Gelsenkirchen/Bochum. Karsten Z. hilft selbstlos bei einem Notfall. Wie der Bundespolizist die dramatischen Szenen eines schwerkranken Bochumers erlebt hat.
Wenn Karsten Z. an die dramatischen Szenen zurückdenkt, die sich an diesem frühen Freitagmorgen bei einem Notfall am Gelsenkirchener Hauptbahnhof abgespielt haben, dann schwingen Fassungslosigkeit und Resignation in seiner Stimme mit.
„Ich bin schockiert“, sagt der Polizeihauptkommissar, der lieber anonym bleiben will. Der Beamte leistete einem von starken Krämpfen geschüttelten Mann Erste Hilfe, verständigte den Rettungsdienst, während Reisende und Passanten „achtlos an dem hilflosen Bochumer auf dem eiskalten Boden vorbeigingen“.
Bochumer mit Schmerzen am Boden, Hilferufe verhallen, Passanten gehen achtlos vorbei
Es ist kurz vor halb sechs an diesem Freitag, als Bundespolizist Karsten Z. auf dem Weg zur Arbeit an den Fahrradständern vor dem Parkhaus am Südausgang des Hauptbahnhofes vorbeikommt und den 44-jährigen Mann am Boden liegen sieht. Der Bochumer, so schildert es der Retter, ist für jeden Vorbeikommenden gut sichtbar, bittet, von Schmerzen gepeinigt, Passanten, den Rettungsdienst zu verständigen. „Keiner aber reagiert, mindestens drei Reisende gehen einfach weiter“, erzählt der Beamte.
Das macht den Dortmunder fassungslos, zudem ist klar erkennbar, dass der Mann „nicht zur üblichen Trinker- oder Drogenszene gehört, die sich sonst am Bahnhof aufhält und sich im Rausch auch mal auf die Nase setzt“. Er sei ordentlich gekleidet gewesen, machte einen gepflegten Eindruck und habe sich klar artikulieren können. „Andernfalls hätte man dem Zögern der Passanten vielleicht noch etwas Verständnis entgegenbringen können – aber letztendlich gilt: Mensch ist Mensch“, ist der 53-jährige Bundespolizist überzeugt.
Bundespolizist erfährt: Hilfloser ist hochgradig an Krebs erkrankt, kam gerade aus Klinik
Der Dortmunder reagiert daher sofort, eilt dem Mann zur Hilfe, richtet ihn auf, spricht ihn an. Und erfährt, dass es das Schicksal mit dem Bochumer nicht gut meint. „Der arme Kerl ist hochgradig krank, er ist erst vor drei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden“, sagt der Polizeihauptkommissar. Der 44-Jährige sei Krebspatient, sei lange stationär behandelt worden. Sechs „eng bedruckte Seiten“ umfassten die Befunde und Entlassungspapiere, die der hilflose Mann bei sich trug.
Beatmen musste Z. den Patienten aus Bochum nicht. Nachdem er einen Notruf abgesetzt hatte, redete er dem Mann gut zu, stütze und tröstete ihn und verkürzte so die Minuten, bis die Notfallsanitäter eintrafen. Im Rettungswagen ging es für den 44-Jährigen kurz darauf ins Gelsenkirchener Marienhospital.
Was Karsten Z. besonders schockiert, ist die Teilnahmslosigkeit vieler. Und da spricht der Bundespolizist aus Erfahrung. „Mittlerweile posten Menschen lieber ein Foto oder Video von solchen Notfällen, als sich ein Herz zu nehmen und zu helfen. Das ist beschämend.“