Gelsenkirchen. Die Schlagerstrandparty läuft in wenigen Tagen in der ARD. Bei der Aufzeichnung im Amphitheater gab’s reichlich kuriose und emotionale Momente.

Servusssss! Die bajuwarische Herzlichkeit besitzt eine erstaunlich lange Haltbarkeit. Wenn Florian Silbereisen am Samstag, 12. August, ab 20.15 Uhr bei der „Schlagerstrandparty“ in der ARD sein Publikum ins Epizentrum der zünftigen Melodien führt, hat seine gut gelaunte Begrüßung-Formel bereits einen knappen Monat im Schneideraum des Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) verbracht.

Der 42-jährige Entertainer aus Tiefenbach bei Passau hatte schließlich schon am 15. Juli die Bundesliga der Schlagerszene wie Roland Kaiser („Joana“) und Howard Carpendale („Ti amo“) sowie internationale Epochenstars um Nik Kershaw („The Riddle“) und

Paul Young („Come back and stay“) ins Gelsenkirchener Amphitheater eingeladen. Das Motto: „Wir feiern die 80er!“

Auch wenn die knapp 40 Jahre alte Allzeithymne „Live is Life“ eigentlich die passende Blaupause für einen lustigen Motto-Abend hätte liefern können, ist Life hier: nun, nicht live. Die TV-Aufzeichnung am Rhein-Herne-Kanal sorgt dagegen für ausufernde viereinhalb Stunden Drehzeit und einige Kuriositäten. Aber der Reihe nach. Zurück in die Zukunft geht’s später.

Schlagerstrandparty: „Floris Ultras“ feiern wie in der Nordkurve

Erster Eindruck: Ganz schön voll hier! Zwei Leinwände verknappen die Stehplätze neben der Amphitheater-Bühne. MDR-Einheizer Kevin bittet das Publikum mit fröhlicher Note: „Könnt ihr weiter zusammenrücken?“ Der Innenraum ist komplett mit feinem Sand aufgefüllt – und strenge Sperrzone. Security hält fernab der Kameras nach Flitzern Ausschau. Selbst die sonst obligatorischen Kiebitze auf der gegenüberliegenden Kanal-Seite gibt es diesmal nicht. Sprühende Effekt-Kanonen belegen den Ufer-Platz.

Zum Thema:

Schon anderthalb Stunden vor dem Start klatschen sich 4000 Fans warm. Auf den T-Shirts steht „Floris Ultras“. Um die Hälse hängen Blumenketten. Einzelne tragen bunte Polyester-Trainingsanzüge. Manch einer denkt beim Retro-Overkill: Hoffentlich haben die Schirmchendrinks mehr Geschmack.

„Sag mal, spürst du das auch…“ schallt aus den Boxen. Der eingespielte Hit „Achterbahn“ von Silbereisens Ex-Partnerin Helene Fischer besitzt an diesem Abend etwas prophetisch. Waren das gerade Regentropfen auf dem Arm? Es wird doch wohl nicht? Später mehr.

Zunächst macht es: Bumm, Krach, Zisch. Dafür sorgt der Show-Auftakt. Bunte Farben sprühen aus Fontänen und qualmen aus Bengalos. Eine Armada von Tänzerinnen und Tänzern jubelt, winkt in Beach-Klamotten und trägt überdimensionale Quietscheenten umher. Die Eurovision-Melodie (die Show läuft auch bei ORF 2) tönt. Und Florian Silbereisen fährt wie bei „Miami Vice“ in einer Motoryacht vor. Lässt sein Boot vom Steuermann rasant auf dem Rhein-Herne-Kanal kreisen als wären sie beim Driften mit einer Protzkarre in einem 1980er-Jahre-Actionfilm. Arnold Silbereisen.

Das macht Eindruck. Die Fans rufen „Wir wolln den Flori sehn!“ Der Nordsternpark wird zur Nordkurve. Der Gastgeber reckt beide Arme in die Höhe: „Wer sich an die 80er erinnern kann, hat sie nicht miterlebt!“

Schlagerstrandparty: Emotionale Worte von Grand-Prix-Siegerin Nicole

Nicht trödeln, 29 Stars (!) sollen jetzt wie an der Perlenkette aufgereiht singen. Ex-Modern-Talking-Bekanntheit und heutiger Schlagersänger Thomas Anders („Alles wird gut“) fährt flott mit dem Cabrio bis zur Bühne. Der Himmel wird immer dunkler, die Bühnendeko immer bunter. Ross Antony rückt mit einer Konfetti-Parade an, gesteht: „Kylie Minogue hat mich in den 80er-Jahren inspiriert. Deswegen stehe ich heute hier…“ Eigentlich liegt er. Minogues „I should be so lucky“ trällert der ehemalige Bro’Sis-Junge ganz wie der australische Megastar im Musikvideo aus der Badewanne. Bühnenhelfer rollen fix das Planschbecken herbei und verteilen sauber den Kunstschaum.

Ross Antony rückt mit einer Konfetti-Parade an und singt wie Kylie Minogue in ihrem Musikvideo in einer Badewanne.
Ross Antony rückt mit einer Konfetti-Parade an und singt wie Kylie Minogue in ihrem Musikvideo in einer Badewanne. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Grand-Prix-Gewinnerin Nicole singt wie 1982 „Ein bisschen Frieden“ – diesmal auch in einer russischen Sprachfassung. Sie sorgt nach ihrer überstandenen Brustkrebserkrankung für den emotionalsten Moment des Abends: „Ich bin vollkommen gesund!“ Herzlicher Applaus.

Danach stehen schon wieder fix Tänzer bereit. Doch bevor Samantha Fox übernehmen kann, folgt die kalte Dusche. Es stürmt und regnet plötzlich. Ein Unwetterband hat das Amphitheater erreicht. Alles wird gestoppt. „Wir müssen kurz unterbrechen!“ Es raschelt im Rund. Fans streifen hastig ihre Plastik-Ponchos über. Andere werden einfach nur noch: nass. Und Florian Silbereisen?

Wer glaubt, dass sich der Star-Moderator fluchtartig in seinen Wohnwagen verzieht, täuscht sich. Silbereisen setzt dem nervigen Guss ohne laufende Kameras ein Gewitter der Fröhlichkeit entgegen. Er lässt das Publikum nicht allein im Regen stehen und singt ohne Pause mit den begossenen Pudeln: „Du schaffst das schon“ und „Weine nicht, wenn der Regen fällt…“. 100 Punkte dafür auf der Sympathieskala. MDR-Mitarbeiter halten unterdessen im zischenden Wind die aufgestellten Bühnen-Palmen mit Klammergriffen fest.

Schlagerstrandparty: 30 Minuten Unwetter und künstlicher Regen

Nach 30 Minuten gibt ein im trockenen Zelt hockender Experte von Kachelmann-Wetter schließlich Entwarnung. Weiter geht’s. Oder fast. Die Technik hat’s offenbar erwischt. Als Lucas Cordalis und Joelina Drews bei Silbereisen locker plaudern, heißt es hinterher: „Kein Ton, bitte noch einmal!“ Noch kurioser: Das Duo covert ausgerechnet den 80er-Hit „When the Rain begins to fall“. Die dutzenden, jetzt von Tänzerinnen als Dekoration aufgespannten Regenschirme hätten die Fans vorher beim Schauer gut gebrauchen können. Glitzer-Schnipsel simulieren im gerade erst getrockneten Amphitheater künstlichen Regen. Echt jetzt?

Dafür klatscht Jürgen Drews als aufmerksamer Zuhörer im Publikum, der im vergangenen Jahr an gleicher Stelle noch seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen beendet hatte. Tochter Joelina: „Ich hoffe, ich mache ihn stolz!“ Wieder Jubel.

Olaf Malolepski nimmt mit seinem Flipper-Hit „Wir sagen danke schön“ das Strandparty-Fazit beinah vorweg. Der eigentlich schon ältere Ohrwurm des ehemaligen Schlager-Trios brachte ihm kürzlich auf TikTok und sogar beim Open-Air-Festival „Rock am Ring“ bei jüngeren Zielgruppen ungewöhnlichen Ruhm ein.

Der Uhrzeiger überschreitet unterdessen längst Mitternacht. Florian Silbereisen hat noch Energie: „Ich bleibe bis zum Ende.“ Das Publikum auch.

Die Schlagerstrandparty aus Gelsenkirchen wird am Samstag, 12. August, um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt. Die TV-Aufzeichnung erfolgte bereits am 15. Juli. Dass wir nicht früher darüber berichtet haben, liegt an einer verpflichtenden Sperrfrist für Texte und Fotos vonseiten der Veranstalter. Ein Hingucker dürfte im TV auch das Duett von Florian Silbereisen mit Schlager-Kollegin Beatrice Egli werden. Fans und Boulevard rätseln seit einiger Zeit über eine mögliche Liebesbeziehung. In Gelsenkirchen flirteten beide kameragerecht vor ihrem gemeinsamen Song „Das wissen nur wir“ auf der Bühne.