Gelsenkirchen. Auf ihrer „Hope“-Tour rockt die Band Fury in the Slaughterhouse das volle Amphitheater in Gelsenkirchen. „Wir sind nicht alt, wir sind heritage.“

Die Überraschungen gab es diesmal schon vor den Eingängen zum Amphitheater, denn ein Konzert von Fury in the Slaughterhouse konnte kaum anders als ausverkauft sein. Dass aber die Schlangen geduldig anstehender Fans schon fast bis an die Grothusstraße heranreichten, dagegen kaum. Denn sogar der Einlass war extra auf 18.30 Uhr vorgezogen worden. Außerdem bekamen die Schilder „Keine Schirme“ eine besondere Bedeutung: Denn der Regen blieb tatsächlich am Abend doch noch aus. Die „Hope Open Air“-Tour hat die Hoffnungen also schon mal nicht enttäuscht.

Regenpellen hatten trotzdem viele der 6000 Anhänger quer durch die Generationen dabei. Ihre Sitzkissen mussten allerdings auch Corinna und Klaus aus Gevelsberg auf dem großen Stapel vor dem Zaun deponieren. Die sind wie Schirme und Decken seit geraumer Zeit nicht mehr erwünscht. „Die hatten wir extra für heute gekauft“, meinte das Paar schicksalsergeben.

6000 Fans im ausverkauften Amphitheater Gelsenkirchen

6000 Fans auf den Rängen des Amphitheaters sorgten denn auch schon bei 3 Miles to Essex, Volker Rechin in seinem gelben Ohrensessel, als Support vorab dafür, dass die Temperaturen gut über 20 Grad blieben. Nach und nach kam so eine Treibhaus-Atmosphäre auf. T-Shirt statt Hoodie war angesagt. Die gemütlich am anderen Kanalufer lauschenden Extra-Gäste nahmen die schlechte Sicht für eine leichte, kühle Brise in Kauf.

Treue beweisen Fans und Band bis hin zu den Pfandbechern, die bei der „Hope Open Air 2023“ von Fury in the Slaughterhouse auch noch einem karitativen Zwecke zukommen: Seit 35 Jahren setzt die Band auf ihre Werte.
Treue beweisen Fans und Band bis hin zu den Pfandbechern, die bei der „Hope Open Air 2023“ von Fury in the Slaughterhouse auch noch einem karitativen Zwecke zukommen: Seit 35 Jahren setzt die Band auf ihre Werte. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Schriftzüge von Nirvana und den Rolling Stones fielen da schon ins Auge, immerhin aber sind die beiden Bands auch schon länger im Geschäft. Dafür gab’s diesmal in Gelsenkirchen sogar die Getränkebecher mit Fury in the Slaughterhouse-Schriftzug. Auffällig außerdem Shirts, die auf die Unterstützung der „Sea Shepherds“-Umweltschutzorganisation durch die Band hinweisen. Dazu waren auch besondere Sammeltonnen für Pfandbecher aufgestellt. Der Erlös soll der Parkinson-Hilfe zukommen.

Denn der Titel ist Programm, die „Hope“-Tournee ist vielleicht so etwas wie ein Ausrufezeichen der Band. Hoffnung, Mut, Geduld, all diese Werte tauchten und tauchen immer wieder bei den Furys auf, und sie polieren den Sockel, auf den sie diese heben.

Die Groupies sind inzwischen auch schon etwas grauer

Tatsächlich enterten sie auch einige Minuten vor dem planmäßigen Start die Bühne. Direkt davor aber hatten einige Anhänger noch durch den Zaun spioniert und sich wie die Teenager gefreut – trotz fortgeschrittenen Alters. Noch ein paar Handy-Fotos, ein Kommentar mit ironischem, aber stolzem Lächeln „alte Männer halt – erinnert an unsere Jugend“, und abschließend der Ordnungsruf von Gundula an Manfred, beide Ü 50 aus Recklinghausen: „Komm’ jetzt, Du Groupie!“

Sie verlieren keine Zeit und setzen auf die Hoffnung: Fury in the Slaughterhouse enttäuschte die Fans im ausverkauften Amphitheater in Gelsenkirchen nicht.
Sie verlieren keine Zeit und setzen auf die Hoffnung: Fury in the Slaughterhouse enttäuschte die Fans im ausverkauften Amphitheater in Gelsenkirchen nicht. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die so geehrten „alten Männer“ verloren keine Zeit, die Fans auf den lückenlos besetzten Rängen ebenso wenig. Alle Hände gingen beim eröffnenden „Cut myself into pieces“ in die Höhe und blieben da auch beim nächsten Titel „Letter to myself“. Gut aufgelegt und routiniert spulte die Band den Mix aus alten und neuen Titeln ab.

Sänger Kai Wingenfelder (63) und Gitarrist Christof Stein-Schneider (61) verteilten abwechselnd Komplimente an die Fans und die Location. „Großartig hier, im nächsten Jahr kommen wir acht Wochen nach Gelsenkirchen und spielen nur hier“, oder „Ne geile Kneipe hier, prost, auf euers“, und „wann waren wir das letzte Mal hier?“ – „Ich weiß nicht mal, mit wem ich auf der Bühne stehe.“

Auch interessant

Allerdings mussten sie auch gestehen: „Wir waren noch nie in den über 35 Jahren auf Platz eins der Charts, nicht ‘mal ,Time to wonder’ hat das geschafft. Leute, wir sind wie Bielefeld, uns gibt’s gar nicht. Gut, dass ihr alle trotzdem da seid.“

Immer wieder die Werte: Hoffnung, Mut, Menschlichkeit

„Hope“, das Album zur Tour und die Single-Auskopplung „Don’t give up“, „gerade herausgekommen“, soll da sicher auch noch Hoffnung geben.

Dabei definieren sie „alt“ neu, denn den Kommentar eines Fans haben sie sich gemerkt: „Der meinte, wir sind nicht alt, wir sind ,heritage’, so sieht das aus.“ „Kulturelles Erbe der langen Geschichte“ muss er damit gemeint haben.

So kramten die Furys auch recht früh zu den neuen Titeln des frischen Albums die älteren Songs heraus. 1992 oder ‘93 müsste das gewesen sein, erzählte Sänger Kai, „da haben wir einen kleinen, aber feinen Titel das einzige Mal auf einer Tour gebracht und jetzt wieder ausgebuddelt“. Was kam, war „Friendly fire“, in dem Zeilen wie „You took my heart and broke my neck“ bedienen, was die Fans hören wollten.

Das galt auch für „When I’m dead and gone“, das sie kommentieren mit „aber wir leben noch, wir sind noch nicht am Ende, es gibt viel zu tun“. Und unterstreichen: „Wir können nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen bleiben, wir müssen uns bewegen.“