Gelsenkirchen. Das Parkstadion, lange Heimstätte des FC Schalke 04, wurde vor 50 Jahren gebaut. Warum es wegen des Torjubels zum Streit vor Gericht kam.

Das Parkstadion feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. Nie vergessen wird der Verfasser dieses Gastbeitrages z.B. das legendäre Spiel des FC Schalke 04 gegen den FC Bayern München im Halbfinale des DFB-Pokals 1984, das er auf einem Stehplatz in der Nordkurve miterlebte. Die Partie endete 6:6 nach Verlängerung – und nach dem Abpfiff war die eigene Stimme weg…

Vielfach vergessen ist allerdings, dass das neue Parkstadion damals auch Probleme verursachte. Insbesondere die Nachbarschaft im Berger Feld stöhnte über die noch nicht optimierte Lautsprecheranlage unter dem Tribünendach. Bei großen Veranstaltungen, vor allem natürlich bei laut umjubelten Toren des FC Schalke 04, war es noch über 600 Meter weit vom Stadion entfernt so laut, dass die Kaffeetassen auf der Terrasse wackelten.

Gerichte urteilen: Die Lärmbelästigung aus dem Parkstadion ist zu groß

Eigentümerin des Stadions war die Stadt Gelsenkirchen. Auf Beschwerden aus der Nachbarschaft über den Lärm im Jahr 1973 reagierte die Kommune nicht und erklärte, der vom Stadion ausgehende Lärm sei hinzunehmen. Das sahen die Gerichte aber anders. Der im Berger Feld wohnende und unmittelbar betroffene Rechtsanwalt Dr. Heinz Bardelle – selbst ein Schalke-Fan – und seine Ehefrau Marianne klagten gegen die Stadt und gewannen. Das Landgericht Essen verurteilte die Stadt daraufhin, zu großen Lärm aus dem Stadion zu unterlassen. Durch Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichtes Hamm wurde eine Lärmobergrenze von 55 Dezibel in der Nachbarschaft festgesetzt.

Die Meinungen darüber gingen naturgemäß auseinander. Während die Kläger Dankesbriefe von betroffenen Gelsenkirchenern erhielten, gab es auch Morddrohungen von Schalke-Fans. Und auch in der Presse wurde die Klage mitunter heftig kritisiert. So stand in der WAZ: „Der Fußballplatz ist unter anderem auch jenes Ventil, dem die unter der Woche angestauten Aggressionen entweichen können. Und weil einem einzigen vergrämten Zeitgenossen der Kaffee sauer wird, sollen sich 70.000 nicht mehr freuen dürfen! Eine merkwürdige Art von Gemeinschaftssinn“. Die Buersche Zeitung unkte: „Zehn Monate Haft für einen viel zu lauten Torschrei: Auf dass die mit Spannung erwartete Fußball-WM 1974 zumindest in Gelsenkirchen zu einer letzten Oase ruhesuchender Menschenkinder werde“.

Rechtsanwalt Dr. Heinz Bardelle war tatsächlich aber weniger stur, als der Öffentlichkeit suggeriert wurde. So erlaubte er auf Anfrage der Stadt bei voraussichtlich lautstarken Veranstaltungen immer wieder ein Überschreiten der gerichtlich festgelegten Lärmgrenzen. In alten Akten findet sich z.B. ein Schreiben der Stadt, mit dem um Erlaubnis gebeten wird, bei dem Länderspiel der deutschen Nationalelf gegen die Türkei am 22.12.1979 die Ansagen in „Katastrophenlautstärke“ durchführen zu dürfen. Dr. Bardelle erlaubte das - und Deutschland gewann 2:0.