Gelsenkirchen. Städtischer Referatsleiter Tino Gäfke erklärt: Wir haben Verantwortung für Schule, Nachwuchs und den Stadtteil. Was die Bürgerinitiative will.

Die Turmuhr in der Kirche Hl. Familie in Bulmke tickt nicht mehr, sie ist bei 12 Uhr stehen-geblieben. Der vertraute Glockenschlag ist verstummt, die Glocken sind bereits demontiert. Aus Sicht der Kirche ist das Ende des über 120 Jahre alten Gebäudes auch ohne Glockenklang längst eingeläutet. Die Freie Bürgerinitiative (FBI) kämpft um einen Teilerhalt der Kirche. Das Kirchengebäude steht zu Versammlungen nicht mehr zur Verfügung. So lud sie zur Informationsveranstaltung in die Gaststätte Mathey an der Florastraße ein.

FBI-Sprecher Manfred Kosubeck ist enttäuscht, dass die Kirche die „Glocken klammheimlich ausgebaut und die Uhr stillgelegt“ habe. Propst Markus Pottbäcker bestätigte, dass es keine Veranstaltungen in der Kirche mehr gebe und die Glocken eingelagert seien. An Gesprächen mit der Initiative sei man nach wie vor interessiert. Doch werde nicht jede Veränderung gleich der Initiative mitgeteilt. Auch die Mitglieder der BDI streben einen Dialog mit der Kirche an, um zumindest über alternative Nutzungsmöglichkeiten und einen möglichen Erhalt des Turms nachzudenken. Auf einer Unterschriftenliste haben sich 350 Bürger für den „Erhalt des 120 Jahre alten „Bulmker Wahrzeichens“ ausgesprochen.

Was sagt die Stadt Gelsenkirchen zum Thema Kirche Hl. Familie?

Was sagt die Stadt zu dem Prozess, wollten die Mitglieder der FBI wissen. Dazu hatte sie Tino Gäfke, Referatsleiter für Hochbau und Liegenschaften, eingeladen. Der Verwaltungsmann widersprach zunächst dem Eindruck einiger Bürger, die Stadt reiße gerne ab und vernachlässige ihre Aufgaben, auch am Erhalt des Stadtbildes interessiert zu sein. Der Stadt sei bewusst, dass es in der Diskussion um Turnhallenbedarf contra Stadtteilbild gehe.

Dialog aufrechterhalten

Die Freie Bürgerinitiative (FBI) will sich weiter aktiv mit der Zukunft der Kirche und des Stadtteils auseinandersetzen. Zum nächsten Treffen sollen auch Vertreter der Kirche eingeladen werden.

Aus Sicht des Bistums lässt sich das Grundstück besser vermarkten als bei ähnlichen Fällen von Kirchenschließungen. Das Gebäude an der Wanner Straße steht nicht unter Denkmalschutz.

Die Stadt, so Gäfke, habe eine Verantwortung für Schule, Nachwuchs und den Stadtteil. Aufgabe der Stadt sei es, den Schulraum abzudecken und nicht das Kirchengebäude zu retten. Die Schließung der Kirche sei nicht die Idee der Stadt gewesen. Im Schulentwicklungsplan ist unter anderem auch ein Mehrbedarf an Sporthallen festgehalten. Im intensiven Austausch mit der Kirche, so Gäfke, habe man Interesse am Erwerb eines Teilgrundstücks im nördlichen Bereich für den Bau einer Dreifeld-Turnhalle angemeldet. Die Kirche wolle im südlichen Bereich zur Wanner Straße Kindergarten und Wohnungen bauen. Den Abriss wolle die Kirche in Eigenregie durchführen.

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Bisher existiert eine Machbarkeitsstudie, Verträge sind noch keine abgeschlossen worden. Wenn die Stadt kaufe, versicherte Gäfke, werde man eine kleinstmögliche Fläche erwerben. Die Stadt sei daran interessiert, dass keine Bauruine entstehe.

Turm als Landmarke erhalten

Die katholische Kirche Heilige Familie steht nahe dem Gauß-Gymnasium.
Die katholische Kirche Heilige Familie steht nahe dem Gauß-Gymnasium. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Lutz Heidemann, ehemaliger Stadtplaner, ist überzeugt, dass die Stadt eine Moderatorenrolle in Gesprächen mit der Kirche und den Bürgern übernehmen könne. Es gehe bei der Schließung der Kirche als sakraler Ort auch um das zukünftige Stadtbild, Originalität und Gestaltungsmöglichkeit. Der 84-Jährige ist überzeugt, dass die Stadt als politisches Gebilde eine Gemeinschaftsaufgabe zu vertreten habe, die Interessen der Kirche wahrzunehmen, aber gleichzeitig die Identifikation der Menschen herauszustellen.

Architekt Reinhard Christfreund kann sich eine Turnhalle im südlichen Teil der Kirche vorstellen. Von der Kirche erwartet er, den Turm als Landmarke zu erhalten und beim Raumprogramm Wohnung und Kitas um den Turm herum einzurichten. Lutz Heidemann blickte schließlich mit Wehmut in die Entstehungsgeschichte der Kirche: „Einst wurde das Grundstück durch Spenden finanziert, heute ist es zur Manövriermasse vom Bistum geworden.“