Gelsenkirchen. TikTok? Außer Kontrolle, so ein Sozialarbeiter aus Gelsenkirchen. Elementar sei eine Aufklärung der jungen Nutzer. Ein neues Projekt soll helfen.
„Das hört sich so einfach an: Wir machen jetzt ein Digitalisierungsprojekt“, sagt Erkan Öztürk an diesem Morgen im Wissenschaftspark. Der Leiter des „Ücky“, dem Jugendtreff in Gelsenkirchen-Ückendorf, der schon so lange Bestand hat, ist gekommen, um etwas ganz Neues vorzustellen: „Ücky digital“ geht an den Start, um den Jugendlichen einen sinnvollen und gesunden Umgang mit Medien näherzubringen.
Gelsenkirchen: Wo Straßenkids nicht mehr nur Medien konsumieren, sondern auch machen
Dabei ist alles wohl durchdacht und aus gutem Grund: „Jugendliche sind ständig in den sozialen Medien unterwegs“, hat der Sozialarbeiter beobachtet. „Meiner Meinung nach ist TikTok extrem außer Kontrolle“ – warum er das findet? „Die Jugendlichen zeigen mir Videos, die nicht altersgerecht sind. Das, was da teilweise passiert, ist schon heftig.“ Und was hilft bei der Aufklärung? „Wir bereden das ganz klassisch“, so Öztürk. Gerade das große Feld Medienkompetenz erfordere ein „sensibles Herangehen und genaues Zuhören“, wo die Bedürfnisse der Jugendlichen liegen.
Was auch noch hilft: Ein handfestes Projekt wie „Ücky digital“, bei dem junge Expertenteams aufgebaut werden sollen, die für die anderen Kinder und Jugendlichen altersgerechte Lernvideos produzieren werden. Natürlich gibt es ein kleines mobiles Studio, aufgebaut mitten im Treff. „Was bewirkt das dann? Na klar, alle schauen zu“, sagt Erkan Öztürk. „Die Jugendlichen sind nicht mehr nur Konsumenten, sondern auch Macher. Das erzeugt eine ganz andere Wahrnehmung“, ist Holger Ott, Geschäftsführer der Katholischen Jugendsozialarbeit (KJS), dem Träger des Ücky, überzeugt.
„Wir sagen den Straßenkids: Du musst dich nicht nur mit TikTok beschäftigen“
Das alles soll es dann auch zu sehen geben: via Youtube oder live gestreamt auf Twitch. Denn darum geht es ja auch: dass online und live vor Ort Angebote und Ideen für Gleichaltrige vorgestellt und entwickelt werden können, um möglichst viele Jugendliche zu erreichen – auch die, die den Treff nicht mehr besuchen können oder wollen. Auch Online-Turniere kann sich Sozialarbeiter Öztürk vorstellen.
„Wir sagen den Straßenkids: Du musst dich nicht nur mit TikTok beschäftigen“, so Öztürk. Und mit der Zeit, da beginnt ein Prozess, in dem die Kinder gestärkt werden. Das Gros der Kinder und Jugendlichen, die das Ücky ansteuern, hätte kein Geld für viele Hobbys, weiß Öztürk, viele würden auf der Straße rumhängen, wüssten nichts mit sich anzufangen. Gerade das Ücky ist dann einmal mehr wichtige Anlaufstelle.
Projekt „Ücky digital“ wird mit 10.000 Euro gefördert – aus der Nachbarschaft
Mit der Projektarbeit haben sie im Ücky schon vor einiger Zeit gute Erfahrungen gemacht: 2020 ging „Ücky sozial & fair“ an den Start. Wie es der Titel schon verrät, ging es maßgeblich um das (Sozial-)Verhalten, um die Interaktion, das Miteinander, vor allem im Ücky vor Ort an der Bochumer Straße 96, aber auch darüber hinaus. „Wie kommunizieren wir?“ sei eine der Leitfragen gewesen, so Erkan Öztürk. Die Jugendlichen konnten üben, etwa mit Wut umzugehen, mit Hilfe von Rollenspielen, oder auch erfahren, wie wichtig Werte sind.
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Auf „Ücky sozial und fair“ baut nun eben „Ücky digital“ auf. Überhaupt erst möglich macht das neue Projekt eine Fördersumme von 10.000 Euro – ausgegeben vom Institut für Verwaltungswissenschaften (IfV), das mit seinem Sitz im Wissenschaftspark in direkter Nachbarschaft zum Ücky liegt. „Wir sind gemeinnützig, haben Geld übrig und wollen etwas davon abgeben“, erklärt Dr. Heribert Möllers vom IfV gegenüber der WAZ. Auch bei Ücky-sozial & fair hat sich das IfV engagiert, dort habe man bereits positive Erfahrungen gemacht. Die Förderung von Ücky digital wird sich über ein Jahr erstrecken.