Gelsenkirchen/Hildesheim. Ein 38 Jahre alter Deutsch-Libanese tötete am Neujahrstag seinen Nebenbuhler in Sarstedt. Die Fahndung im Familienclan führte auch nach Gelsenkirchen zu einem Autohändler. Er gilt als Clanchef.
Um die Familienehre ging es, um Zwangsheirat, einen gekränkten Ehemann, der einen Nebenbuhler umbrachte, um einen Mordanschlag, dessen Spuren auch nach Gelsenkirchen führten: In der Neujahrsnacht wurde ein 35 Jahre alter Syrer an einer Ampel in Sarstedt in seinem Auto erschossen (WAZ berichtete).
Der Angeklagte (38) ist Mittwoch nach einem Indizienprozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Die Strafkammer des Hildesheimer Landgerichts sah es als erwiesen an, dass der 38-Jährige mit einem Komplizen am Neujahrstag 2012 den Liebhaber seiner Frau mit mehreren Schüssen getötet hat.
Der Vorsitzende Richter sprach von einer Exekution. „Das war eine absolut brutale, widerliche Tat“, sagte er bei seiner Urteilsbegründung. Eine besondere Schwere der Schuld stellte das Gericht jedoch nicht fest. Zwar habe der Angeklagte, ein aus dem Libanon stammender Deutscher, sein Opfer verfolgt und bei der Tat eine „hohe kriminelle Energie“ an den Tag gelegt. Das Opfer, ein 35 Jahre alter Syrer, habe ihn und seine Familie aber „erheblich provoziert“. Zudem sei der Angeklagte nicht vorbestraft.
Mit Einsatz von Polizeihunden des Saales verwiesen
Zum Ende der Urteilsbegründung spielten sich tumultartige Szenen im Gerichtssaal ab. Justizbeamte konnten die aufgebrachte Menge nur mit Mühe und dem Einsatz von Polizeihunden des Gerichts verweisen.
Das Opfer war – trotz Drohungen – seit 2010 mehrfach mit der Frau des Angeklagten durchgebrannt. Kennengelernt hatten sich beide als Jugendliche. Die 32-Jährige, Mutter von sechs Kindern, kehrte jedoch stets zu ihrem Mann zurück, dem sie offenbar bereits als 14-Jährige versprochen war: eine Zwangsheirat. Jetzt lebt sie an einem geheimen Ort. Die Familienclans des Täters und des Opfers waren eng verbandelt. Als ein Clanchef gilt ein 47 Jahre alter Autohändler aus Gelsenkirchen, dessen Wohnung nach der Tat durchsucht wurde, weil er die Tatwaffen besorgt haben soll. Ein mutmaßlicher Mittäter, der Schwager des Angeklagten, ist geflüchtet.
Dass es auch im Raum Hildesheim eine libanesische Großfamilie gebe, die in einer Parallelwelt lebe, „Angst und Schrecken“ verbreite und die Regeln des Rechtsstaats nicht akzeptiere, sondern ihn verhöhne, stellte der Vorsitzender Richter zu Beginn seines Plädoyers fest – und dass er sich das in diesem Maße nicht hätte vorstellen können. (dapd/jös)