Gelsenkirchen. Die Theatergesellschaft Preziosa 1883 und andere freie Theater beklagen fehlende Planungssicherheit und den Wegfall von immer mehr Spielmöglichkeiten. Oft bleiben nur Provisorien und Übergangslösungen - eine prekäre Lage für die freie Szene.

2008, zum 125-jährigen Bestehen der Theatergesellschaft Preziosa 1883, würdigte OB Frank Baranowski das Amateurtheater im Jubiläumsprogramm als „hervorragendes Beispiel für die Kraft der freien Szene Gelsenkirchen“.

2011 fürchtet Preziosa-Geschäftsführer Dirk Maischak, dass diese Szene ihre Kraft immer weniger frei entfalten kann. Seine Klage, in die Gruppen wie Trias Theater, Emscher-Lippe-Theater oder das Ensemble um Elmar Rasch („Erich Koschorrek“) nur einstimmen können: Es fehlt an Proben- und Spielstätten für freie, nicht subventionierte Sprechtheater, es fehlt an Auftrittsmöglichkeiten, an Planungssicherheit.

Spielorte fallen weg

„Seit vier, fünf Jahren“, sagt Maischak, „haben wir immer wieder Vorstöße in Richtung Spielstätte unternommen – auch weil wir seit vier, fünf Jahren wissen, dass vor allem im Stadtnorden die Schulen als möglicher Spielort mehr und mehr wegfallen.“ Die Realschule Mühlenstraße etwa ist wegen Umbauarbeiten für Preziosa schon seit dem vergangenen Jahr gesperrt, auch das Max-Planck-Gymnasium wird renoviert. „Für Max-Planck wollte uns das Schulverwaltungsamt, über das wir die Schulaulen oder -hallen anmieten müssen, Termine im Juli/August bestätigen. Doch das ist viel zu spät, da laufen bei uns schon die Planungen für 2012.“

Strukturelle Probleme seit Einführung der Ganztagsschule

Die altehrwürdige Theatergesellschaft, die zumal mit ihren Märchenproduktionen Kinderscharen gleich busweise aus der ganzen Region anlockt, hat ihr „Domizil“ an der Gesamtschule Ückendorf. „Dort plant man sogar um unsere Aufführungen herum“, sagt Dirk Maischak. Doch an den strukturellen Problemen ändert das wenig. Seit Einführung der Ganztagsschule steht nur die Zeit zwischen 18 und 22 Uhr für Antransport der Kulissen (die in einem 2 Meter hohen, feuchten ehemaligen Luftschutzkeller in der Schwalbenstraße gefertigt werden), Aufbau, Sicherheitsabnahme, Bühnen- und Hauptproben etc. zur Verfügung; der Mittwoch ist ohnehin dem Kommunalen Kino vorbehalten; vor einer Premiere ist der Saal in Ückendorf oft zehn, elf Tage lang blockiert. Kein guter Zustand.

Immobilien-Eigentümer setzen lieber auf Abschreibung

„Wir wollen doch einfach nur spielen“: Preziosa ist deshalb, mit Blick auf so manchen Leerstand in der Stadt, wiederholt vorstellig geworden. Bei der Stadtmarketing, bei Firmen. Erfolglos. „Wir können keine leerstehende Baumarkthalle für 10 Euro pro Quadratmeter anmieten. Und mancher hat uns klar ins Gesicht gesagt: Bevor wir eine Fläche für 100 Euro bereitstellen, setzen wir lieber auf die Abschreibung.“