Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen gibt es eine kontroverse Gesprächsrunde über den zukünftigen Platz der Klimsch-Skulptur: Goldbergpark oder Museum?
Wohin mit der „Olympia“? Zurück in den Goldbergpark am buerschen Busbahnhof, wo sie über ein halbes Jahrhundert lang ihr Zuhause hatte, oder ab ins Gelsenkirchener Museum, um leichter Licht auf ihre dunkle Vergangenheit werfen zu können? Darum kreiste am Donnerstagabend eine Gesprächsrunde mit dem Nürnberger Kunsthistoriker Wolfgang Brauneis im Kunstmuseum, wo die Bronzefigur von Fritz Klimsch (1870-1960) derzeit in einer kleinen Dokumentationsschau zu sehen ist.
Das Fazit vorweg: Es gab keine eindeutige Antwort. Stattdessen blieben viele Fragen offen. Die Positionen der wenigen Besucherinnen und Besucher waren geteilt, die Mehrheit tendierte eher zur Rückkehr der Olympia an ihren Stammplatz im Park. Andere plädierten vehement dagegen. Einigkeit allerdings herrschte darüber, dass die nackte Dame, deren Originalguss einst im Garten von Adolf Hitlers Amtssitz stand, auf jeden Fall nur mit Informationen über ihren Entstehungskontext wieder aufgestellt werden dürfe.
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Im Jahre 1958 kaufte die Stadt die Skulptur bei der Kölner Galerie Abels an und platzierte sie dann in den Goldbergpark. Mit dem Umbau des Busbahnhofs Buer 2016 verschwand die Olympia von der Bildfläche. Fragen von Bueranern nach dem Verbleib der Figur wurden von der Stadt zunächst mit dem verzögerten Parkumbau beantwortet, später mit der Notwendigkeit einer Restaurierung der beim Abbau beschädigten Skulptur. So lautete eine der Fragen der Gesprächsrunde an Sammlungsleiterin Christiane Wanken, wo die Figur beschädigt sei („Hat die einen offenen Rücken?“) und warum die Bronze noch immer nicht restauriert sei. Nun, am Montag gleich nach Ausstellungsende am 21. August, versprach Wanken, ginge die Olympia in die Werkstatt. Vor allem, um verrostete Verstrebungen und bei der Demontage beschädigte Befestigungen zu reparieren.
Gelsenkirchener Skulptur mit schwieriger Vergangenheit und offener Zukunft
Gastexperte Wolfgang Brauneis, der im vergangenen Jahr die Berliner Ausstellung „Die Liste der Gottbegnadeten Künstler des Nationalsozialismus“ (auf der auch Klimsch stand) kuratiert hatte, informierte über den unterschiedlichen Umgang von Kommunen mit dieser Kunst: „Einige versehen solche Werke mit Infotafeln oder QR-Codes, andere entscheiden sich für eine rein museale Präsentation.“ Letztere präferiert Christiane Wanken: „Das Wissen über die Entstehung zu vermitteln wäre im Museum leichter.“ Auch dafür gab es Zustimmung.
Brauneis sprach sich vor allem gegen ein „Wegschließen“ von in dunkler Zeit entstandener Kunst aus: „Man muss sich damit auseinandersetzen.“
Das wollten auch die durchweg gut informierten und interessierten Besucherinnen und Besucher. Einer suchte nach Bewertungskriterien: „Ich könnte beim Betrachten der Olympia nicht auf Anhieb sagen, dass das nationalsozialistische Kunst ist.“ Andere beklagten, dass diese Debatte nicht schon viel früher stattgefunden habe. Brauneis: „Das ist tatsächlich ein noch junges Thema, wird in der Breite erst seit 2010 diskutiert.“ Er selbst nutzt übrigens den Begriff „Nazi-Kunst“ bewusst nicht: „Man muss differenzieren.“ Auf die Frage eines Besuchers nach der Veranstaltung, ob Fritz Klimsch ein Nazi gewesen sei, sagte Brauneis: „Das weiß ich nicht, das kann man so nicht behaupten.“ Warum die Olympia 1990 unter Denkmalschutz gestellt wurde, das konnte Christiane Wanken nicht beantworten.