Gelsenkirchen. Brände und kein Ende: Mehr als ein Dutzend Mal hat es auf zwei Grabeländern in Gelsenkirchen gebrannt. Das jüngste Feuer forderte sogar Opfer.

Treibt ein Feuerteufel in Bismarck sein Unwesen, ähnlich wie zuvor in Horst? Oder sind es höchst gefährliche und illegale Abriss- und Rodungsversuche auf Grabeländern, grünen Brachen, auf denen Pächter Kleingärten errichtet haben, und die bald Baukran und Betonmischer weichen müssen? Die Polizei geht jedenfalls von Brandstiftung aus.

Die Häufung der Brände ist auffällig. Bereits zum fünften Mal innerhalb eines Jahres hat es in Bismarck an der Bickernstraße gebrannt. Zuletzt vor ein paar Tagen, mitten in der Nacht am Sonntag (23. Juli) um 2.30 Uhr. Ein Zeuge war durch einen lauten Knall aufgeschreckt worden, sah zwei Gartenlauben lichterloh brennen und alarmierte Polizei und Feuerwehr (Augenzeugen sollen sich bei der Polizei unter 0209 365 7112 oder 0209 365 8240 melden).

Anwohner von Gelsenkirchener Grabeland: „Brandrodung wie am Amazonas“

Anwohner und Hausbesitzer sind in Sorge. Einer von ihnen, Erhan Güdek, spricht von Panik, wenn die Rauchmelder wieder mal auslösten, Kinder und Eltern nachts aus dem Schlaf gerissen würden. Vor dem Schlafen gehen die Kinder und auch wir jedes Mal zum Fenster, um uns zu vergewissern, dass es draußen nicht doch brennt“, sagt der Familienvater. Güdek wirft Pächtern „Brandrodung wie am Amazonas“ vor und mutmaßt, dass die Stadt das sogar toleriere, weil sie darüber hinwegsehe.

Diesen Vorwurf weist die Stadt über ihren Sprecher Martin Schulmann „weit von sich“ und verweist auf die Ermittlungen der Polizei. Vermutungen, ob absichtlich Feuer gelegt wurde oder ob es sich durch Fahrlässigkeit entzündet hat, verbieten sich von unserer Seite.“ Der Sprecher erwähnt aber, dass die Stadt bei Kontrollen schon mehrfach Gasflaschen bei Grabeländern gefunden hat. Weder das sei erlaubt, noch Tierhaltung oder das Aufstellen von Gartenlauben. Lediglich der Anbau von einjährigen Pflanzen (Radieschen, Salat etc.) sei erlaubt.

Feuer an der Gelsenkirchener Bickernstraße: Wachhund von Grabeländern stirbt nach Lungenentzündung, 140 Nachbartauben verbrennen elendig

Nur noch teurer Sondermüll ist die Anlage der Grabeland-Pächter Heike Borkowski und Wolfgang Hasenbeck. Das Gelsenkirchener Ehepaar war seit 1989 an der Bickernstraße sesshaft, hielt in dem Garten auch Tiere. Ihr Wachhund starb nach dem jüngsten Brand.
Nur noch teurer Sondermüll ist die Anlage der Grabeland-Pächter Heike Borkowski und Wolfgang Hasenbeck. Das Gelsenkirchener Ehepaar war seit 1989 an der Bickernstraße sesshaft, hielt in dem Garten auch Tiere. Ihr Wachhund starb nach dem jüngsten Brand. © Foto: Heike Borkowski

Zu den vom Brand betroffenen Pächtern gehört Heike Borkowski, die zusammen mit ihrem Mann Wolfgang Hasenbeck dort seit 1989 auf 1500 Quadratmetern Natur genießt und Tieren ein Zuhause bietet. Die grüne Oase ist nun eine Brandruine, ihr erst zweieinhalbjähriger Wachhund, ein schwarzer „Cane Corso Italiano“, ist tot. „Er hat eine Lungenentzündung nach dem Feuer bekommen, unser lieber Hund musste eingeschläfert werden“, sagt die Gelsenkirchenerin betrübt. Die drei Ziegen, zwei Katzen und die Singvögel in einer Voliere haben zum Glück und dank der Gelsenkirchener Feuerwehr überlebt. „Beim Nachbarn aber sind 140 Tauben in den Flammen elendig umgekommen.“

Die beiden Senioren haben jetzt ein doppeltes Problem. Bis Ende September müssen sie und die anderen Pächter ohnehin ihre „Zelte“ auf dem Gelände abbrechen. Vorgesehen ist laut Bebauungsplan Nr. 313.3 „Östlich Kanalstraße“ ein Wohngebiet mit Gewässerlauf. Bis es so weit ist, dürften laut Verwaltung aber noch „zehn Jahre vergehen“. Die Stadt will zwar behilflich sein bei der Suche nach einer Alternative, wegen der Tiere kommt aber weder ein Kleingartenverein noch ein anderes Grabeland bislang in Frage für Borkowski und Hasenbeck. „Wo sollen wir nur hin“, fragen sie verzweifelt.

„Die verkohlten Laubenreste aber sind Sondermüll, das schlägt viel stärker ins Kontor, als es ein normaler Abriss getan hätte“, sind sich die beiden Senioren sicher. Vieles, Bretter etwa, hätte man noch wiederverwenden können, so aber landet alles im Müll(-Ofen).

Nach dem Brand auf dem Grabeland an der Bickernstraße in Gelsenkirchen verstarb der „Cane Corso Italiano“ von Heike Borkowski. Er war gerade einmal zweieinhalb Jahre alt und lebte und beachte den Garten der Gelsenkirchenerin.
Nach dem Brand auf dem Grabeland an der Bickernstraße in Gelsenkirchen verstarb der „Cane Corso Italiano“ von Heike Borkowski. Er war gerade einmal zweieinhalb Jahre alt und lebte und beachte den Garten der Gelsenkirchenerin. © Foto: Heike Borkowski

Borkowski erzählt, dass auf dem Gelände in der Vergangenheit öfter große Feuer gebrannt haben, einen „Warmabriss“ aufgrund der Kündigung schließt sie aufgrund des Entsorgungsaufwandes aus – „da würde man sich selbst ins Knie schießen“. Einen „Feuerteufel“ hält sie für wahrscheinlicher, jemand, denen die Grabeländer ein Dorn im Auge sind.

Grabeland in Gelsenkirchen an Harthorst- und Fischerstraße: acht Brände in einem Jahr

Diese Vermutung hielt sich auch bei einem zweiten Grabeland in Gelsenkirchen. Und zwar das Gelände rechts und links der Harthorststraße im Stadtteil Horst. Dort hat es zwischen Anfang Dezember 2021 bis Mitte April 2022 tatsächlich auf acht von insgesamt 28 Grabeland-Parzellen gebrannt. Auch hier gingen die Brandexperten von Feuerwehr und Polizei von Brandstiftung aus. In einem Fall explodierte sogar gar eine Gasflasche und flog durch den Garten eines Nachbarn“, berichtete damals der Vorsitzende des örtlichen Präventionsrats Hans-Georg Kouker.

Das Gelände ist ein Zankapfel. Die Stadt erreichten zahlreiche Beschwerden über die Vermüllung und Verwahrlosung des Geländes. Das hat eine Reihe Pächter schwer verärgert, sie behaupteten, dass nicht sie die Verursacher seien, sondern, dass heimlich von Fremden Müll abgeladen werde. Gleichwohl hat die Stadt das Gelände im Visier, weil dort die Auflagen wie an der Bickernstraße ignoriert wurden: Grundstücksgrenzen seien verschoben, illegal Hütten errichtet, die Flächen gar ohne entsprechende Erlaubnis der Stadt mehrfach unterverpachtet worden. Auch der Pachtzins sei teilweise nicht korrekt abgeführt worden.