Gelsenkirchen. Schalke empfängt Freitagabend St. Pauli in Gelsenkirchen. Doch wegen des ÖPNV-Streiks haben Stadt und Polizei enorme Bedenken und warnen die DFL.
Normalerweise dürften sich Gelsenkirchen und Fußballdeutschland auf ein kleines Fest am Freitagabend freuen, wenn die beiden Traditionsklubs Schalke 04 und FC St. Pauli vor 62.000 Zuschauern im Stadion und vielen, vielen mehr vor dem Fernseher im Flutlichtspiel aufeinandertreffen. Doch „normal“ ist auf Schalke seit geraumer Zeit nur noch der Krisenmodus. Und so gesellt sich dieser Tage neben der Herausforderung, das sportliche Minimalziel, also den Klassenerhalt in der Zweiten Liga zu schaffen, auch noch eine logistische Mammutaufgabe dazu, für die Schalke zwar nicht verantwortlich ist, bei der der Klub aber am Fliegenfänger hängt.
Wie berichtet hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ihre Mitglieder im Öffentlichen Personennahverkehr aufgerufen, in Teilen von NRW am Donnerstag und Freitag in den Streik zu treten. In der Folge wird kein Bus und keine Straßenbahn am Freitag die Tausenden Fans von nah und fern zum Stadion bringen. Vor allem für die vielen Fans, die über den Hauptbahnhof anreisen, kann das zu einem erheblichen Problem werden.
Laut Wetterprognosen soll es ab dem Mittag zwar über Gelsenkirchen nicht mehr regnen, aber auch bei trockenem Wetter macht es erfahrungsgemäß wenig Spaß, die rund 6,4 Kilometer lange Strecke entlang der Kurt-Schumacher-Straße zu laufen (Dauer: ca. 80 Minuten). Und da diese Strecke dann nicht nur von Tausenden Schalkern zurückzulegen wäre, sondern auch von zu erwartenden mindestens 5000 Fans aus Hamburg, kommt neben der Gefahr und den Einschränkungen für den Autoverkehr auch eine erhebliche sicherheitsrelevante Komponente ins Spiel, zumal es im Hinspiel zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Klubs gekommen ist.
Am Montag erklärten Sprecher von Schalke, der Stadt Gelsenkirchen und der Polizei noch, dass sie nach Wegen suchen, um die Situation möglichst zu entschärfen. Im Laufe des Tages haben sich aber zumindest die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung und bei der Polizei dazu entschieden, die Deutsche Fußballliga (DFL), um Maßnahmen zu bitten, die die Situation entschärfen können - womöglich sogar eine Verlegung des Spiels auf einen anderen Tag.
Eine Spielverlegung wird es nach Informationen dieser Redaktion, wohl auch wegen der TV-Verträge aber nicht geben. Währenddessen wurde zumindest für den Transport der Ultras aus St. Paul eine Transportmöglichkeit geschaffen. Nach WAZ-Informationen werden diese mit Bussen des Unternehmens Nickel zum Stadion und zurück gebracht.
Stadt Gelsenkirchen und Polizei schreiben Brief an DFL
Trotzdem besorgt die Situation die Verantwortlichen bei Stadt und Polizei. In einem gemeinsamen Brief, der der WAZ Gelsenkirchen vorliegt, heißt es: „Selbst wenn nur ein Teil der rund 13.000 bis 15.000 üblicherweise mittels ÖPNV anreisenden Zuschauenden individuell anreisen wird, führt dies zu einer völligen Überlastung der Parkflächen rund um die Veltins Arena. Nach hiesiger Auffassung führt der zu erwartende Anstieg anreisender Zuschauender mittels Pkw darüber hinaus zu einem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen auf den das Stadion umgebenden Straßen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass diese Verkehrsströme zum üblichen freitagnachmittäglichen Feierabendverkehr zusätzlich hinzukommen.“
Dass obendrein durch die Vollsperrung der Autobahn 42 eine wichtige Anreiseroute zur Arena nicht zur Verfügung steht, was sich schon bei Spielen unter üblichen Verkehrsbedingungen lageverschärfend auswirkt, macht die Gemengelage aus Sicht von Polizei und Stadt nicht einfacher. „Nach hiesiger Bewertung ist deshalb im Ergebnis ein „Verkehrschaos“ sowohl in der An- als auch in der Abreisephase vorhersehbar und nicht vermeidbar.“
Polizei und Stadt befürchten „Kassensturm“ beim Spiel Schalke gegen St. Pauli
Aus Sicht der Polizei und der Stadt Gelsenkirchen ist in der Folge dessen mit einer verspäteten Anreise zahlreicher Zuschauenden aus beiden Fanlagern zu rechnen. „Dies hat zurückliegend regelmäßig dazu geführt, dass es im Eingangsbereich des Stadions zu Drucksituationen kam, was häufig mit einer zunehmenden Emotionalisierung der Zuschauenden einherging, die schlimmstenfalls zu einem versuchten sogenannten Kassensturm führen kann.“
Die Behörden erwarten außerdem, dass es aufgrund der verstärkten Pkw-Anreise zu einer deutlich erhöhten Vermischung zwischen Gast- und Heimfans auf den Parkplätzen rund um die Arena kommen wird, da die sonst üblichen Verkehrs- und Parkkonzepte, die eine solche Vermischung zu vermeiden helfen, nicht greifen. „Diese Vermischung von Heim- und Gastfans erhöht insbesondere in der Dunkelheit der sogenannten Nachspielphase erheblich das Risiko von körperlichen Auseinandersetzungen auf den nur sehr spärlich beleuchteten Parkplätzen.“ Deshalb bitten Polizei und Stadt Gelsenkirchen die DFL „zur Prüfung und ggf. zur Veranlassung weiterer Maßnahmen zur Minimierung der dargestellten Risiken“.
ÖPNV-Streik gab es auch bei BVB gegen RB Leipzig, aber die Voraussetzungen sind nicht gleich
Bestreikt wurde der ÖPNV auch schon Anfang März, als beispielsweise der BVB sein Heimspiel gegen RB Leipzig austrug. Der BVB hatte seine Fans gebeten, möglichst früh zum Stadion zu reisen – und am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Schon am Nachmittag gegen 15.30 Uhr Uhr machten sich Menschen zu Fuß auf den Weg, die Partie begann um 20.30 Uhr. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte Polizeisprecher Joshua Pollmeier dem WDR damals. „Ein Chaos ist ausgeblieben. Die Menschen verhalten sich sehr besonnen, viele habe sich frühzeitig zu Fuß auf den Weg gemacht“. Auch bei der Abreise ging die Polizei von einer „normalen Lage“ aus.
Anders als es in Gelsenkirchen möglich ist, hatte das Unternehmen „National Express“ am 3. März aber auch das BVB-Stadion außerplanmäßig jede halbe Stunde angefahren, was den Druck sicher gemindert hat.