Gelsenkirchen. Das Gelsenkirchener Musiktheater bot der Neuen Philharmonie Westfalen einmal mehr Bühne für ein Sinfoniekonzert. Die WAZ-Kritik.
Zurück zur Natur: Das funktioniert zumindest im Konzertsaal ganz wunderbar, wenn die Kuhglocken läuten, das Alphorn tönt und die Flöten wie die Vögel zwitschern. Das 7. Sinfoniekonzert der Neuen Philharmonie Westfalen entführte am Montagabend ein prall gefülltes Musiktheater im Revier hinaus in Feld, Wald und Wiese und hinauf auf die höchsten Alpengipfel. Damit geriet der Abend auch musikalisch zu einem prächtig klingenden Höhepunkt. Der außergewöhnliche Klangrausch unter dem Titel „Hörnerschall“ hallte sicherlich noch lange in den Ohren eines begeisterten Publikums nach. Großer Jubel.
Der Dirigent erschöpft, das Publikum glücklich nach einem über einstündigen magischen, spannenden und melodienreichen Ritt durch die Welt von Anton Bruckners zauberhafter 4. Sinfonie, der „Romantischen“. Aber dieser opulente, farbenprächtige Brocken mit seinem überreichen Bläserklang war nicht das einzige Highlight eines rundum gelungenen Programms.
Russischer Solist begeistert mit ungewöhnlichem Instrument
Zum Einstieg wählte Generalmusikdirektor Rasmus Baumann mit Carl Maria von Webers Ouvertüre zur Oper „Oberon“ bereits den romantisch-sehnsuchtsvollen Grundton zwischen flirrendem Geheimnis und Überschwang. Das Hornmotiv dominierte den lyrisch-poetischen Klang.
Dann hieß es Stühle rücken für die Streicher, um Platz zu machen für den Solisten des Abends und sein außergewöhnliches Instrument, das dem Publikum ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Der russische Solist Arkady Shilkloper positionierte sein uriges, langes, weit ausladendes Blasinstrument, ein alpines Alphorn, aufs Podest. Rasmus Baumann feixte derweil mit zwei Damen in der ersten Reihe, die direkt vor dem großen Schallbecher saßen.
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Mit einer spektakulären Komposition des gebürtigen Schweizers und Wahl-New-Yorkers Daniel Schnyder, Jahrgang 1961, und dem nicht minder aufsehenerregenden Instrument überzeugten Orchester und Solist gleichermaßen. Shilkloper entlockte seinem Instrument, ein optischer Hingucker und akustischer Hit, mit dem dreisätzigen „Konzert für Alphorn in F“ einen unglaublichen Facettenreichtum an Tönen zwischen fröhlichem Jazz und romantischer Klassik, zwischen Folk und Weltmusik. Ein Werk mit Wow-Effekt, das dem glänzenden, virtuosen Solisten ein hohes Maß an Technik und künstlerischer Ausdruckskraft abverlangt. Rasmus Baumann ließ sein Orchester schwungvoll und brillant swingen in einem Stück zwischen Bergidylle und Großstadtfieber.
Für den stürmischen Beifall bedankte sich Arkady Shilkloper mit der eigenen, eingängigen Komposition „Easy Blues“.
Auch in Bruckners 4. Sinfonie dominierte Hörnerschall, durfte das Blech glänzen und funkeln. Dem Orchester gelang unter Baumann immer wieder der Aufbau enormer Spannungen, es entwickelte perfekt die immer neuen Steigerungen und lyrischen Ruhephasen, überzeugte durch einen prächtigen Orchesterklang, ob in zarten Pizzicati oder energisch vorantreibenden Bläsersequenzen. Nach dem groß angelegten, brodelnden Finale lässt Rasmus Baumann das Werk für Sekunden im Raum verklingen, als bliebe die Zeit für einen Moment stehen, senkt die Arme ganz langsam, bevor der Schlussapplaus dann endlich aufbrausen darf. Besonders heftig fällt der natürlich für die ausgezeichneten Bläser aus.
Großes Kino auch im nächsten Sinfoniekonzert am 15. April, wenn unter dem Motto „Malerei“ unter anderem Modest Mussorgskys populäre „Bilder einer Ausstellung“ auf dem Programm stehen. Infos und Karten: 0209 4097200.