Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Haushalt steht im Netz: Innovativ und interaktiv werden Daten, Zahlen, Fakten versprochen. Funktioniert’s? Ein Praxistest.

Hunderte Seiten, zigtausende Zahlen, Produkte, Positionen, geordnet nach einer Hierarchie-Struktur, die sich auch auf den dritten Blick nicht leicht erschließt – und das alles in einem prall gefüllten Aktenordner, der all das vereint, was in Gelsenkirchen in Euro und Cent zählt: Einnahmen, Ausgaben, Investitionsvorhaben, Schulden, Transferleistungen. Das ist der Gelsenkirchener Haushalt. Nun ja, nicht ein Buch, aber eben ein Druckwerk mit sieben Siegeln. Die Verwaltung ist angetreten, Transparenz zu schaffen zwischen den Zahlenkolonnen. Sie hat im April den ersten interaktiven Haushalt ins Netz gestellt, inklusive acht Seiten Benutzungshinweise für den Weg durch Produktbereiche und Gliederungsebenen. Einzusehen über www.gelsenkirchen.de/haushalt.

Auf Papier oder digital – der Gelsenkirchener Haushalt ist eher was für Spezialisten

Das Ziel ist klar definiert: War der Haushalt bislang ein Fall für Spezialisten, sollen nun Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener sowie die übrige interessierte Öffentlichkeit einen möglichst unkomplizierten und anwenderfreundlichen Einblick in den städtischen Haushaltsplan und damit in die Gelsenkirchener Haushaltslage (bis 2025) erhalten können. Das Spektrum reicht vom groben Gesamtüberblick bis zu Ertragsdetails. Die Verwaltung hat dabei auf ein gekauftes Programm zurückgegriffen, das sie mit dem Zahlenwerk „gefüttert“ und als interaktive App ins Internet gestellt hat.

Zusammenhänge werden mithilfe von Diagrammen und Grafiken veranschaulicht

Der interaktive Haushalt bilde – vom groben Gesamtüberblick bis ins Detail – das Zahlenwerk des städtischen Haushalts 2022 in übersichtlicher Weise ab, verspricht die Fachverwaltung. Nutzer könnten intuitiv zu den gewünschten Informationen navigieren. „Haushaltsinhalte und -zusammenhänge werden mithilfe von Diagrammen und Grafiken veranschaulicht. Ausgewählte Kennzahlen setzen einzelne Werte in Relation zur Einwohnerzahl und ermöglichen es, den Haushalt der Stadt Gelsenkirchen mit Haushalten anderer Städte zu vergleichen.“

So weit der Anspruch. Weiter zum Praxistest und zu drei Etatfragen, die probeweise geklärt werden sollen:

1. Wie ist die Ertragslage der Wirtschaftsförderung?

In der Menüführung sollte der Reiter „Wirtschaft und Tourismus“ ans Ziel führen. Angeklickt taucht sofort die Wirtschaftsförderung auf, mit zumindest vier weiteren Unterpunkten. Belassen wir es einfachheitshalber bei der Produktgruppe mit Teil-Ergebnisplan und den wichtigsten Diagrammen. Die „Fieberkurven“ zeigen: Die Aufwendungen stiegen von 1,5 Millionen Euro im Jahr 2020 (Ergebnis) auf (Plan) 2,5 Millionen Euro 2021 und 2,7 Millionen Euro 2022.

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Die Erträge steigen in dieser Zeit von 71.000 Euro auf (Plan 2021) 428.000 und 2022 schließlich 560.000 Euro. Die Aufwendungen für Personal und Sach- sowie Dienstleistungen lagen zusammen knapp 700.000 Euro über dem Vorjahresplan.

2. Wie hoch sind die Zuschüsse für Musiktheater und Neue Philharmonie Westfalen?

Klar, unter den Rubriken führt das Programm „Kultur“ auf. Das sollte zielführend sein. Also angeklickt. Im Suchfeld das Stichwort Musiktheater angegeben. Siehe da: Produktgruppe 2507 samt Teilergebnisplan taucht auf – für „Musiktheater im Revier (MiR), Neue Philharmonie Westfalen (NPW), unten auf der Seite dann die Aufteilung der Ergebnisse, grafisch aufbereitet. Wir sehen: Laut Plan hatte das MiR 2021 einen Zuschussbedarf von 14,95 Millionen Euro, 2022 werden es 15,18 Millionen sein. Der Zuschuss 2021 für die NPW wird mit 4,5 Millionen Euro angegeben, 2022 werden es 4,7 Millionen Euro sein. Ein dicker roter Balken dokumentiert: Die Transferaufwendungen liegen zusammen um 424.000 Euro über dem Plan des Vorjahrs.

3. Wie viel Hundesteuer nimmt die Stadt ein?

Die Antwort dürfte sich hinter der Rubrik Allgemeine Finanzwirtschaft verbergen. Fenster zwei öffnet sich: Zentrale Finanzwirtschaft, Unterrubrik Steuern und Abgaben. Sollte richtig sein. Doch weiter in die Tiefe des Systems geht es hier nicht. In der Suchfunktion „Hundesteuer“ eingegeben. Treffer! Ein Ergebnis wird angezeigt. Doch der Klick führt nicht zum Ziel. Auch weitere Suchen scheitern. Interaktiv bedeutet hier: Der Nutzer rätselt aktiv, wo der Fehler liegt.

Fazit: Übersichtlicher als der städtische Haushalt auf Papier ist die Netzversion allemal, benutzerfreundlicher auch – und bunter.