Gelsenkirchen. Trend in der Floristik: Zarte Farben als Antwort auf Krisenzeiten, vermitteln Harmonie und Leichtigkeit. Das ist 2024 angesagt.
Hölzer und Äste scheinen in den Raum hinein zu ranken. So wie ein paar Efeuzweige, die sich um die drapierten Formen winden. Ein paar wenige Blumen, pinkfarbene Rosen und zart rosafarbene Löwenmäulchen, runden das Raumobjekt ab. Mit dieser berührenden Arbeit übt Bianca Göring in diesen Tagen für ihre Gesellenprüfung zur Floristin – in einer Simulation, die im „Florist-Park“ angeboten wird. Der jungen Frau gefällt es hier sehr gut. Das Ambiente des alten Hofes von 1798, drinnen wie draußen, hat sie inspiriert. „Wir dürfen hier alles schneiden“, erzählt sie begeistert, dass sie das hölzerne Material im Außenbereich selbst gesammelt hat.
Heute sind es junge Auszubildende, die hier ihr Können weiterentwickeln. Anderntags sind es Profis, die sich fortbilden wollen oder den theoretischen Teil ihrer Meisterprüfung absolvieren. Mehrmals im Jahr kommen auch Auszubildende oder Fortzubildende aus Asien her, konkret aus Taiwan, Japan, Korea und China. „Dafür haben wir ein spezielles Ausbildungsprogramm entwickelt, das sehr orientiert ist an unserer deutschen Ausbildung“, erklärt Nicola Fink, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. „Und dieses Programm ist so fundiert, dass es dafür ein IHK-Zertifikat gibt.“ Die Ausbildung dauere rund anderthalb Jahre. Während dieser Zeit schicke man Dozenten regelmäßig nach Asien, Abschluss-Seminar und Prüfung finden dann in Gelsenkirchen statt.
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Zahlreiche junge Frauen sind heute hier um zu üben, was in ein paar Wochen auf sie zukommt. Dann ist es ernst. Heute nimmt auch schon keiner seine Aufgabe leicht. Nicole Heuser soll in ihrer simulierten Prüfung einen eleganten Brautstrauß binden. „Deswegen habe ich mich für eine abfließende Form entschieden“, sagt die junge Frau, die recht viele Vorgaben bekommen hat. „Ich habe eine Frühlingsbraut zugewiesen bekommen. Die hat dunkle Haare und eine helle Haut.“ Entsprechend habe sie die Farben ausgewählt: dicke Rosen in einem zarten Rosa, dazu hellgrüne und weiße Elemente.
Anregungen für Blumenkreationen aus Gelsenkirchen gehen nach ganz Europa.
Eine Farbigkeit, die durchaus im Trend liegt, weiß Nicola Fink. Denn die Interessenvertretung der Floristen, deren Arbeitgeberverband, gibt auch kreative Impulse – wie es etwa in der Modewelt üblich ist. Die Anregungen gehen nach ganz Europa. Und in diesem Jahr sind es eher zarte Farben, die angesagt sind. Nicht ohne Grund: „Weil die Menschen durch die Krisen und Kriege so verunsichert sind, spürt man eine Hinwendung zu hellen, leichten, natürlichen Tönen, die dem Betrachter harmonische Gefühle vermitteln.“
Der Florist-Park
Der Florist-Park ist seit 1997 an der Theodor-Otte-Straße in Sutum beheimatet. Die Entscheidung, sich in Gelsenkirchen niederzulassen, traf der Arbeitsgeberverband der Floristen allein der Immobilie wegen.
Der denkmalgeschützte sanierte Resthof bietet Raum für Büros, Seminarräume, eine Floristenwerkstatt und auch ein Gästehaus mit 24 Gästezimmern. Mehr dazu unter: https://fdf.de.
Es klingt an, was Nicola Fink bald weiter ausführt: „Der Beruf des Floristen wird vielfach unterschätzt. Es geht dabei ja um vieles mehr als ums bloße Sträußebinden. Es geht um eine florale Gestaltung, die für die Menschen lebensbegleitend ist.“
Tatsächlich kennt man Blumenschmuck von der Taufe über die Hochzeit bis zur Beerdigung. Alles müssen die jungen Frauen beherrschen. Kristina-Janet Schacke hat daher einen Sargschmuck als fiktive Prüfungsaufgabe bekommen – und Besonderes geschaffen: Ein langes, schmales Gesteck, dessen Boden aussieht wie eine grüne Wiese. Aus ihr heraus scheinen wunderschöne Blumen zu wachsen, ganz leicht, wie in der Natur. „Es ist wichtig, dem Kunden zu zeigen, so kann es auch aussehen. Wir wollten einfach etwas entwerfen, das frisch ist, fröhlich und freundlich, dabei frei und naturverbunden. Wir werden hier im Florist-Park immer motiviert, etwas zu machen, das andere vielleicht nicht so machen.“