Gelsenkirchen. Dr. Dörte Bergmann folgt Silvia Fleck als Präsidentin am Sozialgericht Gelsenkirchen. Warum sie zurück zu ihren Wurzeln kehrt.
Die Justiz wird immer weiblicher. Auch in Gelsenkirchen. So übergab beim jüngsten Personalwechsel am Sozialgericht eine Frau den Führungsstab an eine Nachfolgerin. Silvia Fleck verabschiedete sich in den Ruhestand, Dr. Dörte Bergmann heißt ihre Nachfolgerin als Präsidentin. Die 45-jährige Richterin kehrt zu ihren Wurzeln zurück. Mit 29 Jahren hatte die Juristin ihre richterliche Laufbahn beim Sozialgericht in Gelsenkirchen begonnen.
Sie ist am Niederrhein aufgewachsen, weiß die Denkweise, die direkte Art und unverblümte Sprache im Ruhrgebiet zu schätzen. „Die Menschen hier“, sagt die neue Chefin, „sind offen, herzlich, reden wie sie auch denken.“ Und warum entschied sie sich für die Sozialgerichtsbarkeit?
Sie habe während ihres Jurastudiums viele unterschiedliche Bereiche kennengelernt, erinnert sich Dörte Bergmann. Sie arbeitete in Unternehmen wie auch in Anwaltskanzleien, lernte die unterschiedlichen Facetten der Juristerei kennen. Die 45-Jährige erinnert sich an ein Gespräch mit einer Kommilitonin, die ihr viel Positives über die Sozialgerichtsbarkeit und den Reiz des Justizbereichs berichtet hatte.
Bergmann: „Ich merkte, dass ich sehr interessiert war, mich auch beruflich intensiver mit den Sorgen der kleinen Leute zu beschäftigen.“ Und Gelsenkirchen, das sei ihr bewusstgeworden, gelte auch als eines der Kerngebiete mit sozialen Brennpunkten. Aufgaben am Menschen und für den Menschen zu sehen, habe sie sich als Leitbild gesetzt.
Die Gründe für Entscheidungen verständlich erläutern
Sie sieht ihre Aufgabe darin, Klägern zu verdeutlichen, warum Behörden bestimmte Bescheide erlassen haben. „Ich muss ihnen die Gründe für Entscheidungen erläutern und auch die Sprache verständlich machen.“ Häufig kommt es vor allem bei Klagen zur Grundsicherung (Hartz IV) vor, dass Kläger die oft umständliche Begründung von Bescheiden nicht verstehen.
Immer häufiger müssen behördliche Entscheidungen von Sozialgerichten überprüft werden. „Klagen haben zugenommen, die Tendenz wird sich fortsetzen“, ist Dörte Bergmann überzeugt. Die Themen Bürgergeld und Grundrente könnten in Zukunft für zusätzliche Arbeit der Richterinnen und Richter sorgen. In über 50 Kammern entscheiden die Kolleginnen und Kollegen über Streitigkeiten der Parteien. Neben Bescheiden zur Grundsicherung müssen sich die Gerichte mehr und mehr mit den Streitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen auseinandersetzen. Immer geht es um die Abrechnungen der angefallenen Kosten.
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Dabei werden die Teams im Gericht aktuell mit zusätzlicher Arbeit konfrontiert. Die elektronische Akte wird Papierberge abbauen. Schon heute sind Behörden und Anwälte verpflichtet, elektronisch mit dem Gericht zu kommunizieren. Kläger können nach wie vor auf herkömmlichem Weg ihre Klage einreichen. Das persönliche Gespräch der Kläger mit dem Gericht hält die Präsidentin immer noch für eine gute Kommunikationsbasis.
Richterinnen und Richter im Homeoffice
Die Elektronik wird mehr und mehr auch im Gerichtssaal Einzug halten. Dörte Bergmann: „Wir haben schon gute Erfahrungen mit Videokonferenzen gemacht.“ Die Öffentlichkeit der Verhandlungen ist dann über Bildschirme im Gerichtssaal garantiert. Eine weitere Folge technologischer Fortschritte. Es sind schon einige Vereinbarungen mit Richterinnen und Richtern getroffen worden, im Homeoffice arbeiten zu können.
Der zunehmende elektronische Einzug in die Gerichtssäle ändere nichts an dem Leitbild, das für die neue Präsidentin gelte. Dörte Bergmann: „Ich werde weiter nahe am Menschen arbeiten, ihnen Entscheidungsgründe verständlich machen und möchte möglichst zufriedene Parteien erleben.“