Gelsenkirchen. Kommt es bald wieder zu Warnstreiks? Für eine Erzieherin aus GE ist jedenfalls klar: „Der Kampf wird auf dem Rücken der Falschen ausgetragen.“

Während Oberbürgermeisterin und Arbeitgeber-Präsidentin Karin Welge auf der einen und die Gewerkschaften auf der anderen Seite aktuell in Potsdam in der dritten Tarifrunde versuchen, im aufgeheizten Tarifstreit einen Kompromiss für die Bezahlung im öffentlichen Dienst zu finden, ist für eine Erzieherin aus Gelsenkirchen klar, dass sie selbst dann nicht mehr auf die Straße geht, wenn keine Einigung gelingt und die Gewerkschaften erneut zu Warnstreiks aufrufen. „Ich bin Gewerkschaftsmitglied. Ich könnte streiken, aber ich würde es niemals tun“: Mit diesen Worten richtet sie sich an die WAZ Gelsenkirchen. „Dieser Kampf wird auf dem Rücken der Falschen ausgetragen.“

Es ist vor allem die Betreuung ihres kleinen Sohnes, welche die alleinerziehend

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    , 37-jährige Mutter zu ihrer Perspektive bewegt. Ihr Sohn werde in einer städtischen Kita betreut, die streikbedingt in diesem Jahr bereits fünf Mal geschlossen gewesen sei. „Die Oma hat dann versucht, sich etwas Zeit freizuschaufeln.“ Doch dies sei auch nur an zwei von fünf Tagen möglich gewesen. An den anderen Tagen habe sie ihren Sohn dann mit in ihre eigene Kita nehmen müssen, eine Einrichtung eines freien Trägers, wo sie nach Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst bezahlt werde. „Aber das war alles andere als einfach“, sagt die Gelsenkirchenerin, die aus Sorge vor großem Widerspruch lieber anonym bleiben möchte.

    Erzieherin aus Gelsenkirchen über Notgruppen: „Das tue ich meinem Kind nicht an!“

    „Denn meine Kita funktioniert ganz anders als die meines Kindes. Die Kinder sind älter, mein erst zweijähriger Sohn kennt niemanden. Ich kann nur schlecht meine Arbeit verrichten, mich schlecht auf die anderen Kinder einlassen“, erzählt sie. Eine Alternative sei zwar die Bedarfsbetreuung in einer Notgruppe – aber keine wirkliche. „Da habe ich also kleinschrittig mein Kind eingewöhnt, um es jetzt zu Fremden zu bringen, in eine fremde Umgebung?“ Für sie ist sicher: „Da mache ich nicht mit! Das tue ich meinem Kind nicht an!“

    Dass sich ihre Kolleginnen und Kollegen für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, sei zwar grundsätzlich richtig. „Aber das darf nicht auf Kosten unserer Familien, unserer Erziehungspartner, die auf uns zählen, passieren“, findet die 37-Jährige. „Und um 12.30 Uhr sitzen sie dann am Tisch im Restaurant, winken fröhlich in die Handykamera – während ich zwischen den Kita-Kindern versuche, mein eigenes Kind irgendwie schlafen zu legen“, überspitzt sie den Vergleich zwischen streikenden und arbeitenden Beschäftigten.

    Es gebe viele Kitas, die beides schaffen würden – „die zum Teil streiken und trotzdem gerade für die berufstätigen Eltern Betreuung für die Kinder in der gewohnten Umgebung anbieten.“ Nur überall sei dies eben nicht der Fall. „Und das muss sich ganz klar ändern“, findet die Gelsenkirchenerin. Es müsse künftig im Falle eines Streiks in allen Kindertagesstätten ermöglicht werden, einzelne Gruppen offenzuhalten. Solange nicht mindestens dies der Fall sei, bleibe ihr Unverständnis für die Streiks. „Ich verstehe, dass man auf die Straße geht für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen, gerade in unserer Berufssparte. Aber wir dürfen dabei unsere Familien nicht vergessen!“