Gelsenkirchen. Mit einem beeindruckenden Schnitt von 0,8 wird Jessica Hanowski im Sommer zu einer von Gelsenkirchens Super-Abiturienten. Wie geht’s ihr heute?

Wenn man Jessica Hanowski fragt, wie es ihr so geht, dann antwortet sie mit einem Wort: „Gut!“ Ein ganzes halbes Jahr ist vergangen, nach ihrem Erfolg: Mit einem Durchschnitt von beeindruckenden 0,8 hatte sie immer Sommer ihr Abitur an der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck abgelegt – mit großen Plänen im Kopf und einer Menge Vorhaben. Was ist daraus geworden?

Abi mit 0,8: Was macht Gelsenkirchens Super-Abiturientin heute?

Wir erreichen die junge Frau an einem Mittwochnachmittag am Telefon, ihren Uni-Tag hat sie für heute schon hinter sich. Heißt: Sie kam aus Düsseldorf, der Ort, an dem sie jetzt studiert. Heißt auch: Sie hat das, was sie sich vorgenommen hatte, wahr gemacht. Natürlich hat sie das, denn das war ja auch schon im Sommer klar, dass eine von Gelsenkirchens Besten in die Tat umsetzt, was sie sich vorgenommen hat.

Düsseldorf also, und genauer die Heinrich Heine Universität; seit dem Wintersemester ist sie für den Studiengang „Quantitative Biology“ eingeschrieben – einen Studiengang, der komplett in englischer Sprache gehalten wird. Neben dem Studium der Biologie lernt die Gelsenkirchenerin auch wichtige experimentelle Techniken und die mathematische Modellierung, hinzukommen Datenanalyse und Bioinformatik. Und noch immer möchte die junge Frau später einmal in die Forschung gehen, um nach „Heilungsmöglichkeiten für die Menschen zu suchen“.

Gelsenkirchens Super-Abiturientin wartet dringend auf einen Wohnheimplatz

Die ersten Wochen an der Uni, sie waren „sehr aufregend“ für die 19-Jährige. Der neue Studiengang, die neuen Kommilitoninnen und Kommilitonen, das neue Umfeld – „mit der Zeit hat sich die Aufregung aber gelegt“, sagt Jessica Hanowski. Sie ist schon ein Stück weit angekommen, aber immer noch nicht so ganz. Denn: Die Gelsenkirchenerin wartet dringend auf einen Wohnheimplatz. Derzeit steht sie auf der Warteliste, doch bis es wirklich so weit ist, sie eines der begehrten Zimmer oder Appartements in einem der Wohnheime bekommt, kann es unter Umständen noch Monate dauern.

Es wäre ein wichtiger Schritt für Hanowski, denn so könnte sie den Kontakt zu ihren Mitstudentinnen und -studenten noch intensiver gestalten. „Ich könnte dann auch mal abends Unternehmungen in Düsseldorf machen und bin außerdem viel schneller an der Uni.“ Derzeit pendelt sie mit dem Zug von montags bis donnerstags in die NRW-Landeshauptstadt, lebt noch bei ihren Eltern.

Von Gelsenkirchen nach Düsseldorf: „An der Uni ist eine ganz andere Welt“

„An der Uni ist es eine ganz andere Welt“, findet Jessica Hanowski. Sie hat viele internationale Studierende in ihrem Studiengang, die ihren Blick auch mal über den Tellerrand lenken. Und: „An der Uni ist man mehr auf sich alleine gestellt und trägt auch selber die Verantwortung, das ist manchmal schon herausfordernd“, findet die Gelsenkirchenerin. „Jetzt muss ich mich selber pushen.“

Und was ist ihre Hoffnung für die Zukunft, was sind ihre Wünsche? „Ich hoffe, dass mir das Studium weiterhin gefallen wird. Und ich möchte kämpfen, dass es weiterhin in die Richtung geht, in die ich gehen möchte.“ Dass sie weiß, was sie erreichen kann und will, hatte die Studentin schon während ihrer Abiturphase gezeigt – und eigentlich auch schon davor.

Denn ihre Geschichte ist eine besondere: Jessica Hanowski bekommt in der vierten Klasse eine Empfehlung für die Realschule – „in der Grundschule war ich eher schüchtern, ab der fünften Klasse habe ich mich dann immer weiter verbessert“, erzählte sie noch im Sommer, als die WAZ sie zum ersten Interviewtermin traf. Jessica will es in die Oberstufe schaffen, bis hin zum Abitur, und das, obwohl ihr von vielen gesagt wurde: „Wenn du in die Oberstufe kommst, wirst du erstmal zwei bis drei Noten schlechter.“ Für sie gab es nur einen Gedanken: „Wenn ich es bis hierhin geschafft habe, dann schaffe ich es auch weiter.“ Und dann ist da auch noch etwas anderes, was für große Motivation gesorgt hatte: „Mich hat immer geärgert, wenn ich gehört habe: Du bist ein Mädchen, du kannst das sowieso nicht.“

Ihr Abitur legt Jessica Hanowski mit 850 von 900 möglichen Punkten ab und belegt damit übrigens auch ihre eigene, persönliche „Aufstiegsgeschichte“, die sie hat wahr werden lassen, vom Arbeiterkind zur wahrscheinlichen Super-Studentin. Schon im Sommer hatte die junge Frau zurückhaltend geschildert, dass der Vater Metallschlosser, die Mutter Reinigungskraft, sie zwar immer unterstützt und nie unter Druck gesetzt hätten – sie es aber trotzdem alleine habe meistern müssen. „Ich freue mich, dass ich das alleine geschafft habe und nicht jemand hinter mir stand, der den Weg geebnet hat“, sagt sie damals. Es gilt auch heute noch.