Gelsenkirchen. Bunt und vielseitig- das ist die LSBTQIA+-Community. Trifft das auch auf Gelsenkirchen zu oder muss die Stadt mehr tun, um attraktiv zu werden?
Der Christopher Street Day (CSD) in Gelsenkirchen findet wieder am Samstag, 27. August, statt, um 14 Uhr mit einer Demo durch die City, um 15 Uhr mit einem Bühnenprogramm. Doch gibt es auch andere Angebote für die queere Community? „Eher nicht“, sagt Jens Schindel. Der 35-Jährige sieht sich schon seit seiner Jugend als Teil der queeren Community. Bars oder Clubs, die speziell auf lesbische oder schwule Menschen ausgerichtet sind, gibt es in Gelsenkirchen nicht. Schindel zufolge fehlt es sehr an Angeboten für die Community.
„Es geht nicht nur darum, Anlaufstellen zu schaffen, sondern auch weiterhin auf queere Themen aufmerksam zu machen und Begegnungsräume zwischen der Community und heterosexuellen bzw. cisgender Menschen (Anm. d. Red.: Menschen, deren Geschlechtsidentität mit ihrem körperlichen Geschlecht übereinstimmt) zu schaffen. Nur dann können Vorurteile besser abgebaut werden. Wenn jeder in seiner eigenen Blase lebt, ist man auch weniger tolerant“, findet Schindel. Für ihn sei das gerade in einer sozial benachteiligten Stadt wie Gelsenkirchen besonders wichtig. Fast an keinem anderen Ort fühle er sich so unsicher mit seinem Freund Hand in Hand durch die Innenstadt zu laufen wie hier.
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„Together“ in Gelsenkirchen
Das einzige und daher bekannteste Angebot für die LSBTQIA+ Community in Gelsenkirchen sei das „together Café“ an der Wildenbruchstraße. Hier haben queere Jugendliche und Freunde die Möglichkeit, sich über diverse Themen auszutauschen und Billard oder Brettspiele zu spielen. Einrichtungsleiter Phillip Küper ist froh, dass das Angebot so gut angenommen wird. „Es geht darum, eine schöne Zeit miteinander zu verbringen, aber sich natürlich auch über queere Themen auszutauschen“, erzählt er.
LSBTQIA+
LSBTQIA+ ist die Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, queer, intersexuell, asexuell und weitere Geschlechtsidentitäten. „Queer“ bedeutet dabei sich diesem Spektrum in irgendeiner Form zugehörig zu fühlen.
Cisnormativität stellt Cis-Geschlechtlichkeit, also die Annahme es gebe nur zwei Geschlechter als Norm und trans* bzw. Intergeschlechtlichkeit als Abweichung dar
Wer Lust hat sich mit queeren Menschen in Gelsenkirchen zu vernetzen, hier die Website des togehter Cafes: www.together-virtuell.de
Schade sei indes, dass das Café nur an zwei Tagen in der Woche aufmachen kann. Das Problem sei die Finanzierung. „Queere Jugendtreffs werden aus dem gleichen Topf gefördert wie cis-normative. Wir kriegen da keine Extra Behandlung“, so Küper. Das liegt laut ihm allerdings nicht an der mangelnden Bereitschaft der Stadt, sondern an den fehlenden finanziellen Mitteln. Gelsenkirchen ist eben eine der ärmsten Städte Deutschlands. Da bleibe nicht viel Geld für die Community.
Laut dem Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Gelsenkirchen Enis Akin wird von der Verwaltung geprüft, ob die personelle und finanzielle Ausstattung des queeren Jugendzentrums ausreichend ist. Vielleicht wird dem „together Café“ danach mehr Geld zur Verfügung stehen.
Eine queerfreundliche Zukunft
Geht es nach der neuen Grünen Landtagsabgeordneten, Ilayda Bostancieri, die sich mit Themen wie Gleichstellung und Diskriminierung beschäftigt, sollte es zumindest ein weiteres queeres Jugendzentrum im Norden Gelsenkirchens geben.
Doch es gibt auch Menschen, die ihr ganz eigenes Angebot schaffen. Veerle Seelig etwa ist erst vor anderthalb Jahren fürs Studium nach Gelsenkirchen gezogen. „Als ich mein Studium begonnen habe, war ich der festen Überzeugung, dass es irgendwelche Gruppen gibt, die sich auch aus Studierenden organisiert haben, doch das war nicht der Fall“, erzählt die 20-Jährige. Kurzerhand gründete sie daraufhin ihr „Herzensprojekt“, eine eigene queere Hochschulgruppe. Über eine Whatsapp Gruppe haben sich so aktuell 24 Teilnehmer*innen gefunden, die sich regelmäßig an den verschiedenen Hochschulstandorten treffen. „Es ist wichtig, um auch neuen Studierenden zu zeigen, dass sie einen Ort haben, an dem sie sich austauschen und vernetzen können“, so Seelig.
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Als einer der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt versucht Enis Akin zu informieren, zu sensibilisieren und das Thema vor allem mit in die Verwaltung zu tragen. „Wir haben einen Aktionsplan zum Thema LSBTQIA+ entwickelt, in dem es um Dinge wie Unisexkabinen im Sport oder Zebrastreifen in Regenbogenfarben geht“, so Akin. Dieser umfasst 62 Punkte in verschiedenen Handlungsfeldern, wie „Kinder, Jugendliche und Schule“ oder „Alter und Pflege“. Der Gleichstellungsbeauftragte ist optimistisch. „Damit das „neue normal in Gelsenkirchen“ auch queer ist, ist noch einiges zu tun, aber wir sind da bereits auf einem guten Weg“.
*Die Autorin studiert Journalismus und PR an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Seminararbeit mit der WAZ Gelsenkirchen.