Gelsenkirchen. Gelsenkirchen hat einen neuen Jugendrat. Die jungen Menschen wollen politisch mitgestalten, Sorge bereitet ihnen die Sicherheit in der Stadt.

Viele könnten damit ja gar nichts anfangen, sagen sie. Jugendpolitik, was ist das überhaupt? Und was macht ihr da eigentlich im Jugendrat? Joel, Finn Niklas, Chanel, Ben und Christina sind angetreten, um genau das aufzulösen – die Fragezeichen in den Köpfen ihrer Freunde und Bekannten. Die fünf jungen Gelsenkirchener und mit ihnen 47 weitere junge Menschen aus allen Teilen der Stadt gehören jenem seit kurzem neu gewählten Jugendrat an. Für die kommenden zwei Jahre treibt sie an, das Geschehen in ihrer Heimat mitgestalten zu wollen – nicht nur auf politischer Ebene.

Gelsenkirchen: Warum engagieren sich junge Menschen beim Jugendrat der Stadt?

Alles ist noch ziemlich frisch: Bis Ende März konnten alle Jugendlichen der Stadt ihre Stimme für die aufgestellten Kandidatinnen und Kandidaten abgeben. Insgesamt 50 junge Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener sitzen nun im Jugendrat – „Eigentlich“, so erklärt Alexander Janßen, der den Jugendrat betreut, „sollten immer zehn Jugendliche aus einem der fünf Bezirke Nord, Ost, Süd, West und Mitte kommen.“ Funktioniert in diesem Jahr aber nicht, denn es gab beispielsweise zu wenig Kandidaten aus dem Bezirk West, dafür sind’s nun mehr aus dem Bezirk Mitte.

Christina Raykhenberg sitzt im neu gewählten Jugendrat der Stadt Gelsenkirchen: „Viel zu viel entscheiden heute die Erwachsenen, dabei ist das unsere Zukunft! Es ist nie zu früh, Interesse zu zeigen“, sagt die 16-Jährige.
Christina Raykhenberg sitzt im neu gewählten Jugendrat der Stadt Gelsenkirchen: „Viel zu viel entscheiden heute die Erwachsenen, dabei ist das unsere Zukunft! Es ist nie zu früh, Interesse zu zeigen“, sagt die 16-Jährige. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Aus der Jugend für die Jugend: Grundsätzlich will der Jugendrat als politisches Gremium die Interessen von Kindern und Jugendlichen vertreten. Da kann es mal um das große Ganze, aber auch um das Kleine gehen. Chanel Le beispielsweise hat ein besonderes Projekt, das sie unterstützen möchte: die Zukunft des Bauspielplatzes an der Bochumer Straße in Ückendorf zu sichern. „Vom Jugendrat habe ich vorher überhaupt nichts mitbekommen“, sagt die 17-jährige Neustädterin und freut sich, dabei zu sein. Denn: „Das ist eine weitere Chance, engagierter zu sein“, so die Schülerin vom Ricarda-Huch-Gymnasium.

Gelsenkirchener Jugendrat: Viele Jugendliche wissen zu wenig über Jugendpolitik

Ähnlich geht es dem 16-jährigen Joel Krawczak, der in Hassel lebt, für den Bezirk Nord im Jugendrat sitzt und die Gesamtschule Buer-Mitte besucht. Er sei von seinem Lehrer angesprochen worden, ob er nicht mitmachen wolle bei dem Gremium. Das passte gut, denn Joel hatte schon länger den Wunsch, politisch aktiv zu werden. Nun will er sich um die Kommunikation des Jugendrates kümmern, auch und besonders um die nach außen. Ihm sei ein Podcast in den Sinn gekommen, berichtet er.

Genau diese Idee hatte der 14-jährige Ben Lebentrau (Bezirk Ost) aus Resse auch – schon hat er an diesem Nachmittag einen Partner gefunden, das ging schnell. „Das hier, mit den Menschen zu reden, meine eigene Meinung zu vertreten“, das mache für ihn die Arbeit und das Engagement im Jugendrat aus, sagt Ben, der Schüler am Max-Planck-Gymnasium ist.

Die fünf, sie haben genaue Vorstellungen von dem, was einmal sein soll: Ben weiß schon jetzt, dass er später Physik studieren möchte, Joel wird zunächst eine Ausbildung zum Landwirt machen, dann will er zur Feuerwehr, sich dort zum Notfallsanitäter ausbilden lassen. In Gelsenkirchen? „Na klar, wo denn sonst?“ Auch Finn Niklas Buttler sieht sich nah bei den Menschen: In Bochum, so stellt er es sich vor, will er ebenfalls zur Feuerwehr, dort eine kombinierte Ausbildung zum Notfallsanitäter und Brandmeister absolvieren. Christina Raykhenberg (Bezirk Mitte) will studieren, das weiß sie schon mit Bestimmtheit, nur was, das ist noch nicht so ganz klar. Chanel ist dagegen schon weiter in ihrer Entscheidung, hat sich für den Studiengang Veranstaltungsmanagement entschieden.

Jugendrat Gelsenkirchen: Mitglieder wollen das Interesse an politischer Arbeit wecken

Und ihre politische Arbeit? „Viel zu viel entscheiden heute die Erwachsenen, dabei ist das unsere Zukunft! Es ist nie zu früh, Interesse zu zeigen“, sagt die 16-jährige Christina in ihrem Steckbrief zur Wahl. Allzu konkret können sie aber noch nicht werden. Die konstituierende Sitzung des Jugendrats findet erst noch statt, Ende April, genauer am Donnerstag, 27. April. Dann stehen auch Wahlen auf der Tagesordnung, da geht es beispielsweise um die Spitzenpositionen oder darum, wer die Interessen junger Menschen im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familien vertritt. Und auch um Projekte, Ideen, das Leben in dieser Stadt gerade für die Jüngeren schöner und spannender zu gestalten.

Und sie wollen auch noch warten, denn die Ergebnisse der Jugendbefragung stehen aus. Sie sollen Maßstab sein für die Arbeit des Jugendrats. Von Oktober 2022 bis Februar 2023 hatte die Stadt alle jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 21 Jahren nach ihrer Meinung, nach ihren Interessen und Bedürfnissen gefragt, um sie noch stärker an jugendpolitischen Entscheidungen zu beteiligen zu können, die Angebote in Gelsenkirchen für sie noch besser zu machen. Die Ergebnisse sollen im Mai präsentiert werden.

Etwas genauer wird Finn Niklas dann aber doch noch: „Mir ist das Thema Sicherheit sehr wichtig“, sagt er. Und Ben nickt: „Mich stört es auch, dass es in Gelsenkirchen nicht sicher ist“, führt er an. Die beiden spielen vor allem auf die Vorfälle aus den vergangenen Monaten an – seit Wochen bestimmen jugendliche Raubserien das Stadtgespräch und die Schlagzeilen.