Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen dürfen nun vier Nicht-Geistliche taufen: Wie die junge Gemeindereferentin Louisa Theisen (28) aus St. Urbanus damit umgeht.
Vehement verlangt, vielfach vermisst: Dass die katholische Kirche sich mit ihren Ämtern auch Laien öffnen möge, zumal weiblichen, lautet eine Kernforderung vieler Kritiker. Diakoninnen und Priesterinnen gibt’s wegen des päpstlichen Neins zwar auch im Bistum Essen nicht – aber ein bundesweit einzigartiges Projekt, an dem nun auch vier Frauen beteiligt sind, die in Gelsenkirchen arbeiten.
Im März war es, als Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck erstmals 18 Nicht-Geistliche als außerordentliche Taufspenderinnen und -spender beauftragte. In einer zweiten Runde ernannte er nun weitere 16, darunter die Gemeindereferentinnen Christiane Rother und Martina Melles (St. Augustinus), Barbara Strack (St. Hippolytus) und Louisa Theisen (St. Urbanus).
Bistum Essen weicht mit Beauftragung nicht nur in Gelsenkirchen von Taufpraxis ab
Damit weicht das Bistum Essen von der sonst üblichen Praxis ab, dass nur Kleriker das Sakrament der Taufe spenden dürfen. Eine Taufe durch Laien sieht das Kirchenrecht eigentlich nur für den „Notfall“ vor – also etwa bei Lebensgefahr. Es sei denn, der Bischof beauftragt andere Personen mit dieser Aufgabe, weil ein Priester oder Diakon nicht vor Ort oder verhindert ist. Und das ist aufgrund des zunehmenden Priestermangels durchaus der Fall, wie das Bistum selbst einräumt.
Dennoch: Bischof Overbeck sieht in diesem Konzept nicht nur „eine pastorale Notwendigkeit in krisenhaften Zeiten“: „Die Zeit der Krise ist auch eine wunderbare Zeit der Chancen“, sagte er in seiner Predigt im Beauftragungsgottesdienst.
Gelsenkirchener Gemeindereferentin Theisen sieht Tauf-Erlaubnis als „große Ehre“
St.-Urbanus-Gemeindereferentin Louisa Theisen (28) sieht sich tatsächlich nicht als „Notstopfen“, wie sie auf Nachfrage betont. Es sei eher eine „große Ehre, als Nicht-Klerikerin diese wunderschöne Aufgabe“ ausführen zu dürfen.
„Als ich davon erfahren habe, dass nun Laien die Taufe spenden dürfen, habe ich Tränen in die Augen bekommen“, freut sich die Mutter eines zweijährigen Sohnes, den Familien die Botschaft vermitteln zu können, „dass Gott immer bei uns ist“.
Viertägiger Kurs bereitete Gelsenkirchener Seelsorgerinnen auf Taufspenden-Amt vor
Für Gemeindereferentin Martina Melles (St. Augustinus) geht „ein jahrzehntelanger Wunschtraum in Erfüllung. Einen Menschen in die große Gemeinschaft der Glaubenden aufzunehmen, ist für mich ein Herzensanliegen. Die Zusage Gottes: ‚Du bist mein geliebtes Kind‘ ist das größte Geschenk, das wir bekommen können. Und dieses Geschenk darf ich nun in der Taufe überreichen.“
Bevor die vier Seelsorgerinnen ihr erstes Taufgespräch mit einer Familie führen können, mussten sie freilich einen viertägigen Vorbereitungskurs absolvieren, in dem Theorie und Praxis dieses Sakraments erläutert wurden. Dabei ging es nicht nur um die kirchenrechtliche Grundlage, sondern auch um ganz praktische Dinge, wie Louisa Theisen erzählt.
Gelsenkirchener Seelsorgerin Theisen hofft, dass der Funke auf die Familien überspringt
„Es sind ja nicht alle Taufspenderinnen und Taufspender selbst Eltern oder haben Routine im Umgang mit Babys. Nicht jeder mag da auf die Idee kommen, das Weihwasser vorzuwärmen, damit die Säuglinge nicht erschrecken.“ Ein weiterer Tipp lautete, dass Wasser möglichst nicht in die Augen laufen zu lassen, aber auch nicht den gesamten Hinterkopf zu „duschen“ – gerade im Winter ein hilfreicher Hinweis, wenn die Kirchen, wie angekündigt, nicht mehr geheizt werden.
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Auf ihre Taufpremiere darf sich die Gladbeckerin noch freuen. Sie individuell und persönlich zu gestalten, ist für sie selbstverständlich. „Natürlich berücksichtige ich, ob etwa noch weitere Kinder da sind, die etwa den Kopf des Täuflings abtrocknen können“, oder ob jemand Fürbitten vortragen möchte.
Dabei ist ihr durchaus bewusst, dass sie als Repräsentantin der katholischen Amtskirche eine gewisse Verantwortung hat, womöglich auch kirchenfernere Menschen wieder für die Botschaft Gottes zu begeistern. „Aber selbstverständlich spenden wir die Taufe nicht unter der Voraussetzung, dass die Familien danach regelmäßig in den Gottesdienst gehen. Wir hoffen vielmehr, dass die Taufe den Glauben stärkt. Und wenn ich für den Glauben brenne, springt vielleicht auch ein Funke zu ihnen über.“