Gelsenkirchen. Pfingstwochenende 2024: Das letzte „Rock Hard“-Festival in Gelsenkirchen? Warum dem beliebten Event in Gelsenkirchen das Aus droht.

Am Pfingstwochenende wird das Gelsenkirchener Amphitheater traditionell in seinen Grundfesten erschüttert. Denn seit über 20 Jahren gastiert dann immer das „Rock Hard“-Festival am Rande des Rhein-Herne-Kanals. Tausende Metal-Fans aus ganz Europa sind in der Stadt zu Gast, genießen das einmalige Ambiente. Die aktuelle Ausgabe, die vom 17. bis 19. Mai stattfindet, könnte aber die letzte ihrer Art sein. Denn die Organisatoren des Open-Air-Spektakels schauen sich nach einer neuen Spielstätte um. Nicht weil sie das wollen. Sondern weil sie müssen!

Wegen der Arbeiten für die IGA bleibt ab 2025 kein Platz mehr für Camper

Der Grund für diese Planspiele sind die Bauarbeiten für die Internationale Gartenausstellung, die 2027 in der Metropole Ruhr stattfindet. Einer der drei zentralen Schauplätze dieser IGA ist der Nordsternpark. Mit den Umbauarbeiten wurde dort bereits begonnen. Forciert werden sie aber erst nach der EM 2024. Der Nordsternpark fungiert nämlich während des Fußball-Turniers als eine der wichtigsten Fanzonen in der Stadt.

Die bisherigen Campingflächen im Gelsenkirchener Nordsternpark stehen den Festival-Besuchern in diesem Jahr nur noch eingeschränkt, ab 2025 dann gar nicht mehr zur Verfügung.
Die bisherigen Campingflächen im Gelsenkirchener Nordsternpark stehen den Festival-Besuchern in diesem Jahr nur noch eingeschränkt, ab 2025 dann gar nicht mehr zur Verfügung. © FUNKE Foto Services | Sebastian Konopka

Das Amphitheater liegt ebenfalls auf dem Nordstern-Areal. Genau wie die Bereiche, auf denen die Besucher des „Rock Hard“-Festivals bisher stets ihre Zelte aufschlagen durften. „Zuletzt hatten wir an den drei Tagen gut 2000 Camper hier“, sagt Holger Stratmann, Herausgeber des „Rock Hard“-Magazins und Festival-Gründer. „In diesem Jahr ist aufgrund der Arbeiten für die IGA aber schon nur noch Platz für 1500. Und im nächsten Jahr soll das Campen dann gar nicht mehr möglich sein“, sagt Stratmann.

Camping-Aus wäre der „Todesstoß“ für eine Austragung in Gelsenkirchen

Genau das wäre aber der „Todesstoß“ für das Festival in Gelsenkirchen. „Rock Hard“ ohne ein Angebot zum Zelten? Das sei ein Ding der Unmöglichkeit, stellt Stratmann klar. Übernachtungen in Hotels seien für viele der Musikfans nicht bezahlbar, zudem würden diese Häuser nicht in der Nähe des Nordsternparks liegen. Außerdem zahlen die Camper höhere Preise für ihr Festival-Ticket als die anderen Besucherinnen und Besucher. Auch die dadurch drohenden Einnahmen-Verluste würden die Gesamtkalkulation des Veranstalters durchkreuzen.

Holger Stratmann ist seit 1983 Herausgeber des „Rock Hard“-Magazins und Gründer des gleichnamigen Festivals, das erstmals 2003 in Gelsenkirchen stattfand.
Holger Stratmann ist seit 1983 Herausgeber des „Rock Hard“-Magazins und Gründer des gleichnamigen Festivals, das erstmals 2003 in Gelsenkirchen stattfand. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Der finanzielle Aspekt spiele leider eine immer bedeutendere Rolle, so Stratmann. Für Veranstalter sei das daran zu spüren, dass sich nicht nur die Preise für die Bühnentechnik und das Personal drastisch verteuert haben. „Auch viele Bands verlangen inzwischen deutlich höhere Gagen. Wir können und wollen das alles aber nicht 1:1 auf unsere Eintrittspreise aufschlagen und an die Fans weitergeben“, betont Stratmann. Ein Festival im Ruhrgebiet solle eben für möglichst viele Menschen bezahlbar bleiben.

Entscheidung über Weggang oder Verbleib ist noch nicht endgültig gefällt

130 Euro kostet das normale Festival-Ticket inzwischen, 167 Euro sind es inklusive Campingerlaubnis. Für das Tagesticket am Freitag mit sechs Bands werden 52 Euro fällig, der Samstag bzw. der Sonntag (jeweils acht Bands) kostet 62 Euro. „Vergleicht man das mit anderen Festivals, sind unsere Preise wirklich noch moderat“, findet Stratmann.

Ist die Entscheidung des Weggangs denn bereits in Stein gemeißelt? „Nein“, betont der Festivalchef. Man sei noch in Gesprächen. Mit den Betreibern des Amphitheaters. Und auch von der Stadt Gelsenkirchen erhofft sich Stratmann die Haltung, dass gemeinsam nach einer passenden Lösung gesucht wird.

„Uns wurde bereits eine Ersatz-Campingfläche angeboten“, so Stratmann. Diese würde aber auf der anderen Seite des Rhein-Herne-Kanals liegen. Diese räumliche Trennung hält der Festivalchef aber für „nicht praktikabel“ und hofft auf Alternativen.

Festival-Gründer verspürt auch emotionale Bindung zum Amphitheater

Was ihn zuversichtlich stimme, sei die Tatsache, dass man „sich bislang immer zusammengerauft und gemeinsam Lösungen gefunden habe, wenn es Probleme gab“. Zudem verbinde ihn auch emotional sehr viel mit dem Amphitheater. „Wir haben hier einmalige Erlebnisse gehabt. Die Nähe zwischen Fans und Bands ist einmalig.“ Und so etwas lasse sich nun mal eben nicht einfach an einem anderen Ort reproduzieren.

Sein Fokus liege aber trotz des drohenden Weggangs nun erst einmal voll und ganz auf dem nun anstehenden Festival. Der Vorverkauf sei bislang so gut wie im vergangenen Jahr gelaufen. Erwartet werden wieder gut 7000 Fans. Und vielleicht kommen nun sogar ein paar mehr. Nämlich jene, die dann vielleicht ein letztes Mal Kanal-Luft beim „Rock Hard“ schnuppern wollen.