Gelsenkirchen. Rund um die Gelsenkirchener Arena ist beim Schalke-Familientag auch bei Dauerregen viel los. Selbst das Schlangestehen wird in Kauf genommen.
Es ist noch nicht einmal 11.04 Uhr, also vor dem eigentlichen „Anpfiff“ zum traditionellen Schalke-Tag, da werden die ersten Schlangen schon lang und länger. Und das bei hartnäckig nervendem Nieselregen. Die Schlangen vor den einzelnen Ständen werden an diesem „Familientag“ auch eher nicht kürzer, der Regen dafür aber immer kräftiger. Was aber offenbar unter den unzähligen Fans niemanden ernsthaft stört: Es ist voll rund um die Arena. Und für die kleinen Besucher ist in vielen Rucksäcken oder Bollerwagen Wechselkleidung griffbereit.
Auf DIN-A-4-Format haben sie den Lageplan mit all den Angeboten diesmal auch nicht zusammenfassen können. Denn allein 50 Anlaufpunkte werden dort aufgeführt, damit wird das doppelte Format im Vergleich zu den Vorjahren benötigt. Da herrschte allerdings meist angenehmes Sommerwetter. Aber ein königsblaues Herz lässt sich durch schlechtes Wetter die Laune nicht vermiesen. Rund 50.000 Besucher sollen laut Vereinsangaben am Ende des Tages vor Ort gewesen sein.
Der Biergarten vor der Gelsenkirchener Arena lockt heute nicht
Aus der Arena selbst sind die Schalker Fans Regen und Regen-Klamotten auch nicht unbedingt gewöhnt, sonst ist man ja eher „unterm Dach“ statt komplett „open air“. Abreißen lässt das den Zustrom der Besucher aber keineswegs.
Auf dem Parkplatz unterhalb des Haupteingangs bleiben die Bänke am eigens eingerichteten Biergarten zunächst eher leer. Hunger und Durst stillt man da lieber im Stehen und unter der Überdachung der Stände. Was immer wieder überrascht: Die zahlreichen Fan-Shops auf dem gesamten Gelände sind dauerhaft umlagert. Es gibt offenbar immer etwas, was nicht jeder Anhänger hat. Noch nicht.
Fan-Artikel heiß begehrt und schon früh ausverkauft
Die Schals in Königsblau jedenfalls, so macht es an der großen Hüpfburg die Runde, die seien jetzt schon ausverkauft – knapp 90 Minuten nach dem eigentlichen Start des Familientages. „Sieh’ mal lieber zu, ob die auch einen Schalke-Schirm haben“, bekommt ein junger Vater auf den Weg zum nächsten Shop mit auf den Weg.
Wie weit, wie tief und bis zu welchem Alter hinunter die Liebe zum FC Schalke 04 reicht, zeigt sich auch an unerwarteter Stelle. Vor eben besagter Riesen-Hüpfburg, die die Form der Arena mit den Außentreppen hat, soll ein vielleicht achtjähriger Besucher in seine Wechselkleidung schlüpfen und vorher abgerubbelt werden. Denn in die Hüpfburg regnet es auch hinein. Aber der Junior protestiert: „Mama, doch nicht mit dem Schal.“
Schalke wird schon mit der Muttermilch aufgesogen
Und dass es nicht immer den eigenen Still-Raum, Punkt 50 auf dem Lageplan, benötigt, zeigt eine junge Mutter. Was aber natürlich niemanden stört. Kommentar einer Passantin: „Da, jetzt sieht man’s endlich mal: Schalke wird schon mit der Muttermilch aufgesogen.“
Dass es sich irgendwie irgendwann auch wieder um den Ball drehen wird an dieser Stelle, zeigt sich an einem der Stände für die Kinder. Statt „Bull-Riding“ heißt es hier „Ball-Riding“, doch das ist aber noch recht wenig gefragt, ist wohl doch zu glitschig bei dem Dauerregen.
Torwandschießen in allen Formen und Formaten gibt es natürlich auch. Und die Handballabteilung von Königsblau, die von dem bekannten Logo profitiert und um weitere Mitglieder wirbt, zeigt, dass man Bälle auch werfen und nicht nur schießen kann.
Schalker Sportabzeichen mit Urkunde und Medaille
Wer die vorangegangenen Übungen erfolgreich absolviert, bekommt eine Ehrenurkunde und eine Medaille für das „Schalker Sportabzeichen“. Nach dem Weltmeistertitel für die bundesdeutsche U 21 „hat die Herren-Nationalmannschaft schon richtig gutes Marketing für unseren Sport gemacht“, sagt Handball-Abteilungsleiter Daniel Nienhaus denn auch lächelnd. „Wir haben jedenfalls gerade eine gute Zeit.“
Von guten, wenn auch vergangenen Zeiten der 70er und 80er Jahre, erzählen inzwischen auf der Bühne Klaus Fischer und Olaf Thon, zwei der bekanntesten Gesichter des S04. „Mister Fallrückzieher“, so hat Stadionsprecher Dirk Oberschulte Beckmann den früheren Star-Stürmer Fischer angekündigt, doch der räumt gleich ein: „Ne, bei so einem Wetter eher nicht, auch damals nicht.“ Obwohl, stimmen beide dem „Quatscher“ zu, der heute eine Extra-Schicht liefert, „im Parkstadion hat es doch gefühlt damals immer geregnet“.
Vor eine besondere Aufgabe stellt er Gebärden-Dometscherin Melli, die für die „Def-Gruppe“ vor der Bühne fleißig übersetzt: „Wie zeigst Du denn eigentlich „Quatscher“?“
Eine Anekdote von „anno Tobak“ steuert Fischer auf der Bühne bei. „Heute bei der Rasenheizung kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, aber auf hartgefrorenem Boden haben wir auch schon mal Fußballschuhe genommen, bei denen die Plastikkappen an den Stollen weit abgewetzt waren. Die Nägel, die dann noch rausguckten, haben wir mit Schuhcreme schwarz gefärbt, und nach ein paar Metern hat sowieso keiner mehr hingesehen, die haben gepackt wie Spikes.“
Lebenslange Mitgliedschaft oder für Familien
Neben dem „Vorgestern“ geht es auch um das „Gestern“, denn von der Atmosphäre beim Test-Freundschaftsspiel gegen Twente Enschede sprechen sie heute noch. „34.000 Zuschauer – davon träumt manch anderer Verein im Ligabetrieb“, zeigt sich Sportvorstand Peter Knäbel auf der Bühne sichtlich stolz.
Stolze Zahlen visiert Schalke so oder so an, blättern Dirk Oberschulte Beckmann und Fanbeauftragter Thomas „Kirsche“ Kirschner durch einige Notizen nach der Hauptversammlung. So hat der Club nun neben einer Familien-Mitgliedschaft auch eine lebenslange Mitgliedschaft anzubieten. „Wer Fan ist, der sollte auch Mitglied sein“, findet der „Quatscher“ und lässt Kirschner dann die Details zu den Kosten berichten. Beim nächsten Angebot muss aus den Lautsprechern unbedingt die Hymne „Blau und weiß ein Leben lang“ schmettern. Denn für 1904 Euro bietet Schalke eine lebenslange Mitgliedschaft an. „Geht gut als Geschenk“, warb Kirschner. Sogar bei Dauerregen.