Gelsenkirchen. . Peter Stollfuß und Hans-Werner Jansen sind von klein auf mit dem Brieftauben-Virus infiziert. Ihr Verein, die Reisevereinigung Gelsenkirchen und Umgebung 1894, zählte mal 263 Schläge. Heute nur noch 70.

Das Rennpferd des kleinen Mannes lahmt. Wie so viele andere Vereine auch beklagen die Brieftaubenfreunde von der Reisevereinigung Gelsenkirchen und Umgebung 1894 akuten Nachwuchsmangel. Brieftauben waren mal das Hobby schlechthin im Ruhrgebiet. Die Gründe für das Aussterben sind vielfältig: es kostet viel Zeit, es kostet Geld und die Taubenschläge sind von den Dachstühlen und Hinterhöfen an den Stadtrand verdrängt worden. Im Brieftaubenzentrum am Hördeweg sind allein neun Schläge untergebracht.

Peter Stollfuß (45) ist der 1. Vorsitzende der Reisevereinigung. „Ich war von klein auf auf dem Taubenschlag“, erzählt der pensionierte Dachdecker. Sein Großvater hatte Tauben, sein Vater, seine Brüder. Man sehe das Leben, wie es wachse, fasst der 45-Jährige seine Leidenschaft in Worte, während er zwei kleine Tauben in den Händen hält, die vor wenigen Tagen geschlüpft sind. Nicht mehr lange, und die noch wenig ansehnlichen Tiere können fliegen. 22 Tage dauert’s, bis eine Taube abheben kann.

Mit zehn Jahren die ersten Tauben

„Es gab in Gelsenkirchen früher sechs Reisevereinigungen“, erinnert sich Jugendwart Hans-Werner Jansen (69) an bessere Zeiten. Nach einer großen Fusion sind es nur noch drei. Der pensionierte Bankdirektor hat seine ersten Tauben mit gerade mal 10 Jahren bekommen. Mit 14 ist er dann aktiv in den Verein eingetreten. Bei ihm war es der Arbeitskollege eines Vaters, der ihn mit dem Taubenvirus infiziert hat. Apropos Virus: Als 2006 die Vogelgrippe ausbrach, durften Taubenbesitzer ihre Schläge für knapp vier Wochen nicht öffnen. „Dann wurde nachgewiesen, dass Brieftauben kein Überträger des Virus sind“, so Jansen.

170 Mitglieder zählt die Reisevereinigung – Gelsenkirchens älteste. 70 davon nehmen an Wettbewerben teil (13 Alttierflüge, 6 Jungtierflüge). 1994 waren es noch 263 „reisende Schläge“ – laut Jansen Bundesrekord. Pro Schlag rechnen Stollfuß und Jansen im Schnitt mit 70 Tieren. Insgesamt kommt ihr Verein auf 21.000 Tauben.

Dem Vereinsvorsitzenden liegen seine Tauben am Herzen. Die Ringe von drei verstorbenen Stammtieren trägt er an seinem Schlüsselbund. Jeden Tag lässt er seine Tauben für eine Stunde fliegen. Unter der Woche halten Züchter Männchen und Weibchen getrennt, am Wochenende dürfen sie einander dann näher kommen. Die Züchter sprechen in dem Zusammenhang von „Motivation“. Peter Stollfuß: „Das ist so, als wenn man eine Woche lang auf Montage ist und dann nach Hause kommt. Da freut man sich doch auch besonders. . .“

Saison-Eröffnung mit Osterfeuer

Die Reisevereinigung Gelsenkirchen und Umgebung 1894 lädt alle Interessierten für ­(Kar-)Samstag, 30. März, zum Saison-Eröffnungsfest ein.

Das Fest beginnt um 15 Uhr auf dem Gelände des Brieftaubenzentrums am Hördeweg 142 in der Feldmark. Neben dem Osterfeuer ab 18.30 Uhr steht die Verlosung von Gutscheinen für Jungtauben auf dem Programm.