Gelsenkirchen. Ungarn verbietet Jugendlichen Infos über Homo- und Transsexualität. Die Empörung ist groß. So wird das Thema in deutschen Schulen behandelt.
Dass die UEFA den Antrag des Münchener Oberbürgermeisters zurückwies, das Olympiastadion in den Regenbogenfarben illuminieren zu lassen, löste bekanntermaßen eine Welle der Empörung und Solidarität aus. Daran ändert auch der Eilantrag der hiesigen AfD nichts, der die Entfernung der Regenbogenfahne als nicht hoheitliches Staatssymbol vor dem Hans-Sachs-Haus und dem Rathaus in Buer forderte. Der Antrag schaffte es in der Stadtratssitzung am Donnerstag letztendlich nicht mal auf die Tagesordnung.
Bei aller Empörung über das ungarische Gesetz, das Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Informationen in Bezug auf Homo- und Transsexualität verbietet, stellt sich die Frage: Wie gehen Gelsenkirchener Schulen mit dem Thema um?
LGBTQ-Themen? Das sieht der Lehrplan in NRW vor
Im nordrhein-westfälischen Lehrplan lassen sich keine LGBTQ-Themen finden. Für die Sexualerziehung hat die Landesregierung eine eigene Richtlinie veröffentlicht – und die stammt aus dem Jahr 2000. Konsens bestehe darüber, dass sich menschliche Sexualität auf vielfältige Weise ausdrücken könne, heißt es in dem Papier: „Demnach sind Hetero-, Bi-, Homo- und Transsexualität Ausdrucksformen von Sexualität, die, ohne Unterschiede im Wert, zur Persönlichkeit des betreffenden Menschen gehören.“
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Für den „konfliktreichen Prozess der Suche nach sexueller Orientierung und sexueller Entfaltung“ bräuchten Jugendliche ein Klima, das die Vielfalt sexueller Möglichkeiten achte. Vertrauen sei hierbei entscheidend. Lehrer hätten eine „Brückenfunktion“, indem sie die Jugendlichen zum Beispiel auf weitergehende Hilfs- und Beratungsangebote aufmerksam machen sollen.
Wie genau LGBTQ-Inhalte im Unterricht behandelt werden sollen, ist in der Richtlinie hingegen nicht festgelegt. Schulen sollen eigene thematische Schwerpunkte für die einzelnen Jahrgangsstufen in einem Arbeitsplan festlegen und umsetzen.
LGBTQ-Fragen in den Jahrgängen sechs, acht und zehn an der Gesamtschule Ückendorf
An der Gesamtschule Ückendorf beispielsweise werden LGBTQ-Fragen in den Jahrgängen sechs, acht und zehn im Unterricht sowie in Zusammenarbeit mit Verbänden, beispielsweise der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheitsförderung (AGGF), beantwortet. „Es ist ein Thema bei uns und wir überlegen, wie man es noch besser in den Schulalltag einbauen kann“, sagt Schulleiter Achim Elvert. [Realität in Gelsenkirchener Schulen - Rektor schlägt Alarm.]
Schule könne dabei „immer nur Perspektiven aufzeichnen“, so Elvert, der bei manchen Schülerinnen und Schülern ein Spannungsfeld wahrnimmt: Es käme vor, dass tolerante Sichtweisen, die im Unterricht aufgegriffen werden, auf eher traditionelle Rollenbilder treffen, die in Familien vermittelt werden. „Wir können nichts vorschreiben, sondern nur Aufklärungsarbeit leisten und die Schüler für Denkweisen ermutigen“, sagt Elvert.
Und auch an der Evangelischen Gesamtschule in Bismarck werden LGBTQ-Fragen besprochen, erklärt Schulleiter Volker Franken. So sei das Thema beispielsweise im Lehrplan der siebten Stufe im Rahmen der Projekttage zum Sexualunterricht implementiert. „Grundsätzlich ist der tolerante und auch sprachlich korrekte Umgang ein großes Thema in der Schülerschaft“, berichtet Franken, wenngleich „Schwuchtel“ beispielsweise auch heute noch auf dem Schulhof ein benutztes wie inakzeptables Schimpfwort sei. Die Schulgemeinschaft reagiere dann auch sogleich und leiste Aufklärung, so Franken.
Unter der Überschrift Toleranz steht auch der Religionsunterricht in Stufe 11, der an der Evangelischen Gesamtschule verpflichtend im Klassenverband gelehrt wird. Passend zum Leitbild der christlichen Schule, die ein „Haus des gegenseitigen Verstehens und Miteinanders, der Achtung der Würde des Anderen und der Toleranz dem Fremden gegenüber“ sein will, gehe es laut Schulleiter Franken beim Religionsunterricht nicht nur um Toleranz in Fragen der Religionen, sondern auch beim Thema Sexualität.