Essen. . Die beiden Angeklagten, die einen fünf Wochen alten Säugling missbraucht haben sollen, hält Psychiater Norbert Leygraf für voll schuldfähig. Vor dem Landgericht Essen sah er am Montag keine Hinweise auf psychische Störungen; weder beim 27-jährigen Gelsenkirchener noch bei der 26-jährigen Mönchengladbacherin.

Es gilt, juristisch sachlich einzuordnen, was moralisch zweifelsohne verdammenswert erscheint. Seitdem bekannt wurde, dass die Angeklagten, die sich aus sado-masochistischen Internet-Chats kennen, das Kind eigens zu dem Zweck gezeugt haben sollen, um es später zu missbrauchen, hat der Prozess eine eigene Dynamik entwickelt. Die Zuschauerplätze sind gut gefüllt. Über Facebook lief einmal ein Aufruf, die Empörung zu zeigen. Angeblich wollten 300 Menschen zum Prozess kommen. Gerade zehn tauchten auf, die vorsorglich alarmierte Polizei brauchte nicht einzugreifen.

Strafrechtlich wird eine Rolle spielen, dass der Missbrauch nicht „mit einem Eindringen in den Körper“ verbunden war. Allerdings soll der Angeklagte die Missbrauchsszene fotografiert und das Kind im Internet „angeboten“ haben. Wenn es zutrifft, würde das die Strafe verschärfen. Für den Gelsenkirchener ist zudem wichtig, ob Staatsanwalt Gabriel Wais beweisen kann, dass der Angeklagte ab 1999 auch seine minderjährige Schwester missbrauchte. Wann es zum Urteil kommt, ist unklar. Richter Günter Busold hat bereits einen weiteren Termin anberaumt.

„Masochistische Sexualität ist keine Krankheit. Das gibt’s halt.“

Schwierig ist es, die Beweggründe der Angeklagten zu erhellen. Eine Psychologin, die für das Jugendamt Mönchengladbach ein Gutachten zum Sorgerecht erstellte, betonte, dass die Angeklagte die Wahrheit „nur scheibchenweise“ offenbare. Der Gelsenkirchener hatte sich nicht einmal auf ein Gespräch mit Psychiater Leygraf eingelassen. Wie bei der Angeklagten zeige das Leben des 27-Jährigen aber keine Hinweise auf psychische Störungen. Dass die sexuellen Praktiken anderes vermuten lassen, wies der Gutachter zurück: „Masochistische Sexualität ist keine Krankheit. Das gibt’s halt.“ Beim Angeklagten sah er ein eigenes Regelsystem und den Verzicht auf direkte Gewalt: „Er ging nur soweit, wie die Frauen wollten.“ Deshalb hält Leygraf es für möglich, dass der Angeklagte lernfähig sei. In seinem Größenwahn hätte dieser sich nie vorstellen können, dass ihn jemand anzeigt, dass er sich vor einem Gericht verantworten muss. Leygraf: „Wenn man ihm durch ein Urteil Grenzen aufzeigt, kann er sich ändern.“