Gelsenkirchen. Pepper (17) aus Gelsenkirchen sieht sich als „agender“ und „pansexuell“. Der Schulalltag ist hart. Dafür haben die Eltern lockere Sprüche.
Trocken, achselzuckend redet Pepper* über das ewige Mobbing seit der Grundschule. „Ich habe ein Schutzschild“, sagt der 17-jährige Gelsenkirchener, „aber es nervt einfach.“ Ständig irgendwelche Gerüchte, ständig Sprüche auf dem Flur oder in den Pausen. Und dann waren es ausgerechnet die achte und neunte Klasse, – „die Meisterklasse“ nennt sie Pepper in Sachen Sprücheklopferei und Mobbing – in der er sich auch durch seine sexuelle Orientierung und Gender-Identität vom Rest abgrenzte. Ein gefundenes Fressen für jene pubertierenden Mitschüler, die alles abwerten, was irgendwie anders ist.
Pepper orientierte sich immer an den Älteren der oberen Klassen, um Freunde zu finden. „Irgendwann hat sich eine gute Freundin von mir als trans geoutet“, erzählt er. „Dann hat sie mich mal mit ins ,Together‘ mitgenommen.“ Hier sitzt er auch heute, um uns anlässlich des bevorstehenden Gelsenkirchener „Christopher Street Days“ am 18. Mai über seine Identitätsfindung zu berichten.
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Dank seiner Freundin setzte sich auch Pepper mit seinem Ich auseinander. „Vorher habe ich einfach so vor mich hin existiert“, sagt er. „Irgendwann ist mir aber aufgefallen, dass ich es überhaupt nicht mag, männlich gelesen zu werden.“ Auch als weiblich gesehen zu werden, sei wiederum nicht so passend gewesen. „Ich merkte, dass ich irgendwo im Nichts bin.“
Als „nichtbinär“ und „agender“, als „geschlechtslos“ also, bezeichnet sich Pepper heute. Am liebsten wäre ihm, man würde ihn einfach mit „es“ ansprechen. „Aber Geschlechtsneutralität ist in der deutschen Sprache schwierig“, sagt er. Seinen bürgerlichen Namen, den benutzt er deswegen auch ungern. Es ist ein rein männlicher.
Gelsenkirchener Schüler sieht sich als „agender“: „Meine Eltern sind kein Problem“
Auch was seine sexuelle Orientierung angeht, ist Pepper maximal offen. „Erst dachte ich, ich sei asexuell“, erzählt er. So bezeichnet man Menschen, die keine sexuelle Anziehung zu anderen Menschen empfinden, egal, welches Geschlecht sie haben. Aber dann realisierte er, dass er durchaus romantische Beziehungen führen kann. „Nur bin ich niemand, der den ersten Schritt machen würde.“ Als „pansexuell“ sieht sich Pepper heute, als jemand, der „Partnerpersonen“ aller Geschlechter haben kann.
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Während er damit bei Gleichaltrigen in der Schule aneckt und von Lehrkräften ganz unterschiedliche Reaktionen bekommt („Manche akzeptieren es vollständig, andere arbeiten aktiv dagegen“), muss Pepper immerhin zu Hause mit keinem Widerstand rechnen. „Meine Eltern sind kein Problem“, sagt er - und zitiert lachend seine Mutter. „Solange du keine Kinder oder Geschlechtskrankheiten kriegst, ist es egal, was du machst.“ Klinge sicher derb, sei aber eigentlich die bestmögliche Einstellung.
Politisch geworden ist Pepper auch über die Auseinandersetzung mit seiner Identität, ganz nach dem Grundsatz: Das Private ist immer auch politisch. Er weiß zum Beispiel, dass es eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat bräuchte, um das Diskriminierungsverbot aufgrund sexueller Identität ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern. Und natürlich hat er auch eine Meinung zum Gender-Verbot, das die CDU-geführte Landesregierung kürzlich in Hessen umgesetzt hat. „Du kannst nicht präskriptiv bei Sprache sein, Vorschriften bringen da nichts.“
(* Zum Schutz der interviewten Person wurde der Name geändert. Der echte Name ist der Redaktion bekannt.)