Gelsenkirchen/Essen.
Ein 31-Jähriger wurde wegen Vergewaltigung einer Frau zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im Mai 2010 wurde er aus der sozialtherapeutischen Anstalt entlassen. Seit Montag steht der Sauerländer wegen vier neuer Fälle sexueller Nötigung vor Gericht in Essen.
Es war Nacht, sie wollten nach Hause. Da tauchte er aus der Dunkelheit auf, bedrängte sie, forderte Sex. Todesangst dürften einige der vier Frauen empfunden haben, die er in der Umgebung des Gelsenkirchener Hauptbahnhofes belästigte. Seit Montag muss er sich vor der XVI. Essener Strafkammer wegen sexueller Nötigung verantworten.
Das äußere Geschehen räumt der 31-Jährige, der weit jünger wirkt, ohne Umschweife ein. Nur das sexuelle Motiv, das ihm die Anklage unterstellt, weist er zurück: „Ich wollte nicht vergewaltigen.“ Macht habe er demonstrieren wollen, Menschen in Angst versetzen. Mehr nicht.
„Ruhig, nicht schreien“
Er ist kein unbeschriebenes Blatt. Im Mai 2010 war er nach fünf Jahren Haft aus der sozialtherapeutischen Anstalt in Gelsenkirchen entlassen worden. 2005 hatte das Landgericht Hagen ihn wegen Vergewaltigung einer Frau, die er auf offener Straße angefallen hatte, zu dieser Strafe verurteilt.
Damals gab es an seinen Absichten angesichts der vollendeten Tat keinen Zweifel. Aber die vier Gelsenkirchener Fälle, die jetzt verhandelt werden, enden alle mit entschiedener Gegenwehr der Frauen und der Flucht des Angeklagten. So lässt sich nur vermuten, wie weit er gehen wollte.
Enorm ist seine Rückfallgeschwindigkeit. Im Mai 2010 sucht der Sauerländer sich nach der Haftentlassung eine Wohnung in Gelsenkirchen, nicht weit entfernt vom Hauptbahnhof. Sieben Monate später, am zweiten Weihnachtstag, findet er sein erstes Opfer. Um Mitternacht sieht er eine Frau auf dem Heimweg vom Bahnhof. Er spricht sie im Bereich Dessauer Straße an, sagt, dass sie eine hübsche Figur habe, belästigt sie sexuell. Sie will mit dem Handy die Polizei rufen, doch er hält ihr den Mund zu. „Ruhig, nicht schreien“, warnt er sie laut Anklage. Als sie dennoch schreit, flüchtet er.
Psychiaterin bescheinigt erhöhtes Rückfallrisiko
Am 15. Januar die nächste angeklagte Tat: Um vier Uhr morgens wartet eine Frau am Busbahnhof. Er setzt sich zu ihr. Sagt, sie solle ihn küssen, und umschlingt ihre Hüfte. Sie wehrt sich, beide stürzen zu Boden, und er fährt ihr mit einer Hand in den Hosenbund. Mit der anderen hält er ihr den Mund zu. Doch sie beißt zu. Als ein Passant kommt, ergreift er die Flucht.
Die beiden anderen Fälle passieren beide am 9. April. Um ein Uhr nachts greift er auf der Dresdner Straße einer Frau an die Brust, nachdem er zuvor demonstrativ an sich selbst manipuliert hatte. Auf ihr Schreien hin, ergreift er die Flucht. Kurz danach, um 2.30 Uhr, wiederholt er sein Verhalten bei einer Frau an der Bochumer Straße. Als sie laut um Hilfe ruft, rennt er weg.
Für den Angeklagten, der aus einer problematischen Familie aus dem Sauerland stammt, geht es neben der Haft um die Sicherungsverwahrung. In einem vorläufigen Gutachten hat Psychiaterin Maren Losch ihm ein erhöhtes Rückfallrisiko bescheinigt.