Gelsenkirchen. Mieter der Bergbausiedlung Flöz Dickebank sind sauer über die Methoden des Vermieters Häusser-Bau. Mitarbeiter wollen unangemeldet Garagen auf Privatgrundstücken vermessen und Zähler ablesen.

In der Bergbausiedlung Flöz Dickebank kocht es. Die Bewohner sind empört über das Verhalten von Mitarbeitern, die der neue Vermieter, die Häusser-Bau, engagiert und in die Siedlung schickt. Einige versuchen, auch ohne Zutrittsrecht in die Wohnungen zu gelangen, um Zähler zu überprüfen. Zwei junge Frauen gingen ungebeten in ein Haus, um neue Klingel- und Briefkastenschilder anzubringen. Drei Bewohner haben gegen die ungebetenen Gäste wegen Hausfriedensbruch, versuchten Diebstahls und versuchter Sachbeschädigung Strafanzeige erstattet. Viele Bewohner halten die Methoden von Häusser-Bau, die rechtlich erst ab 1. September Eigentümer und Vermieter der Wohnungen ist, für eine Taktik, die die Siedler einschüchtern soll.

Denkmal-Bereichssatzung

Zunächst wollte ein Vermessungsteam aus Dortmund herausfinden, ob sich die Grundstücke für mögliche Zufahrten für Garagen und Carports eignen. Unangemeldet und ohne sich vorzustellen, checkten Mitarbeiter des Vermessungsbüros auch die privat genutzten Bereiche hinter den Häusern und Mietergärten. Die Möglichkeit, Garagen und Carports zu bauen, könnte für Häusser-Bau die Verkaufsargumente verbessern. Argumente, die aber verpuffen werden, wie Jörg Skopal, Sprecher der Initiative „Neue Wege für Flöz Dickebank“ betont: „Der Ensembleschutz der Siedlung gilt auch für die Sichtbeziehungen zwischen den Straßen.“ Für die Gassen, die zu den Häusern führen, ist ein Gehrecht für die Bewohner eingetragen. Sollten Autos den Weg befahren, müsste der Bebauungsplan für ein entsprechendes Fahrrecht geändert werden. „Die Untere Denkmalbehörde“, so versichert Stadtsprecher Oliver Schäfer, „hat überhaupt keinen Anlass, die Denkmalbereichssatzung zu ändern.“

Die Skepsis der Bewohner gegenüber Häusser-Bau nimmt immer mehr zu. Zunächst hatten sie sich über die aggressiven Verkaufsgespräche geärgert. In denen, so klagten Mieter, sei deutlich geworden, dass den Häusser-Bau-Mitarbeitern das Schicksal der Bewohner, die kein lebenslanges Wohnrecht genießen, gleichgültig zu sein schien.

Für Ärger sorgten auch zwei junge Männer, die die Lage und den Stand von Strom- und Wasserzählern wissen wollten. Im Schloss einer Wohnungstür steckte noch der Schlüssel, als die Männer ins Haus wollten. „Die hatten schon eine Hand am Schlüssel“, beobachtete Mieterin Monika Kretschmar die Männer. Sie wollten sich ohne anzuklingeln Zugang zum Haus der Nachbarin verschaffen. Für den Vermieter, so Skopal, sei es lediglich wichtig, zu wissen, wo die Hauptleitungen für Strom, Gas oder Wasser ins Haus führen. Skopal sieht in dem Vorgehen von Häusser-Bau einen Versuch, die Bewohner zu verunsichern. Das gelang zumindest nicht bei einem Mieter, dessen Garage auf seinem privaten Mietergarten vermessen werden sollte. Der resolute Bewohner wies die Vermesser vom Grundstück.

Zwei junge Frauen machten sich an Klingel- und Briefkastenschildern zu schaffen und überklebten sie mit neuen Kunststoffhinweisen. Häusser-Bau-Sprecher Ralf Bettges bestätigt das Vorgehen: „Das Bild soll vereinheitlicht werden. Die Änderungen nehmen wir nur an Gebäuden vor, die langfristig im Bestand bleiben. Es ist der Auftakt zu weiteren Verschönerungsmaßnahmen. Es passiert nichts Illegales. Die Bewohner haben schließlich rechtsgültige Mietverträge.“

Angst um eine Siedlung

Die historische Arbeitersiedlung Flöz Dickebank.
Die historische Arbeitersiedlung Flöz Dickebank. © WAZ FotoPool
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Randvoll gefüllt - der Pfarrsaal von St. Joseph.
Randvoll gefüllt - der Pfarrsaal von St. Joseph. © WAZ FotoPool
Stadtverordneter Udo Brückner (SPD), Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington, Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung, Werner Wöll und Günther Brückner (beide CDU) bildeten das Podium.
Stadtverordneter Udo Brückner (SPD), Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington, Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung, Werner Wöll und Günther Brückner (beide CDU) bildeten das Podium. © WAZ FotoPool
Blick in die Straße Flöz Dickebank
Blick in die Straße Flöz Dickebank © WAZ FotoPool
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012 © WAZ FotoPool
Rückfront der Häuser
Rückfront der Häuser © WAZ FotoPool
Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington sowie Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung.
Baurat Michael von der Mühlen, Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund, Hans-Joachim Härtling von der Deutschen Annington sowie Bezirksbürgermeister Bernd Lemanski, selbst Anwohner der Siedlung. © WAZ FotoPool
Virchowstraße
Virchowstraße © WAZ FotoPool
Nachdenkliche Minen.
Nachdenkliche Minen. © WAZ FotoPool
Hinweistafeln informieren  über die historische Bedeutung der Siedlung.
Hinweistafeln informieren über die historische Bedeutung der Siedlung. © WAZ FotoPool
Sie ist städtbaulich und siedlungshistorisch die wichtigste Arbeitersiedlung der Stadt.
Sie ist städtbaulich und siedlungshistorisch die wichtigste Arbeitersiedlung der Stadt. © WAZ FotoPool
Blick hindurch zwischen zwei Häusern auf ein Garagentor, das mit dem Signet der Veltins Arena bemalt ist.
Blick hindurch zwischen zwei Häusern auf ein Garagentor, das mit dem Signet der Veltins Arena bemalt ist. © WAZ FotoPool
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Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund moderierte die lebhafte Diskussion im Saal.
Rainer Stücker vom Mieterverein Dormund moderierte die lebhafte Diskussion im Saal. © WAZ FotoPool
Bereits in den 1970er Jahren hatten die Anwohner von Flöz Dickebank für den Erhalt gekämpft.
Bereits in den 1970er Jahren hatten die Anwohner von Flöz Dickebank für den Erhalt gekämpft. © WAZ FotoPool
Blick in die Virchowstraße
Blick in die Virchowstraße © WAZ FotoPool
An einem Haus in der Ottilienaustraße Kohlebriketts geliefert.
An einem Haus in der Ottilienaustraße Kohlebriketts geliefert. © WAZ FotoPool
Die Häuser teils in einem stark renovierungsbedürftigem Zustand.
Die Häuser teils in einem stark renovierungsbedürftigem Zustand. © WAZ FotoPool
Der Putz fällt von den Wänden.
Der Putz fällt von den Wänden. © WAZ FotoPool
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Bezirksbürgermister Bernd Lemanski, selbst Anwohner, und der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt, Werner Wöll.
Bezirksbürgermister Bernd Lemanski, selbst Anwohner, und der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt, Werner Wöll. © WAZ FotoPool
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012
Rund 150 Anwohner kamen am Mittwoch, dem 23.02.2012, ins Pfarrheim der katholischen Kirche St. Joseph in Gelsenkirchen - Ückendorf, um sich über den geplanten Verkauf der historischen Arbeitersiedlung Flöz Dickebank zu informieren. Die Deutsche Annington will die Häuser , die u.a. zur Route der Industriekultur zählen, an die Häusser Bau verkaufen. Die Mieter der insgesamt 317 Wohnungen fürchten nun, das sie nach einer weitergehenden Einzelprivatisierung auf die Straße gesetzt werden könnten.Foto: Martin Möller / WAZ FotoPool / 23.02.2012 © WAZ FotoPool
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Kreuzung Flöz Dickebank / Otttilienaustraße.
Kreuzung Flöz Dickebank / Otttilienaustraße. © WAZ FotoPool
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