Gelsenkirchen. Rund 40 Anträge liegen im Stadtteilzentrum Bonni in Gelsenkirchen-Buer auf dem Tisch. Welche Bürgerprojekte mit dem Geld unterstützt werden.

Mit der Ausgabe im Stadtnorden ging jüngst die Reihe der diesjährigen Bezirksforen in der Stadt zu Ende. Zur Erinnerung: Bürgerinnen und Bürger können bei diesem Format ganz unkompliziert Geld beantragen für ihre Projekte und Ideen, die der Gemeinschaft zugute kommen und erhalten noch am selben Abend eine Idee davon, welchen Betrag sie für das nächste Jahr einplanen können. Vorbehaltlich der Entscheidungen der Bezirksvertretung, die diese Liste noch „absegnen“ muss, betonte Bezirksbürgermeister Dominic Schneider.

Aus gutem Grunde: Im vergangenen Jahr nämlich hatte es im Nachgang eine Diskussion bezüglich eines Antrags des „Islamischen Bildungszentrums“ (IBZ) an der Polsumer Straße gegeben. Dessen Macher hätten, so der Vorwurf, eine Nähe zur Organisation „Millî Görüş“, einer islamistischen Bewegung. Das habe es zu überprüfen gegolten, so Schneider. Die endgültige Entscheidung stehe noch aus und werde in der nächsten Sitzung der BV Nord getroffen. Die Gelder liegen bislang auf Eis. „Die Aktiven haben sich aber von der Bewegung und auch im Nachgang der Übergriffe auf die Synagoge auf einer Gelsenkirchener Liste gegen Antisemitismus und für die freie Religionsausübung unterschrieben“, so Schneider.

Das Budget war bald überzeichnet

Das IBZ war auch jetzt wieder dabei und stellte einen Antrag: Diesmal für eine Outdoor-Tischtennisplatte für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Ort. Auf der Ergebnisliste war jener Antrag mit 1.100 Euro bedacht worden. Dass dies neue Probleme hervorruft, will der Bezirksbürgermeister zwar nicht ganz ausschließen, glaubt es jedoch nicht. Kernproblem im vergangenen sei nämlich gewesen, dass man Geld beantragt habe für ein Seminar, über dessen Inhalt Unklarheiten bestünden hätten. Eine Tischtennisplatte sei da eher unproblematisch. Insgesamt jedoch verdeutliche es: „Es gibt an dieser Stelle eine neue Herausforderung für die Politik, die über die Verwendung der Gelder beschließt.“

Ein Aspekt, der während der eigentlichen Veranstaltung kaum eine Rolle spielte. Vielmehr ging es um die Menschen am Ort, die in so vielen Bereichen gemeinnützig tätig sind, dass das Budget von 60.000 Euro nach Aufnahme aller Anträge um die gleiche Summe überzeichnet war. Viele Aktive waren gekommen: Die buersche ZWAR Gruppe beantragte Mittel für einen Pavillon für Feste, TV Westfalia Buer erbat Geld für neue Trainingsanzüge, die Kinder- und Jugendtanzgruppe Hassel für eine Ferienfreizeit, die Kontaktstelle Nienhof für Trekking-Bollerwagen für gemeinsame Ausflüge und die Karnevalsgesellschaft Buersche Domfunken bat um finanzielle Hilfe für Wurfmaterial und den Wagenbau.

Ein Antrag: Ein „Velotaxi“ für Scholven

Der SV Hansa Scholven war gekommen, einen Zuschuss zu beantragen für ein „Velotaxi“, also ein Fahrradtaxi mit Fahrgastkabine und elektrischer Antriebsunterstützung. „So möchten wir auch älteren Menschen ermöglichen, an unseren Angeboten teilzunehmen. Die trauen sich oft in der dunklen Jahreszeit nicht, allein zu uns zu kommen“, so Barbara Kochmann. Gleichzeitig wolle man das moderne Gefährt auch einsetzen, um Besorgungen im Stadtteil zu machen. „Wir wollen mehr als ein Zeichen setzen: Einmal für Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein durch den Verzicht auf ein Auto. Aber auch dadurch, dass dieses ungewöhnliche Gefährt, beklebt mit unseren Vereinsfarben, im Stadtteil gut sichtbar unterwegs ist und Menschen einfach aufmerksam macht auf unsere Angebote.“ 18.000 Euro hatte der Verein beantragt – und wurde damit an Gelsensport verwiesen.

Der Ortsverein Scholven der Falken hatte 2.000 Euro beantragt für sein Projekt der Leseförderung. So wolle man die Begeisterung der Kindern fördern, indem man ein Buch über einen Bauernhof auch auf einem solchen gemeinsam lese. Das jedoch verursache Reisekosten, so Nancy Böhm. Wie immer bei diesem Format wurden alle Anträge so gekürzt, dass sie am Ende ins Budget passen. Für das Projekt bedeutete dies, 800 Euro weniger. Bei der abschließenden Frage von Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff, ob es Kritik gebe, meldete sich Nancy Böhm und äußerte ihr Bedauern darüber, dass gerade an den ärmeren Kindern mit Bildungsdefiziten gespart werde.

Solidarität für bedürftige Kinder

Dann, so Wolterhoff, müsse man schauen, ob andere etwas abgeben von ihrem Geld. „800 Euro kommen so aber sicherlich nicht zusammen.“ Damit, so zeigte sich, schätze er die Menschen im Norden Gelsenkirchens falsch ein. Zunächst gaben Schüler des Leibniz-Gymnasiums Buer 200 Euro ab, dann zog Susanne Bohlenz von den Bülser Schützen mit 100 Euro nach. Ihr taten es YEG Hassel, der SSV Buer, Westfalia Buer und Schwarz-Weiß Buer Bülse gleich – und sorgten so für ein Plus von 700 Euro. „Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Das ist wirklich etwas Besonderes“, zeigte sich Wolterhoff beeindruckt – und wurde gleich noch einmal überrascht. Die letzten 100 Euro nämlich versprach Dominic Schneider zuzusteuern. Nancy Böhm rührte diese Solidarität zu Tränen. „Wir kommen bei euch allen zum Lesen“, versprach sie.