Gelsenkirchen. Eine Mutter aus Gelsenkirchen-City sorgt sich um die Sicherheit ihrer Tochter beim Brötchenholen. Ein Platz ist für sie zur Tabu-Zone geworden.
Gerne würde Christiane Seitz ihre achtjährige Tochter auch mal alleine zum Bäcker gehen lassen, ihr Erfolgserlebnisse in Sachen Selbstständigkeit ermöglichen. Aber der nächstliegende Bäcker liegt für die Altstädterin auf einem Platz, „auf dem ich mich als Frau selbst schon nicht wohlfühle“, wie sie erzählt. „Da werde ich es sicher nicht verantworten, meine Tochter alleine dorthin gehen zu lassen.“ Denn hier, am Margarethe-Zingler-Platz vor dem Rewe-Supermarkt in der Gelsenkirchener Innenstadt, sieht sie ständig offensichtlich betrunkene Menschen – in großer Zahl, zu jeder Tageszeit.
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Für die Familie machen die ständigen Saufgelage den Platz mittlerweile zu einem Terrain, das es zu meiden gilt. „In Gelsenkirchen wird es immer schwieriger, sich mit gutem Gefühl durch die Straßen zu bewegen“, findet Seitz. „Es wäre sehr schade, wenn der Marktplatz nun auch zu so einer Zone wird.“ Schade sei das besonders für ihre Tochter, „weil ihr dadurch die Freiheit und die Möglichkeit genommen wird, sich frei und unbeschwert außerhalb unserer Wohnung zu bewegen.“
Stadt Gelsenkirchen: Mehr Suchtkranke auf Margarethe-Zingler-Platz seit September
Auf Nachfrage bestätigt die Stadt Gelsenkirchen die Probleme vor Ort. Die Situation am Margarethe-Zingler-Platz sei dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) bekannt. „Seit September ist eine stärkere Frequentierung der Örtlichkeit durch die Suchtkrankenszene zu verzeichnen“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. „Seit diesem Zeitpunkt wurde die Kontrolldichte des KOD deutlich erhöht.“
Nur - warum ist der Platz jetzt verstärkt zu einem Treffpunkt für solche Milieus geworden? „Nach Einschätzung der Streetworker haben die zivilen Kontrollen der Polizei, die Streifen des KOD und die Umgestaltungsmaßnahmen des Stromkastens am Kennedyplatz zu einer Verlagerung beigetragen“, sagt Schulmann. In Teilen handele es sich bei den Personen am Margarete-Zingler-Platz aber auch um „Menschen der Obdachlosenszene, die nicht abgewandert sind bzw. keine Verbindung zur ,üblichen Trinkerszene’ vom Kennedyplatz haben.“
Gelsenkirchener Ordnungsdienst will häufiger kontrollieren
Der KOD plane aufgrund der aktuellen Beschwerdelage nun weitere engmaschige Kontrollen des Margarethe-Zingler-Platzes, kündigte Schulmann an. Ziel dabei sei es, „die Störungen der Allgemeinheit auf ein Mindestmaß zu reduzieren.“ Allerdings müsse man dabei beachten, dass der bloße Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit nicht rechtlich unterbunden werden könne.
Trotzdem soll „durch eine gezielte Kontaktaufnahme“ verdeutlicht werden, dass der Aufenthalt auf dem Platz „angesichts des unmittelbar angrenzenden Einzelhandels durch die Stadt kritisch betrachtet wird“. Als Alternativ-Standort verweise der KOD dann in der Regel auf das „KontaktCentrum“ Ringstraße, eine Anlaufstelle für drogenkonsumierende und suchtkranke Menschen und deren Angehörige.
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Christiane Seitz hofft, dass die Ansprache der Stadt etwas bewirken wird und so mehr Suchtkranken geholfen werden kann. Ernüchtert ist sie bislang von Antworten, die sie selbst von der Stadt und den politischen Fraktionen erhalten hat. „Der darin von Ihnen beschriebene Sachverhalt wurde bereits aufgegriffen. Sobald das Ergebnis der Prüfung vorliegt, geht Ihnen eine Antwort zu“ – diese kurze Antwort erhielt sie vom Büro der Oberbürgermeisterin auf die Schilderung der Problemlage.
Mutter aus Gelsenkirchen bedauert fehlende Freiheit für Kinder heutzutage
Geschrieben habe sie auch an die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und AfD – eine Antwort erhielt sie bislang nur von letzterer, mit der Empfehlung, sich mit den Problemen an die OB zu wenden. Und dem Verweis, „dass die Probleme Gelsenkirchens sicherlich nicht nur öffentlich Alkohol konsumierende Menschen“ seien, sondern sich auch in Sicherheit des öffentlichen Raums, Sauberkeit in der City oder Kriminalität durch ausländische Clans zeigten.
Für Seitz jedenfalls ist klar: So lange sich an dem Platz nichts verändert, bleibt er für ihre Tochter erst einmal tabu. „Es ist schon sehr schade, dass die Kinder heutzutage nicht mehr so unbesorgt herausgehen können wie wir früher.“