Gelsenkirchen/Essen. Ein Kinderarzt vergeht sich am Krankenbett in einer Gelsenkirchener Klinik an drei Mädchen. Jetzt sind sogar weitere Vorwürfe bekanntgeworden.

Damit hatte wohl keiner mehr gerechnet. Im Prozess um sexuelle Übergriffe in einem Gelsenkirchener Krankenhaus hat der angeklagte Kinderarzt doch noch ein Geständnis abgelegt. Am Donnerstag ist er verurteilt worden. Die Strafe: zweieinhalb Jahre Gefängnis. Außerdem darf der Angeklagte drei Jahre lang keine weiblichen Patienten mehr behandeln.

„Nach diesem Urteil werden Sie wahrscheinlich keine Anstellung mehr finden“, sagte Richterin Dorothee Endriss bei der Urteilsverkündung. Der Angeklagte habe seine Stellung als Arzt ausgenutzt, um junge Patientinnen sexuell zu missbrauchen.

Gelsenkirchener Kinderarzt verurteilt: Mädchen brachen vor Gericht in Tränen aus

Im Prozess vor der 17. Strafkammer des Essener Landgerichts ging es um drei Mädchen, zur Tatzeit 14 und 15 Jahre alt. Zwei hatten als Zeuginnen vor Gericht erscheinen müssen – beide waren in Tränen ausgebrochen. Die Schülerinnen waren mit Bauchschmerzen auf die Kinderstation eines Gelsenkirchener Krankenhauses gekommen und dort von dem Angeklagten untersucht worden. „Er war sehr nett“, hatten sie später bei der Polizei zu Protokoll gegeben. „Viel netter, als die anderen Ärzte.“

„Seine Art, mich anzufassen, hat mir Angst gemacht“

Doch kaum hatte die Behandlung begonnen, änderte sich die Stimmung. „Seine Art, mich anzufassen, hat mir richtig Angst gemacht“, so eine der Schülerinnen. „Ich habe Panik gekriegt.“ Um die Gedanken zu vertreiben, habe sie sich damals sogar aus dem Krankenhaus geschlichen und sei bestimmt eine Stunde lang draußen geblieben. „Ich habe mich nicht mehr zurückgetraut.“

In der Anklage war von Brustmassagen unterhalb des BHs und von weiteren intimen Berührungen die Rede. Ein „Nein“ habe der Angeklagte nicht akzeptiert, hieß es im Urteil.

Es war die erste Anstellung des Gelsenkirchener Kinderarztes

Der Kinderarzt war im Sommer 2019 auf die Station gekommen. Es war seine erste Anstellung nach seiner Flucht aus Syrien, wo er ausgebildet worden war. Wenige Wochen später kam es zum ersten Übergriff. Zum Prozessauftakt hatte der 35-Jährige die Vorwürfe noch vehement bestritten und von einer ganz normalen Behandlung gesprochen. Die Mädchen hätten über Brust und Bauchschmerzen geklagt, da habe er sie abgetastet. So lautete seine Erklärung.

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Am zweiten Verhandlungstag dann jedoch die Wende. Nun gab er doch noch alles zu. Es sei irgendwie mit ihm durchgegangen, so seine Erklärung. Es sei eine Gelegenheit gewesen, die sich plötzlich geboten habe. „Dafür möchte ich mich entschuldigen.“

Weitere Verurteilung des Kinderarztes durch Richter in Krefeld

Seinen Arztausweis hat er nach eigenen Angaben bereits an die Ärztekammer zurückgeschickt. „Obwohl er den Job liebt“, so sein Verteidiger, der eine Bewährungsstrafe beantragt hatte. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe und dem Ende seiner Tätigkeit in Gelsenkirchen hatte der Angeklagte übrigens noch einmal eine neue Anstellung gefunden – diesmal in Krefeld. Auch dort soll es zu sexuellen Übergriffen auf eine Patientin gekommen sein. Das dortige Amtsgericht hatte ihn deshalb in einem etwas früheren Prozess schon zu einem Jahr und sieben Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

Dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Hier hat der Angeklagte Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden worden ist. Außerdem war auf einem Laptop des 35-Jährigen Kinder- und Jugendpornografie gefunden worden. Dieser Anklagepunkt ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft allerdings eingestellt worden.