Gelsenkirchen. . Mit einer neuen Schulform und noch weniger Schülern beginnt heute der Unterricht im neuen Schuljahr. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Nicht nur die Schülerzahlen und die Wahl der Schulformen haben sich verändert.

Und wenn die Sonne noch so schön scheint: Heute sind die Ferien endgültig zu Ende. Zumindest für alle Schüler von der zweiten Klasse an aufwärts. Nur die 2143 I-Dötzchen, die in diesem Jahr in eine der 39 Gelsenkirchener Grundschulen kommen (es sind 95 weniger als im Vorjahr), müssen sich noch bis morgen gedulden, bevor sie ihre ersehnten Schultüten in die Arme schließen können.

Aber nicht nur für die Kleinsten ist dies ein ganz besonderes Schuljahr. Auch für die 78 Jungen und Mädchen und ihre neun Lehrkräfte, die von heute an in der neuen Sekundarschule Hassel miteinander lernen, ist es ein besonderes Jahr. Schließlich gab es seit Gründung der Gesamtschule Berger Feld anno 1969 keine neue Schulform mehr in der Stadt. Schulleiterin Gabriele Ulbrich freut sich auf die bevorstehende Kennenlernwoche und die Arbeit. Beschnuppert hatten sich Schüler, Eltern und Lehrer allerdings schon vor den Ferien einmal. Die offizielle Schuleinweihung folgt am Freitag.

Jeder Vierte ging früher zur Hauptschule

Den Wechsel an eine weiterführende, allgemeinbildende Schule vollziehen heute in der Stadt 2144 Schüler – auch das waren im Vorjahr mehr: 2331. Die meisten wechseln diesmal an Gesamtschulen (647/ im Vorjahr 640) und an Gymnasien (639/im Vorjahr 689). Zu Realschulen kommen 463 neue Schüler (529 im Vorjahr), für Hauptschulen meldeten sich nur noch 217 (282) Neulinge an. Nur mal zum Vergleich: Vor 30 Jahren ging hier jeder Vierte zur Hauptschule (heute jeder Zehnte), und ein Gymnasium besuchte in Gelsenkirchen nur jeder Fünfte.

Übrigens: Bis zu den Herbstferien sind es nur 32 Schultage!

Georg Altenkamp, heute Schulleiter der Gesamtschule Berger Feld, war am Tag der Einschulung stolz auf seine Schultüte und auf die schicke Mama.
Georg Altenkamp, heute Schulleiter der Gesamtschule Berger Feld, war am Tag der Einschulung stolz auf seine Schultüte und auf die schicke Mama. © WAZ FotoPool

1954: Georg Altenkamp, Schulleiter der GS Berger Feld, wird in Essen eingeschult. An seinen ersten Schultag erinnert er sich gut: „Das war eine Feier! Und jeder Schüler achtete auf andere Schultüten und Ranzen – damals schon Statussymbole.“ An die Schulzeit denkt er gerne zurück, auch wenn Schule heute anders ist. „Ich wurde damals mit Nachnamen angesprochen, wir wurden von Lehrern geschlagen, aber wir wussten uns zu helfen, indem wir Hefte im Hosenboden versteckt haben“, sagt er und lacht.

Frank Baranowski wollte nur eins: Dass der Fotograf endlich fertig ist und er an seine Spielzeugautos in der Schultüte ran durfte!.
Frank Baranowski wollte nur eins: Dass der Fotograf endlich fertig ist und er an seine Spielzeugautos in der Schultüte ran durfte!. © WAZ

„An den Inhalt meiner Schultüte erinnere ich mich mehr als an den ersten Schultag an sich“, sagt Oberbürgermeister Frank Baranowski. In seiner Schultüte befanden sich nämlich Spielzeugautos und Süßigkeiten. 1968 kam er auf die evangelische Grundschule in der Fürstinnenstraße, die heutige Martin-Luther-Schule. Nach der Einschulung ging es direkt zum Fotografen: „Das fand ich nicht schön, schließlich wollte ich unbedingt wissen, was sich in meiner Schultüte befindet“, erinnert er sich.

Gut gelaunt ins erste Schuljahr: Chansonsängerin Maegie Koreen.
Gut gelaunt ins erste Schuljahr: Chansonsängerin Maegie Koreen. © WAZ FotoPool

1960 begann für die Chansonsängerin Maegie Koreen der angebliche Ernst des Lebens. Sie wurde in der katholischen Marienschule, der heutigen Grundschule an der Georgstraße eingeschult. An den Inhalt ihrer Schultüte erinnert sie sich noch ganz genau: „Mein sehnlichster Wunsch wurde erfüllt: Ich habe eine mittelbraune Blockflöte bekommen. Ich hatte zwar vorher schon eine, aber diese war viel besser. Und natürlich waren auch einige Leckereien in meiner Schultüte.“ Später kam noch eine Gitarre dazu.

Mit frischer Zahnlücke in die Schule: Beni Veltum.
Mit frischer Zahnlücke in die Schule: Beni Veltum. © WAZ

Ab 1993 musste der Graffiti-Künstler Beni Veltum die Schulbank drücken. „Meine Mutter hatte mir eine Schultüte gebastelt“, erzählt er. Einen Tag vor seiner Einschulung verlor er einen seiner vorderen Milchzähne – war aber auch nicht weiter tragisch. Er ging zur Grundschule an der Bickernstraße in Bismarck. Ein ähnliches Prozedere durfte er im vergangenen Jahr noch einmal erleben: Seine Tochter wurde eingeschult. Große Unterschiede zu seinem ersten Schultag hat er dabei nicht festgestellt.

Dr. Manfred Beck wurde 1958 in Pforzheim eingeschult. „Ich war riesig aufgeregt“, erinnert sich der Stadtrat. Da beide Elternteile arbeiteten und er vorher schon in einer Kita war, war es für ihn nichts Neues, mit vielen Kindern zusammen zu sein. Dennoch gab es einen Unterschied: „Die Einschulung war ein Schritt ins Erwachsenwerden.“ An die Schultüte erinnert er sich gut: „Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren schlecht. Da hat man eher Schulsachen bekommen, Stifte zum Beispiel – und etwas Süßes.“

„Brems Dich“ - mahnt die Verkehrswacht

Acht Schüler sind 2012 bereits in Gelsenkirchen auf dem Schulweg verunglückt. Deshalb ermahnen Polizei und Verkehrswacht Autofahrer, vor allem in den kommenden Wochen im Umkreis von Schulen besonders vorsichtig zu fahren.

Denn Eltern oder Großeltern begleiten die Schulanfänger meist nur in den ersten Tagen. Und Kinder reagieren oft unbesonnen im Straßenverkehr.