Gelsenkirchen. Zankapfel Engelsburg, das frühere gelbe Schrotthaus. Kontrahenten: die Stadt und der neue Besitzer. Es droht: ein langer Behördenkampf.

Lediglich in der Öffentlichkeit ist es still geworden um die „Engelsburg“ an der Schalker Meile. Hinter den Kulissen ist um das ehemals „Gelbe Haus“, eine viel diskutierte Schrottimmobilie im Stadtteil Schalke-Nord, ein Streit zwischen dem neuen Eigentümer und der Stadtverwaltung entbrannt. An dessen Ende könnte die Zwangsräumung des Gebäudes stehen – und auch die erneute Zwangsversteigerung.

Schalker Meile: Räumungsfrist im Schrotthaus versäumt – Stadt verhängt Zwangsgelder

Die Stadt hatte dem Eigentümer im Herbst vergangenen Jahres eine Frist gesetzt, zu deren Ablauf mehrere Wohnungen geräumt, also leer gezogen, sein müssen. Diese Frist ist längst verstrichen, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt. Ein Zwangsgeld wurde daher verhängt, gegen das der Besitzer Einspruch eingelegt hat. Ein zweites Zwangsgeld ist auf dem Weg, Fristende ist im April. Am Ende möglicher Eskalationsstufen stünden die Zwangsräumung und/oder die erneute Zwangsversteigerung, wie Stadtsprecher Martin Schulmann erklärte. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Unter Umständen kann es Jahre dauern.

Rückblick: Die Vermietungsgesellschaft BBS 1 UG hatte im Februar 2023 in einem spektakulären Bieterwettstreit mit der „Gelsenkirchener Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft“ den Zuschlag für das Gelbe Haus in Höhe der Kurt-Schumacher-Straße 124 und 126 für insgesamt rund 750.000 Euro zugesprochen bekommen. Im Februar hatte die BBS 2 UG die erneut mitbietende GGW abermals ausgebootet und das Eckhaus an der Kurt-Schumacher-Straße 118 – ehemals Sitz der blau-weißen Fahrschule – für rund 631.000 Euro ersteigert. Geschäftsführer beider damals frisch aus der Taufe gehobenen Gesellschaften mit Sitz in Erkrath ist Sajad Soleymanmanesh. Burcin Balarisi (Iserlohn) und Said Babamiri (Erkrath) treten als Mitgesellschafter auf.

Soleymanmanesh kündigte vor laufenden Kameras und Mikrofonen noch vor dem Gerichtssaal die Renovierung und Fassadenneugestaltung der Engelsburg an. Fertigstellung: Ende 2023. Sogar Schalke-Spieler wollte der Geschäftsführer zur Präsentation der neuen Engelsburg aufbieten. Man habe bereits Kontakte geknüpft.

Nach Zwangsversteigerung: Über 600.000 Euro Restschulden nicht beglichen

Den vollmundigen Ankündigungen ist in Wirklichkeit nicht viel gefolgt. Vor allem nicht die ausstehende Restsumme, wie die WAZ aus zuverlässiger Quelle erfahren hat. Offen sind demnach noch mehr als 600.000 Euro. Mit Zuschlag bei der Zwangsversteigerung werden nur zehn Prozent des Verkaufswertes sofort fällig – das Einfallstor für Geschäftemacherei.

Ob die „Gala Dienstleistung GmbH“ mit Sitz im Wiehagen für die Einrüstung des Hauses bezahlt wurde, ist offen. Die von der Firma in Aussicht gestellte Antwort des „Bauleiters“ ist bislang ausgeblieben. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat jüngst dem lukrativen Treiben beim Schrotthaus-Geschäft mit einem neuen Gesetz den Kampf angesagt.

Im September 2023 wurde das „Gelbe Haus“ eingerüstet. Danach wurde es mit blauer und weißer Farbe angestrichen.
Im September 2023 wurde das „Gelbe Haus“ eingerüstet. Danach wurde es mit blauer und weißer Farbe angestrichen. © WAZ | N. Kimerlis

Das ändert aber noch nicht die Problemlage an der Engelsburg. Zwei große Familien wohnen dort noch, für eine Haushälfte besteht ein Nutzungsverbot aufgrund massivster Schäden. Für die andere Hälfte tickt die Uhr wegen der eingangs erwähnten Räumungsaufforderung.

Zwangsräumung oder erneute Zwangsversteigerung drohen dem ehemals „Gelben Haus“

Wann vielleicht am Ende wieder gerichtlich Tatsachen geschaffen werden, ist der Stadt zufolge nicht genau zu sagen: Für eine Zwangsräumung ist „Lebensgefahr“ für die verbliebenen Bewohner eine Vorbedingung für ein solch‘ drastisches Vorgehen. Die nächsten Schritte in dem Verfahren seien daher erst einmal die Zwangsgelder mit entsprechenden Fristen.

Möglichkeit Nummer zwei ist eine erneute Zwangsversteigerung. Bis dahin müsste der Eigentümer wie schon zuvor erhebliche Schulden angehäuft haben. Damals waren es Grundbesitzabgaben in fünfstelliger Höhe, die mit dem Zuschlag fällig und beglichen wurden. Eine solche Summe wächst aber nur langsam an, das kann der Stadt zufolge Jahre dauern. Bei solchen Häusern liegen die Grundbesitzabgaben im unteren vierstelligen Bereich. Beschleunigt würde der Vorgang, wenn andere Gläubiger zusätzliche Ansprüche anmeldeten.

Aber: Vormals gehörte das „Gelbe Haus“ der in den Niederlanden ansässigen Global Foundation BV und zum anderen der Duisburger Immobilien Holding GmbH NRW – Kopf beider Unternehmungen ist David Thomas Willis. Im März 2023 begann bei der Holding ein Insolvenzverfahren (64 IN 196/22). Anfragen, unter anderem in Bezug auf mögliche Ansprüche hinsichtlich der Engelsburg, beantwortet der Insolvenzverwalter nicht.