Gelsenkirchen-Ückendorf. Der spanische Star-Chirurg Diego Gonzalez Rivas war zu Gast im Marienhospital Gelsenkirchen. Dort führte er seine neue Operationsmethode vor.
Ärzten sagt man nach, dass sie einen speziellen Sinn für Humor haben – den braucht man auch in diesem Beruf. Und so war es durchaus passend, dass das Team des Marienhospitals Gelsenkirchen einen Kuchen in Form einer Lunge hatte backen lassen, um Dr. Diego Gonzalez Rivas zu begrüßen. Das war gleich doppelt angemessen: Der Mediziner aus Spanien ist Thorax-Chirurg, hat also mit Lungen zu tun – und in seinem Fach eine absolute Koryphäe, für die man schon einmal einen Kuchen auffährt. In Gelsenkirchen demonstrierte er eine neue, von ihm entwickelte Operationstechnik.
Jordanien, Rumänien, China – und Gelsenkirchen: Das sind allein die Stationen dieser Woche, die Gonzalez Rivas bereist, um seine OP-Methode vorzuführen und sie anderen Ärztinnen und Ärzten beizubringen. Der Spanier, Facharzt für Thoraxchirurgie am Krankenhaus Quirónsalud im spanischen La Coruña, ist so etwas wie ein Wandergelehrter in seinem Fach – „Ich habe bereits in 129 Ländern operiert“, sagt er. Am größten Thorax-Zentrum der Welt im chinesischen Shanghai leitet er ein Trainingszentrum. Es sei ihm wichtig, sein Wissen und Können weiterzugeben – und Menschen zu helfen. Dafür, dass er erst seit Montagabend in Gelsenkirchen ist und eine Reise um die halbe Welt hinter sich hat, sitzt er an diesem Dienstagmorgen recht entspannt im kleinen Aufenthaltsraum des OP-Bereichs und unterhält sich mit seinen Kollegen. Zwei Operationen will er an diesem Vormittag vornehmen.
Diese OP-Methode demonstrierte der Chirurg im Gelsenkirchener Marienhospital
Der 48-Jährige hat sich auf Thoraxchirurgie spezialisiert – genau gesagt auf Lungenkrebs-Chirurgie, auf die Entfernung von krankhaftem Lungengewebe. Dr. Margarete Härting ist Chefärztin der Abteilung für Thoraxchirurgie am Marienhospital, sie weiß, dass so ein Eingriff für Patientinnen und Patienten früher eine große Belastung bedeutet hat: „Eine Lungen-OP bedeutete große Einschnitte, teilweise musste man die Rippen entfernen.“ Das sei für den Patienten äußerst schmerzhaft gewesen.
Später, so Härting, sei man dazu übergegangen, minimalinvasiv, also per „Schlüssellochtechnik“ zu arbeiten. „Aber weil der Brustkorb sehr eng ist und nur wenig Platz zum Arbeiten bietet, musste man immer mindestens zwei, meistens sogar drei Einschnitte vornehmen.“ Das habe Diego Gonzalez Rivas geändert: Er entwickelte ein Verfahren mit dem Namen „U-VATS“: Die englische Abkürzung steht für „Uniportal video-assisted thorax-surgery“, also videounterstützte Thoraxchirurgie durch lediglich einen Zugang: Das schont den Patienten, verkürzt die OP-Zeit und kommt mit einer schonenderen Narkose aus.
Unkonventionell: Das Lungengewebe verlässt den Körper in einem Handschuh
Wie das aussieht, können die zahlreichen Krankenhausmitarbeiter, die sich an diesem Vormittag im „Schalke-OP“ des Marienhospitals eingefunden haben, dann live miterleben. Als Gonzalez Rivas den OP-Saal betritt, liegt die Patientin schon vorbereitet und anästhesiert auf dem Tisch. Der Skalpellschnitt, den der Chirurg dann vornimmt, ist nur wenige Zentimeter lang, als sämtliche Hautschichten durchtrennt sind, stabilisiert er die Wunde mit einem kreisrunden Kunststoffring.
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Durch diesen führt er sowohl die Kamera als auch sämtliche Instrumente ein und beginnt mit der Arbeit: Es gilt, ein von einem Tumor befallenes Stück Lunge zu entfernen. Der Chirurg arbeitet präzise, schnell und konzentriert, auf drei großen Monitoren ist das Videobild der OP zu sehen. Zahlreiche Ärzte und Ärztinnen, aber auch andere Krankenhausmitarbeiter und einige Studentinnen und Studenten sind da und schauen gespannt zu. In englischer Sprache erklärt Gonzalez Rivas seine Schritte: „Jetzt zeige ich euch einen Diego-Trick“, sagt er und führt vor, wie er mit zwei Zangen und einem sterilen Handschuh, der umgestülpt und als Beutel benutzt wird, das Stück Lungengewebe aus dem Brustkorb der Patientin entfernt: unkonventionell, aber praktisch.
Nach einer knappen Stunde ist die OP auch schon wieder vorbei: Das Verschließen der Wunde per Naht überlässt der Spanier seiner Kollegin Margarete Härting. Die hatte schon zuvor mit Diego Gonzalez Rivas zusammengearbeitet und den Besuch des Experten in Gelsenkirchen vermittelt: Für das Marienhospital ist der Besuch eine echte Aufwertung, mit der OP-Methode nach Gonzalez Rivas erwirbt man ein Alleinstellungsmerkmal. Und dafür kann man auch schon einmal einen Kuchen in Form einer Lunge backen lassen.