buches lassen die Zeit im Workshop zu einem Abenteuer werden, der wie ganz nebenbei auch die Motivation und Sprachkompetenz der Kinder fördert. „Die Kinder haben die Chance sich selbst zu entdecken, sie lernen im Team und sie erfahren, dass ihr Produkt – das Theaterstück – wertgeschätzt wird“, so Schröder.

„Niedrigschwellig“ ist der Workshop in der zweiten Gruppe, die im Wissenschaftspark angesiedelt ist. Dort werden Kinder aus Roma-Familien, aus Rumänien, Bulgarien, Polen und Spanien gefördert, die erst seit drei, vier Monaten in Deutschland sind, demnächst eingeschult werden, aber ohne jegliche Deutschkenntnisse sind und zum Teil weder Stift noch Schere halten können. Der Förderverein war über das Gesundheitsamt auf die Kinder aufmerksam geworden. Jeden Morgen würden die Kinder pünktlich um 8.30 Uhr zum Wissenschaftspark gebracht, sagt Gisela Haciabdurrahmanoglu vom Förderverein. „Wir erleben die Eltern als bildungs- und integrationswillig.“