Gelsenkirchen. Die Hyänen in der Gelsenkirchener Zoom-Erlebniswelt sind nicht unbedingt Publikumslieblinge. Völlig zu Unrecht, sagt Tierpfleger Jan Schiller.

Sie sind, so könnte man sagen, die Diplomaten der Tierwelt. Mitunter, weil hier die Damen das Regiment führen. Insgesamt seien die Tüpfelhyänen in jedem Falle unterschätzt, findet Jan Schiller, Tierpfleger in der Gelsenkirchener Zoom-Erlebniswelt – und zu Unrecht durch einen bekannten Zeichentrickfilm in Verruf gekommen.

Hier und heute ist der erste Eindruck auch recht gut. Akia steht ganz vorn, schaut aufmerksam, fast freundlich in Richtung der Besucher. „Sie hören mich schon kommen, bevor sie mich sehen“, erklärt Jan Schiller, dass er schon eine Beziehung zu den Tieren habe. Auch wenn sie immer mindestens ein Gitter trennt. „Hyänen gehören bei uns zur höchsten Gefahrenkategorie. Sie haben eine enorme Beißkraft. Die können einem Menschen den Arm durchbeißen.“ Streicheltiere sind sie also nicht. Zumindest nicht in unseren Breitengraden.

Die Gelsenkirchener Hyänen können auch Befehle befolgen

Tierpfleger Jan Schiller arbeitet mit den Hyänen.
Tierpfleger Jan Schiller arbeitet mit den Hyänen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

„In Äthiopien gibt es eine Stadt, da leben die Menschen mit Hyänen. Es gibt Tore in den Stadtmauern, durch die die Tiere in die Stadt kommen können. Und die Menschen legen ihre Schlachtabfälle auf einen Platz und die Hyänen dürfen sie fressen. Dafür verhalten sich die Hyänen friedlich.“ Zum Teil ließen sie sich anfassen, sogar streicheln. „So ist der Wolf zum Hund geworden“, sagt der Fachmann und lacht: „Aber dass es Hyänen als Haustiere gibt, werden wir nicht mehr erleben.“

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Am gegenseitigen Vertrauen zwischen Mensch und Tier wird in der Zoom Erlebniswelt dennoch regelmäßig gearbeitet. „Akia und Asali können Befehle befolgen.“ Das sei notwendig für ein entspanntes Tierleben. Denn demnächst steht zum Beispiel ein medizinischer Eingriff an. Eine Zahn-OP bei Akia. Da hilft es, wenn die Tiere ein bisschen „mitarbeiten“ und Abläufe schon kennen.

Tiere nutzen den Wassergraben als „Kühlschrank“

Für die Hyänen ist das Lernen ohnehin kein Problem. Sie sind immens schlau – und daher recht anspruchsvoll. Sie wollen beschäftigt werden. „Manchmal zeige ich ihnen, dass ich Fleisch dabei habe und gehe dann allein auf die Anlage, um das zu verstecken. Danach laufen sie raus und wissen ganz genau, wo gute Verstecke sind, zum Beispiel unter Büschen. An anderen Stellen schauen sie gar nicht nach.“ Die Tiere verstecken ihre Nahrung auch selbst. „Sie legen manchmal im Wassergraben Vorräte an. Sie wissen, da finden es andere nicht und im kühlen Wasser bleibt es länger frisch.“

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Wasserscheu sind Hyänen nämlich überhaupt nicht. Akia tritt den Beweis gerade an, geht ins Wasser und schwimmt auf die Besucher zu. Dabei bleibt es dann auch. Ans Ufer kann sie nicht. Eine Spundwand und Eisenstäbe sind eine unüberwindbare Grenze. Also schwimmt sie zurück und bleibt im seichten Wasser sitzen. Bald schlottert sie, weil ihr so kalt ist. Der Grund, all dies auf sich zu nehmen, ist die silberne Schüssel, die Jan Schiller mitgebracht hat. Darin liegen zwei halbe Hähnchen. Um die beiden Wartenden zu „erlösen“, wirft er das Fleisch auf die Anlage. Es dauert kaum eine Minute, da hat jede Hyäne ein halbes Huhn restlos vertilgt – und die Besucher damit ordentlich beeindruckt.

Wer aufsteigen will, muss Allianzen bilden

Das Fressen geht ganz friedlich vonstatten. Auch wenn Asali die Ranghöhere ist. Heute aber reklamiert sie nicht beide Stücke für sich. Erwartungsvoll kommen beide zurück, hoffen auf mehr. Derweil erklärt Jan Schiller: „Hyänen leben in großen Clans von bis zu 120 Tieren. Darin leben sie in kleineren Gruppen enger zusammen. Das kann man sich so vorstellen, wie wenn wir in einer Siedlung leben und, wenn es drauf ankommt, alle zusammenhalten. Aber innerhalb der Siedlung leben wir in unserer kleinen Familie.“

Angeführt wird ein Clan immer von einem Weibchen. „Je näher ein Weibchen mit ihm verwandt ist, desto ranghöher ist sie.“ Die Herren jedoch haben es in der Hyänenwelt nicht so einfach. „Jungtiere müssen den Clan mit drei Jahren verlassen. Das bedeutet, alle Männchen im Clan sind entweder jünger oder zugewandert.“ Wer neu dazustößt, ist immer ganz unten in der Rangordnung, weiß Jan Schiller und kann dann die Besucher wirklich überraschen. Denn: „Die Neuen können sich einen höheren Rang nicht erkämpfen. Hyänen sind sehr soziale Tiere. Wer in der Hierarchie aufsteigen will, kann das nur durch Allianzen.“ Durch die hohe Kunst der Diplomatie, durch Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft. „Sie unterstützen sich zum Beispiel gegenseitig bei der Jagd oder teilen ihr Futter mit anderen. Man könnte fast sagen, untereinander sind sie freundlich. Das ist bei Raubtieren einzigartig.“

Was das alte Parfüm von der Oma im Hyänengehege zu suchen hat

Hyänendamen sind übrigens nicht nur im sozialen Gefüge emanzipiert, auch biologisch. „Man kann die Weibchen nicht von Männchen unterscheiden. Das geht eigentlich nur in Narkose.“ Denn die Geschlechtsmerkmale sehen gleich aus. „Auch bei den Weibchen sieht es aus, als hätten sie Hoden. Und sie haben sogar einen erigierbaren Penis.“

Noch immer beäugen die Hyänenschwestern die Gäste. Die Spannung allein ist eine willkommene Abwechselung. Auch, wenn mit weiterem Futter nicht zu rechnen ist. Heute stehen keine weiteren Abenteuer an. An anderen Tagen gibt es die durchaus. Etwa, wenn die Pfleger ein Unterhaltungsprogramm auf die Beine stellen. „Wir haben zum Beispiel verschiedene Düfte, die wir auf der Anlage verteilen – auch das alte Parfüm von der Oma, das keiner mehr haben will.“ Wofür das? „Wenn wir das hier versprühen, dann sind die Tiere ganz aufgeregt, suchen alles ab, weil sie denken, es war jemand da.“ Stimmt ja auch, irgendwie.

Ab und an ist ein Ausflug zu den Löwen drin

Manchmal steht für die beiden aber sogar ein Ausflug auf dem Programm, erzählt Jan Schiller. „Sie dürfen schon mal auf die Löwenanlage, wenn die in ihrem Haus sind. Das finden sie toll. Dann stolzieren sie richtig vor der Schreibe entlang, hinter der die Löwinnen sie beobachten. Sie wissen ganz genau, da ist eine Scheibe, die sie schützt. Sonst würden sie das niemals machen.“ Und die Löwinnen? „Die bekommen auf ihrer Seite der Scheibe eine Krise.“

Jeden Donnerstag um 14.30 Uhr gibt es am Gehege der Hyänen ein Gesprächsangebot der Tierpfleger. Interessierte können dann ihre Fragen stellen.