Gelsenkirchen. Sie sind nicht mehr da, aber noch vielen in Erinnerung: Gelsenkirchens ehemalige Diskotheken haben längst Kult-Status. Hier feierten auch Promis.

Kennen Sie noch die Fledermaus? Oder vielleicht das Hugo 1 oder das Old Henry? Bei welcher Diskothek geraten sie ins Schwärmen und Schwelgen? Wo haben Sie getanzt und gefeiert? Einst gab es viele Locations in Gelsenkirchen, die genau das boten – und selbst Stars wie Howie und Wolle tingelten durch die Clubs dieser Stadt. Wir haben eine kleine Übersicht zusammengestellt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Manhattan und Batt

Seit den 1960ern wurde an der Horster Straße 162 getanzt. Dort traten auch Star-Musiker auf, die lange gut im Geschäft waren oder sind: Unter anderem Karel Gott und Howard Carpendale. Das Foto von Howard Carpendale („Hello again“) entstand am 25. April 1969 während eines Konzerts. Seit Anfang der 80er-Jahre hieß die Tanzlokalität Manhattan. Die angesagtesten Stücke aus den Charts gaben in der Kult-Diskothek den Ton an.

Nach einer Pause wurde das Manhattan 1995 vom Batt abgelöst. Der damals neue Club bestand bis 1997 aus einem Biergarten, in dem bis zu 300 Menschen Platz fanden. Der Stil der Gäste: auftoupierte Haare, spitze Stiefel, schwarze Klamotten und Lidstrich. Musikalisch liefen New Wave, Gothic und Rock. Das Haus wurde später abgerissen.

Howard Carpendale in Gelsenkirchen.
Howard Carpendale in Gelsenkirchen. © Institut für Stadtgeschichte

Hugo 1

Ebenfalls an der Horster Straße, nur ein paar Hausnummern weiter, nämlich an der 200, eröffnete Anfang der 80er-Jahre das Hugo I, wo sich heute das beliebte Restaurant Villa Italia befindet. Die Diskothek – das ehemalige Markenhäuschen für Bergleute der Zeche Hugo – erstreckte sich damals über zwei Etagen. An die 350 Menschen konnten in der 280 Quadratmeter großen Disco tanzen.

Auch beliebt war der große Biergarten. Gespielt wurde keine bestimmte Musikrichtung, sondern ein Mix aus dem, was gerade angesagt war. Zu Hochzeiten war die Diskothek immer gut besucht. In den 90ern besonders beliebt im Hugo 1 waren dem Hörensagen nach die Baguettes, dick bestrichen mit Remoulade. 2002 musste die Disco schließen – ein Großteil der alten Stammgäste war aus dem Partyalter heraus gewachsen. 2004 wurde aus der Disco ein Restaurant.

Fledermaus in Resse

Auch die Fledermaus an der Böningstraße zwischen Resse und Westerholt galt einst als beliebte Partylocation. 1978 wurde der Laden zwischen Bauernhöfen eröffnet. Das alleinstehende Haus, in dem auf zwei Etagen gefeiert wurde, zog pro Abend bis zu 1200 Leute an und hatte über lange Zeit sieben Mal die Woche geöffnet. Viele Stammgäste kamen regelmäßig – und sogar Boney M. hatte dort einen Auftritt. 1984 schloss die Diskothek nach einem Großbrand.

Kronski in der buerschen Markthalle

In den 2000ern war das Kronski mit seinen „These Charming Men-Partys“ wahrscheinlich die Feierhochburg. Das Lokal gehörte damals Thilo Pietsch, dem vorherigen Inhaber der Diskothek Hugo 1. Fast monatlich fand in der Markthalle eine große Party statt, für die es mehr als 2000 Leute nach Buer zog. Es war zu der Zeit die Adresse in Gelsenkirchen.

Gespielt wurde damals ein bunter Mix quer durch die Genres 80er, 90er, House, Hip-Hop und R’n’B. Bei Special-Abenden legte auch schon mal das prominente Duo „Disco Boys“, Tom Novy oder DJane Giulia Siegel auf. Auch mehrere Schalke-Spieler genossen in der Markthalle ihre Abende. So sah man beispielsweise Ralf Fährmann oder Gerald Asamoah unter den Gästen. Doch auch die beliebte Partyreihe hatte irgendwann ihr Ende. Nach dem Besitzerwechsel des Kronskis stellte man auch das Partykonzept um. Neue DJs, mehr Schlager und ein stärkerer Fokus auf Cala-Ratjada-Sounds. Das kam beim Publikum nicht wirklich an – die damalige Kult-Partyreihe wurden 2009 eingestellt und auch das Lokal Kronski selbst schloss seine Türen.

Kennen Sie ihn noch? Der Sänger Nino de Angelo („Jenseits von Eden“) hatte mehrere Auftritte in Gelsenkirchen – im Old Henry und in der Altstadtdisco.
Kennen Sie ihn noch? Der Sänger Nino de Angelo („Jenseits von Eden“) hatte mehrere Auftritte in Gelsenkirchen – im Old Henry und in der Altstadtdisco. © Matthias Heldermann

Old Henry

1966 eröffnete das Old Henry an der Cranger Straße 198. Schlager, Discohits, Rock und Pop schallten über drei Jahrzehnte über die mehr als 200 Quadratmeter der Diskothek. In den Spitzenzeiten tanzten an die 400 Menschen dort. Sogenannte „Je-Ka-Mi“-Abende, die bedeuteten, jeder kann mitmachen, waren im Old Henry besonders beliebt. Auch Nino de Angelo und Wolfgang Petry hatten Auftritte in der Gelsenkirchener Lokalität. Petry damals allerdings, als er noch völlig unbekannt war. 1983 schloss die kleine Disco. Es folgte für eine kurze Zeit das Luna.

Tanzcasino Royal

Das Tanzcasino Royal eröffnete 1962 an der Kurt-Schumacher-Straße praktisch auf der jetzigen Schalker Meile. Besonders beliebt und bekannt war in der Eckdisco der Discjockey mit Ziegenbart und Felljacke: „DJ Mac“, so sein Name, war bundesweit für seine extremen Auftritte bekannt. Die Tanzfläche war etwas tiefer angelegt, an die 250 Leute passten in den Laden und im Lokal befand sich ein Springbrunnen. Musikalisch lief hier ein Mix aus Rock und Pop.

Unter anderem spielte auch Rolf Wagemann, in Gelsenkirchen bekannt als „Jazzpapst“, mit seiner Band „German Tramps“ im Royal. An zwei Besonderheiten kann er sich noch erinnern: „Dienstags war immer Damenwahl, da durften die Frauen die Männer zum Tanz auffordern und an manchen Tagen gab es für Männer Krawattenzwang.“

Fledermaus an der Ringstraße

1985 feierte die Fledermaus an der Ringstraße Eröffnung, die übrigens nicht mit dem gleichnamigen Laden in Resse in Verbindung stand. Gerade die „Talentshows“, bei denen Gäste ihr musikalisches Können unter Beweis stellen konnten, waren beliebt und Schlagersänger Olaf Henning wurde hier berühmt.

Flash Light und Groove Club

Tradition war gerade Ende der 60er und Anfang der 70er der sogenannte „Friseusenball“. Die Veranstaltung an jedem Montag wurde so genannt, da an dem Tag besonders viele Friseurinnen und Friseure frei hatten und dann die Location besuchen konnten. Fast schon eine Tradition war auch die „Bierparty“, wo es das Bier für eine D-Mark gab. In den 1960er-, 70er- und 80er-Jahren hatte die Diskothek sogar sechs Mal die Woche geöffnet, in den vergangenen zehn Jahren wurden die Öffnungszeiten des Flash Light dann allerdings auf Freitag, Samstag und Sonntag begrenzt.

Silvester 1985/86 brannte das Lokal, ein Neuanfang bei Null war die Folge. Die Umbauarbeiten verliefen so schnell, dass die Disco zu Karneval 1985 wieder eröffnen konnte. Im August 1991 schloss das Lokal schließlich ganz, weil der Mietvertrag nicht verlängert wurde.

Nach der Zeit der Diskothek Flash zog der Groove Club ab 1993 in die Disko-Räume an der Wanner Straße 110. Techno war die angesagte Musikrichtung, zuvor gab es Technopartys in der Kaue an der Wilhelminenstraße 176, dann in einem eher ranzigen Laden an der Bochumer Straße unter dem Namen N-R-G Club und schließlich in der Location in Bulmke als Groove Club. Weiter gehörte zum Club eine Booking-Agentur, die über ein großes Netzwerk an DJs verfügte. Bekannte Namen – von Moguai über Mark ‘Oh, DJ Hooligan aka Da Hool bis hin zu Phil Fuldner – gehörten zu den prominenten Resident-DJs, die im Inneren des Groove Clubs musikalisch für Stimmung sorgten. Die bekannten Namen zogen sogar Feierlustige aus weiter entfernten Städten wie Düsseldorf, Köln, Aachen und sogar aus den Niederlanden an. 1995 schloss der Club seine Türen.

Altstadtdisco

Anfang der 70er eröffnete die Altstadtdisco an der Bochumer Straße 134. Jürgen Beck legte von 1982 bis 1985 in der Diskothek nebenberuflich auf. Die Hitparade spielten sie damals rauf und runter. „Üblich war es damals, dass deutsche Schlagerstars aufgetreten sind. Es wurden vorab Plakate aufgehängt und ab einem Eintritt von fünf Mark kam man hinein“, erinnert sich Beck im Gespräch mit der WAZ. An ein Ereignis erinnert er sich besonders gerne: „Als Nino de Angelo noch nicht sonderlich bekannt war, hatte man den Sänger für 1200 D-Mark gebucht.“

Aus gesundheitlichen Gründen musste der Termin jedoch zweimal verschoben werden. In der Zwischenzeit brachte der Sänger seinen erfolgreichen Hit „Jenseits von Eden“ heraus. Aber gebucht war gebucht. So gab der Sänger trotz der verhältnismäßig niedrigen Gage ein Konzert in der Altstadtdisco. „Der Laden war brechend voll“, berichtet Beck. In der Hochzeit hatte die Diskothek sogar ab 16 Uhr geöffnet, da die Gäste unter 18 Jahren bereits um 22 Uhr das Lokal verlassen mussten.