Gelsenkirchen. Der Rauswurf eines muslimischen Friedhofsgärtners aus dem St. Josephs-Friedhof im Gelsenkirchener Stadtteil Bismarck ist so nicht rechtens. Die Kirchengemeinde bekam am Dienstag vor der 8. Zivilkammer in Essen eine Nachhilfestunde in Sachen Recht.
Es gibt derzeit keine rechtliche Grundlage, nach der die katholische Gelsenkirchener Kirchengemeinde St. Josef einem muslimischen Friedhofsgärtner das Arbeiten am Stäfflingshof verbieten kann.
Wie die Vorsitzende der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen, Dr. Lashöfer, dazu feststellte, fehlt der 2007 aus zwei Kirchengemeinden entstandenen neuen Gemeinde St. Joseph dazu eine entsprechende Satzung. Die Heranziehung der beiden alten von St. Franziskus (1985) und von der alten St. Josephsgemeinde (1995) ist nicht zulässig, weil sich beide Satzungen genau im Punkt der Zulassung von Friedhofsgärtnern widersprechen: In St. Franziskus gab es keine zahlenmäßige Beschränkung von Gärtnern, in St. Joseph dagegen schon.
Strittige Grabpflege
St. Joseph klagte in Essen gegen Friedhofsgärtner K. vor der Zivilkammer, um dem gebürtigen Türken den Zutritt zur Grabpflege untersagen zu lassen. Ein Streit, der schon seit geraumer Zeit die Gemüter erhitzt und Gerichte beschäftigt.
Wie berichtet unterlag die Kirchengemeinde noch im April im Beleidigungsverfahren gegen den 30-Jährigen beim Amtsgericht in Gelsenkirchen. Und auch am Dienstag schienen die Vorzeichen für die Gemeinde wegen der fehlenden Satzung mehr als schlecht zu stehen. Das Gericht räumte den unversöhnlichen Kirchenvorständlern jedoch noch eine Nachbesserungsfrist ein, nach der vielleicht auch die neue Satzung vorgelegt werden kann.
Die Rede war jetzt aber auch vom Hausrecht, das die Kirche geltend macht. Sie wolle entscheiden dürfen, wer den Friedhof betritt und wer nicht.
Recht auf freie Berufsausübung
Dem hielt das Gericht jedoch nachdrücklich das Grundgesetz entgegen, wonach der 30-Jährige, dessen Geschäft etwa 800 Meter vom Friedhof in Bismarck entfernt ist, ein Recht auf freie Berufsausübung hat. Auch dürfe die Kirche das „Recht der Auftraggeber” nicht aus den Augen verlieren, die die Grabpflege dem 30-Jährigen anvertrauen wollen. Das seien schließlich alles Kirchenmitglieder.
Trotz aller Versuche, scheiterte eine zumindest zunächst zeitlich begrenzte gütliche Einigung an der Kirche, die jetzt aber im neuen Termin auch die Zulassung der vier genehmen Gärtnereien darlegen muss. Auch will das Gericht wissen, wieviele Angestellte hier arbeiten.
Die Klage des 30-Jährigen auf Zulassung wurde an das zuständige Verwaltungsgericht verwiesen. Er unterstrich gestern, dass er als Angestellter in einem deutschen Unternehmen seinerzeit sehr wohl dort habe Gräber pflegen dürfen - nur nicht als Selbstständiger.
Vor Weihnachten geht es weiter.