Gelsenkirchen-Buer. Event in Gelsenkirchen-Buer präsentiert weniger Show und Spektakel, dafür mehr moderne Licht- und Videokunst. Erste Eindrücke und Reaktionen.
Wer magisch beleuchtete bunte Bäume und Sträucher, funkelnde Objekte, fantastische Illuminationen und tanzende Lichter erwartet hatte, wurde enttäuscht. Wen aber hochkarätige Video- und Lichtkunst interessierte, der kam auch am Mittwochabend voll auf seine Kosten. Das vierte „Goldstücke“-Spektakel in Gelsenkirchen-Buer knipste die Lichtschalter erstmals nicht im namensgebenden Goldbergpark an, sondern vor dem Kunstmuseum an der Horster Straße. Hier sorgte die Projektion bewegter Stadtbilder auf die Alte Villa für einen echten Hingucker.
Bis Sonntag, 2. Oktober, leuchtet die City von Buer an unterschiedlichen Stationen vom Rathaus bis zur St. Urbanus-Kirche. Und sie glänzt ganz einmalig, denn alle Arbeiten beziehen sich direkt auf den jeweiligen Ort, entstanden eigens für das Festival. Ein leuchtendes Spektakel wie in vielen anderen Städten auch? Diesmal tatsächlich nicht. Allerdings war der Besucherstrom am Eröffnungsabend auch so gering wie noch nie.
OB Karin Welge weist auf viele „Goldstücke“ in Gelsenkirchen hin
Oberbürgermeisterin Karin Welge begrüßte die Besucher vor dem Museum zu einer „kostbaren Veranstaltung im öffentlichen Raum“: „In dieser Stadt befinden sich so manche Goldstücke. Es kann nicht schaden, das eine oder andere davon wieder zum Glänzen zu bringen.“ In Zeiten, in denen die Menschen zum Energiesparen aufgerufen seien, habe man sich die Entscheidung für das Lichterfestival nicht leicht gemacht. „Die Werke aber funktionieren vergleichsweise stromsparend.“ Außerdem schließe man die Innenräume nun eine Stunde früher als geplant. Orte wie das Museum oder der Kunstraum Werkstatt bleiben nun also nur bis 22 Uhr geöffnet. Die Objekte im Freien werden 22.30 Uhr abgeschaltet.
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Das Festival, maßgeblich gefördert durch die Stiftung der Sparkasse Gelsenkirchen, erstmals aber auch durch das NRW-Kulturministerium, gibt sich in diesem Jahr ein Thema. Internationale Künstlerinnen und Künstler spüren auf Einladung der Kuratorin Bettina Pelz den „Texturen der Stadt“ nach. Zum Beispiel im Goldbergpark, sonst Ort eines wunderbar magischen, publikumswirksamen Spektakels. Der Wow-Effekt entsteht dennoch, nur leiser und subtiler. Das Künstler-Duo Detlef Hartung und Georg Trenz verwandelt den Park in eine großflächige begehbare Lichtlandschaft aus leuchtenden Worten, bezieht Fassade und Turm der Himmelfahrt-Kirche ein.
Assistenten und Assistentinnen erklären die Kunstwerke
Flaneure versuchen teils verzweifelt, den Sinn zu erkunden. „Hier taucht immer wieder das Wort Gold auf, dort steht Esel, was heißt das?“ Kein Problem, da springt auch schon ein Kunstvermittler zur Seite und liefert Erklärungen. Diese Assistenten stehen an jeder Station bereit, sind ansprechbar, kundig. Dafür ist so mancher Gast dankbar, andere lassen die schleierhaften Buchstaben-Teppiche einfach auf sich wirken.
Die gebürtige Gelsenkirchenerin Lara Lehmann ist eine der im Vorfeld ausgebildeten Kunstvermittlerinnen. Die 25-jährige Studentin steht vor dem Portal der St. Urbanus-Kirche, die dem Festival diesmal die spektakulärste Bühne bietet. „Die Menschen sind sehr offen für Informationen, das macht Spaß.“ Begeistert ist sie wie alle anderen auch von den jeweils 30-minütigen, raumfüllenden Inszenierungen im Inneren des Gotteshauses. Die Shows sind atemberaubend in ihrer großartigen Mischung aus üppigen, poetischen Lichtprojektionen und darauf reagierender Musik. Künstler Kurt Laurenz Theinert empfiehlt, den Raum einfach zu genießen: „Wir haben keine Botschaft, vermitteln keine Meinung, schauen Sie nur und machen sich eigene Gedanken.“ Passender Werk-Titel nach Goethes Faust: „Augenblick, verweile doch“.
Plastikmüll wird zu Lichtkunst
Noch bis zum 2. Oktober zu erleben
Das Licht-Kunst-Festival „Goldstücke“ ist bis zum 2. Oktober täglich ab 19.30 Uhr an zehn Standorten zu erleben. Die Innenräume schließen um 22 Uhr, draußen geht um 22.30 Uhr das Licht aus. Der Eintritt ist frei. Am Freitag lädt bis 21 Uhr das Late-Night-Shopping ein.
Die Veranstaltungen in St. Urbanus: 20 Uhr, 20.45 Uhr, 21.30 Uhr. Alle aktuellen Informationen finden sich im Onlinekatalog unter www.goldstuecke.net.
In eine faszinierend flirrende Leinwand verwandelt die Kölner Künstlerin Gudrun Barenbrock die Außenfassade des Museums. Eine weithin sichtbare Installation, die zu den Lieblingswerken von Sammlungsleiterin Christiane Wanken zählt: „Hier sind Häuser, Straßenzüge, Strukturen dieser Stadt zu sehen.“
Gleich gegenüber rast die Zeit: Im historischen Kassenhäuschen der Schauburg dreht sich das leuchtende Wort „Zeit“. Auch hier passend der Titel: „Times goes by“. Wunderschön am Rad dreht das Kunstwerk über dem Eingang der Stadtsparkasse am Springemarkt. Lars Meeß-Olsohn präsentiert ein dynamisches Spiel aus Licht und Bewegung. Tanzende Lichtbilder faszinieren in der Werkstatt und im alten Egons Laden. Bewegung auch im Festivaltreffpunkt an der Ophofstraße 19, wo Martina Dal Brollo Plastikmüll aus Gelsenkirchen in Lichtkunst verwandelt.
Zur Eröffnung flanierten nur wenige Menschen über die Hochstraße, als die leuchtenden Walking Acts, die Stelzenläufer und Jongleure für Glanz und Unterhaltung sorgten. Insgesamt fielen die notierten Reaktionen der Premierenbesucher entsprechend der stärkeren Ausrichtung hin auf die moderne Kunst unterschiedlich aus und reichten von „Haut mich diesmal nicht so um“ bis „Endlich mal was anderes als sonst überall üblich“.