Gelsenkirchen. Die Tür-Automatik versagt im 40-Parteien-Wohnhaus von Petra Masuch. Die Rollifahrerin hoffte zunächst vergeblich auf Einsehen der Eigentümer. Nun lassen sie die Anlage jedoch noch einmal reparieren.
Petra Masuch wohnt an der Horster Straße 2. Ein barrierefreies, seniorengerechten Haus hat sie bewusst gewählt, weil sie schwer chronisch krank ist. Die 57-Jährige sitzt im Rollstuhl, hat kaum noch Kraft in den Armen. Gut vier Jahre alt ist der Komplex in Buer. Mit öffentlichen Fördergeldern wurde er errichtet. 40 Mietparteien beherbergt das Haus, darunter eine Arztpraxis und eine Eisdiele. Eigentlich eine prima Adresse für Petra Masuch – wäre da nicht ein Hindernis, das ihr und drei anderen Rollstuhlfahrern im Haus immer wieder das Leben schwer machte: die elektronische Haus-Eingangstür. Derzeit ist sie defekt. Mal wieder.
Über einen Schlüssel wird die Elektrik gesteuert. Normalerweise springt die Tür dann auf. Aber seit Wochen heißt es für die Behinderte: Warten, dass ihr jemand hilft. „Die Tür war schon öfter kaputt. Ich stehe dann wie doof davor und muss Leute bitten, mir zu helfen.“ Selbst kann sich Petra Masuch nicht helfen. Dazu reicht ihre Kraft nicht. „Das ist wirklich traurig. Dabei war ich so glücklich, dass ich einen elektrischen Rollstuhl bekommen habe und allein rausfahren kann.“
"Eine tägliche Herausforderung"
Dass der Ist-Zustand bleibt, fürchtete die Mieterin. Denn zunächst hieß es angeblich, dass die Tür – anders als bisher – diesmal nicht repariert werde. Der Aufwand sei für die Vermieter zu hoch. Entsprechende Signale kamen wohl von der Hausverwaltung A & E in Buer – was Werner Moellers auf die Barrikaden trieb. Er ist ein bekannter von Petra Masuch und setzte eine Beschwerde-Lawine in Bewegung.
Gepfefferte Schreiben gingen letzte Woche an die Stadtspitze, an die Hausverwaltung, ja sogar an NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Tenor: Barrierefreies Wohnen würde hier konterkariert. Für die im Hause lebenden Menschen, die zum Teil im Rollstuhl sitzen, sei die Überwindung der Anlage „eine tägliche Herausforderung“, die aber nicht sein dürfte, da das Wohnhaus mit Fördermitteln barrierefrei gebaut worden sei.
Mieter sollen Wartungskosten zahlen
Die Eigentümer der Anlage, die DSW-Grundstücksgesellschaft, hat offenbar mittlerweile eingelenkt. Laut Christian Meyer von der Hausverwaltung haben die Hausbesitzer – darunter recht prominente Gelsenkirchener – zugesagt, die Türanlage (für etwa 8500 Euro) erneuern zu lassen, vorausgesetzt, die Mieter erklären sich bereit, nach der Gewährleistungszeit von zwei Jahren die Wartungskosten anteilig komplett zu zahlen.
Entsprechende Schreiben seien jetzt an die Bewohner herausgegangen. Sechs Mieter, so Meyer, hätten schon „ihr Einverständnis erklärt.“ Vorerst wurde die Tür jedoch zunächst einmal gängig gemacht.
Moralischer Anspruch
Bei A & E sieht man den Ersatz durchaus als Entgegenkommen seitens der Immobilien-Eigentümer. Denn: Barrierefrei bedeute nicht behindertengerecht bauen, eine Verpflichtung beispielsweise für einer Automatiktür ließe sich demnach für das Gebäude nicht ableiten, erklärt Meyer.
Alles nach Gesetz also? Zumindest bei der – ebenfalls von Moellers eingeschalteten – Fachverwaltung fragt man sich, ob sich nicht wenigstens ein moralischer Anspruch auf einen Alltag ohne Barrieren ableiten lässt, wenn mann an Rollifahrer vermietet – wenn schon kein rechtlicher.