Gelsenkirchen. Wo Landwirte in Gelsenkirchen überraschend gute Erträge eingefahren haben. Und bei welchen Feldfrüchten die Dürre doch zugeschlagen hat.

Brütende Hitze um die 40 Grad, kaum Regen: Während der Sommer 2022 gute Chancen hat, mit seiner Jahrhundertdürre in die Geschichtsbücher einzugehen, kämpfen die Landwirte noch mit deren Folgen. Wer allerdings vom vertrockneten Grün seines Privatgartens auf die Feldfrüchte der Bauern schließt, springt offenbar zu kurz. So mancher Gelsenkirchener Landwirt gerät gar ins Schwärmen, wenn er über seine Ernte spricht.

„Das Erdbeer-Jahr war sehr gut“, berichtet etwa Michael Föcker vom Eckermannshof in Resse, der auf einer Gesamtfläche von rund 90 Hektar auch Gerste, Kartoffeln, Bohnen und Kürbisse anbaut; darüber hinaus hält er 300 Gänse, 800 Hühner und 120 Milchkühe. „Spätfrost und Starkregen gab es nicht, so dass wir bei Erdbeeren nicht die sonst üblichen Ernteausfälle von 15 Prozent zu verzeichnen hatten.“ Die Verkaufspreise hätten wegen dieses Überangebots zwar insgesamt gelitten, dennoch sei es gelungen, sämtliche Früchte im Hofladen oder an Selbstpflücker zu verkaufen.

Gelsenkirchener Landwirt: „Getreide-Ernte war so gut wie lange nicht mehr“

Der Gelsenkirchener Landwirt Michael Föcker ist mit den Erträgen des Dürre-Sommers 2022 zum Teil sehr zufrieden, besonders bei Erdbeeren und Getreide.
Der Gelsenkirchener Landwirt Michael Föcker ist mit den Erträgen des Dürre-Sommers 2022 zum Teil sehr zufrieden, besonders bei Erdbeeren und Getreide. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die Getreide-Ernte sei in diesem Jahr „so gut wie lange nicht mehr“, weil die Pflanzen im Frühjahr noch genügend Regen zum Wachstum bekommen hätten. „Überraschend gut“ hätten sich auch die Butternut-Kürbisse entwickelt. Lediglich die (geringere Anzahl) angebauter Halloween-Kürbisse weise nun einige Fäulnisstellen auf. „Insgesamt handelt es sich aber auch bei den Kürbissen um eines der erfolgreichsten Jahre überhaupt.“

In Bezug auf andere Feldfrüchte fällt sein Urteil durchwachsen aus: Beim Mais konnte der Familienbetrieb nur 80 Prozent der erwarteten Erträge einfahren, was angesichts der großen Trockenheit „noch in Ordnung“ sei, so Föcker.

Gelsenkirchener Kartoffeln fallen wegen der Dürre kleiner aus

Sehr unterschiedlich sei auch die Ernte bei den Bohnen ausgefallen: Sei sie auf der ersten Fläche noch „ganz gut“ gewesen, so hätten die Pflanzen auf dem zweiten Feld wegen des fehlenden Regens so gelitten, dass er sie gar nicht erst gepflückt habe. Immerhin erwartet Föcker für die dritte Fläche, die er wegen der Nähe zum Haus bewässern konnte, eine 100-Prozent-Ausbeute.

Die Kartoffel-Ernte steht noch an, die Knollen seien zwar gut ausgebildet, aber deutlich kleiner als gewöhnlich. „Für die industrielle Pommes-Herstellung sind Kartoffeln in diesem Jahr also eher nicht zu gebrauchen, was sich klar im Preis niederschlagen wird.“ Auch beim Grünschnitt, der als Tierfutter verwendet wird, muss er Einbußen hinnehmen. „Statt fünf bis sechs Schnitten sind es in diesem Sommer nur vier bis fünf, die auch noch schlechter ausfallen.“

Gelsenkirchener Bauer: „Unsere Erträge sind noch relativ gut“

Ortslandwirt Hubertus Hölscher aus Gelsenkirchen-Resse verzeichnet leicht überdurchschnittliche Erträge bei Dinkel und Weizen.
Ortslandwirt Hubertus Hölscher aus Gelsenkirchen-Resse verzeichnet leicht überdurchschnittliche Erträge bei Dinkel und Weizen. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Dennoch will der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Lokalvereins nicht jammern: „Wir Landwirte in Gelsenkirchen dürfen uns nicht zu laut beschweren, unsere Erträge sind noch relativ gut. Im Münsterland mit seinen sandigeren Böden sieht’s viel schlechter aus.“

Ortslandwirt Hubertus Hölscher aus Resse, der in Gelsenkirchen, Dorsten und Herten rund 30 Hektar Fläche bewirtschaftet, sieht das ähnlich. „Natürlich war der Sommer viel zu heiß und trocken. Aber 2018 war schlimmer“, meint er. Sein Fazit in Sachen Ernte 2022? „Pauschal lässt sich das selbst bei meinen Feldern gar nicht sagen, es hängt vom Standort ab. Ich würde sagen: Dieses Jahr ist kurios.“

Erträge bei Dinkel und Weizen in Gelsenkirchen „leicht überdurchschnittlich“

Die Erträge beim Dinkel und Weizen seien etwa „leicht überdurchschnittlich“, auch die Rapsernte sei gut, ebenso die der Kürbisse. Dies führt er auch darauf zurück, dass er zwischen die Pflanzen eine dicke Schicht mit Kompost bzw. Mulch verteilt hat, die im oberen Bereich zwar eintrocknet, dafür aber die tieferen Bodenschichten vor dem Austrocknen bewahrt. Die noch nicht ganz abgeschlossene Kartoffelernte sehe ebenfalls „sehr gut“ aus, sowohl was die Menge als auch was die Qualität angehe.

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Beim Mais hingegen konnte er nur die Hälfte der erwarteten Menge ernten, weil der Regen fehlte, „und das, obwohl die Pflanzen zwei Meter tiefe Wurzeln ausbilden.“ Einbußen musste Hölscher ebenso beim Grünschnitt und Ackergras hinnehmen. „Da fehlt eine Ernte, das war ein Totalausfall.“ Angesichts des Arbeitsaufwandes und der Dieselkosten für die Maschinen sei dies „ein Trauerspiel“.

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Welche Konsequenzen er fürs nächste Landwirtschaftsjahr aus den immer öfter auftretenden trockenen, regenarmen Sommern zieht? „Das Klima ist schon eine Herausforderung“, räumt er ein. „Ich denke, wir müssen uns künftig breiter aufstellen und mehr Fruchtsorten anbauen in der Hoffnung, dass das durchschnittliche Betriebsergebnis dann wirtschaftlich passt.“ Ohnehin dürfe man nicht in einer Ernte das Allheilmittel sehen. „Wir planen mit dem Schnitt von sieben bis zehn Jahren.“

Ortslandwirt Hölscher kritisiert Einkaufsverhalten

Was die wirtschaftliche Situation der Landwirte jenseits des Klimawandels auch noch bestimmt, sind die Vorgaben der Politik und das Einkaufsverhalten der Verbraucher. Ortslandwirt Hubertus Hölscher beklagt da, dass die Preisgestaltung vielfach wichtiger sei als Herkunft, Umweltschutz – und die Sicherung der Lebensmittelproduktion in Deutschland.

„Wenn die Leute nicht saisonal und regional kaufen, sondern jedes Gemüse, jede Frucht das gesamte Jahr über essen wollen, werden die mit viel Energie im Gewächshaus angebauten Produkte Tausende von Kilometern weit transportiert. Das kann doch nicht richtig sein“, fordert er ein Umdenken, erst recht in Zeiten der Energiekrise.