Gelsenkirchen. Die Stadt informiert, wie man sich vor Starkregen schützen kann. Auch wenn es gegen ein „Jahrhundertereignis“ wie jüngst wohl kaum Schutz gibt.

Die Stadt spricht von einem Jahrhundertereignis, das in der Nacht zu Donnerstag über Teilen Gelsenkirchens unerwartet ungeheure Wassermassen vom Himmel schütten ließ. Straßen in drei Stadtteilen waren plötzlich nur mit Booten befahrbar, Bewohner mussten geschockt miterleben, dass plötzlich schlammiges Wasser in ihre Wohnungen schwappte. Klima- und Wetterforscher warnen seit langem, derartige Starkregenereignisse werden sich häufen. Wo vor Ort in Gelsenkirchen Überflutung im Fall des Falles droht: jeder kann das Risiko für sich abschätzen. Die „Starkregengefahrenkarte“ der Stadt zeigt es.

Blaue Adern bis hin zu fetten blauen Feldern, die sich über mehrere Straßenzüge verteilen: Gelsenkirchen ist durchzogen von Bächen und Kanalisation - und die Topografie in der Stadt hat so manche Senken. Das zeigt der Blick auf die Starkregenkarte, die unter gdi.gelsenkirchen.de abrufbar ist. Das mussten die Menschen im Bereich von Sellmannsbachstraße und Trinenkamp in der Nacht zu Donnerstag schmerzhaft erfahren: Sie leben an einem der topografisch tiefen Punkte im Stadtgebiet - ihr Wohngebiet unweit der A42 lief in einem Teilbereich voll, durch die bis zu 75 Liter Starkregen pro Quadratmeter, die dort innerhalb von nur 90 Minuten gemessen worden waren, wie die Stadt mitteilte. >>Auch interessant:Unwetter: Warum Gelsenkirchen so hart getroffen wurde

Unwetter in Gelsenkirchen: Gegen solche Regenmengen war „nichts zu machen“

Kitas wurden geflutet, auch eine Schule: Die Stadt listete am Donnerstagabend erhebliche Schäden auch in öffentlichen Einrichtungen auf. „Gegen diese Regenmengen innerhalb von so kurzer Zeit war einfach nichts zu machen“, bilanziert Stadtsprecher Martin Schulmann. Dass im genannten Bereich ein Pumpwerk der Emschergenossenschaft durch die Wasserlast zeitweise ausfiel, während es so goss, und dass Gullys durch die Wucht des Wasserdrucks aus den Verankerungen rissen zeigte, welche Macht der Natur hier wirkte. Doch auch wenn die genannten Pumpen in Gang geblieben wären, hätte sich die Überflutung wohl nicht verhindern lassen, heißt es bei der Stadt.

Lesen Sie auch: Unwetter überrascht Wetterexperten: „Selten so etwas erlebt“

Gleichwohl wirbt die Stadt dafür, sich gegen Starkregenfolgen zu wappnen. Helfen soll zum einen die Starkregengefahrenkarte, die nicht nur Gelsenkirchen online für alle einsehbar bietet. Auch die Stadtentwässerung AGG Gelsenkanal hat online Informationen aufbereitet, wie man sich vor Starkregenfolgen schützen kann - etwa durch Veränderungen an Immobilien, da wo es die topografische Lage in der Stadt erforderlich macht.

Der Ausschnitt aus der Starkregengefahrenkarte der Stadt Gelsenkirchen zeigt: In den tiefblau gezeichneten Bereichen ist die Gefahr einer Überflutung besonders hoch.
Der Ausschnitt aus der Starkregengefahrenkarte der Stadt Gelsenkirchen zeigt: In den tiefblau gezeichneten Bereichen ist die Gefahr einer Überflutung besonders hoch. © Stadt Gelsenkirchen

Starkregengefahrenkarte: Viele Bäche und Senken in der Stadt

Gelsenkanal warnt, „potentiell ist jeder durch Starkregen gefährdet“, Starkregen-Ereignisse „können überall auftreten.“ Aber: Gebäude am Hang oder in Senken sind „mehr gefährdet“, da Wassermassen hier abfließen oder sich sammeln. Doch „auch das Gebäude selbst“ beeinflusst, wie gut man vor Starkregen geschützt ist, heißt es bei Gelsenkanal.

Besonders gefährdet etwa sind Grundstücke

  • in der Nähe von Bächen
  • in Senken
  • in besonders dicht besiedelten Stadtvierteln mit hoher Bodenversiegelung
  • in Hanglage, wo es zu „wild abfließendem Oberflächenwasser mit hoher Fließgeschwindigkeit“ kommen kann.

Welche baulichen Veränderungen an einem Gebäude womöglich vor schlimmeren Folgen schützen können, hat Gelsenkanal in einer „Checkliste“ veröffentlicht. Rückstauklappen etwa in der Haus-Kanalisation verhindern, dass Wasser bei Starkregen aus dem Kanal nach oben in Keller oder Wohnung drückt. „In vielen Altbauten ist das nicht vorhanden“, heißt es bei der Stadt. Bei Grundstücken in einer Senke kann es helfen, zum Beispiel die Lichtschächte des Kellers hochzusetzen oder Kellerfenster druckwasserdicht zu bauen. Doch, soviel ist klar, als Sellmannsbach und Kinnbach in der Nacht zu Donnerstag die Umgebung in einen See verwandelten, hätte das wohl auch nicht viel gebracht.

Gelsendienste: Sperrmüllabfuhr-Sondereinsatz geht auch Samstag weiter

Die Tipps reichen bis hin zum „Verzicht auf hochwertige Einrichtungen in gefährdeten Gebäudebereichen“ und „Erweiterung der Wohngebäude und Hausratversicherung um die sogenannte Elementargefahrendeckung, insgesamt vier Seiten umfasst die Checkliste, die unterteilt ist in die Bereiche „Rückstau aus öffentlichen Kanälen“, Oberflächenwasser und Sicker- und Grundwasser unterteilt ist.

Lesen Sie auch: Heftiges Unwetter in Gelsenkirchen: „Es war ein Alptraum“

Stadtsprecher Martin Schulmann wirbt dafür, „die Starkregengefahrenkarte ist sehr hilfreich, man sollte sie sich angucken,“ Unterdessen kündigt die Stadt für Samstag einen Sondereinsatz der Gelsendienste an: Durch die Überschwemmung zerstörtes Mobiliar soll auch am Samstag aus den betroffenen Gebieten abgeholt werden. Betroffene Anwohner möchten bitte der Abfallentsorgung melden, was abzuholen ist - eine Frist gibt es nicht. Die Service-Telefonnummer: 0209/954-20 (Montags bis Freitags, 8 bis 18 Uhr).

(dae)