Gelsenkirchen. Vor einem Jahr hat die Stadt Gelsenkirchen Dienst-E-Bikes angeschafft. Doch diese dürfen immer noch nicht genutzt werden. Das sind die Gründe.

Dieser Tage sieht man im Stadtbild immer mal wieder Fahrräder mit einem großen Anhänger, auf dem die Gelsenkirchener Stadtverwaltung für das „Stadtradeln“ wirbt. Mit der sich jährlich wiederholenden Aktion möchte die Stadt dazu beitragen, dass mehr Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener vom Fahrersitz auf den Sattel umsteigen. Mit den eigenen neuen und teuren Diensträdern der Stadt allerdings dürfen Mitarbeitende keine Meter machen. Die bleiben stattdessen dort, wo sie seit ihrer Beschaffung sind: eingelagert!

Bereits vor einem Jahr hat die Stadt zehn E-Bikes für Dienstfahrten bestellt – doch diese dürfen immer noch nicht genutzt werden. Begründet wird die Verzögerung nach wie vor damit, dass „Aspekte hinsichtlich der Arbeitssicherheit geprüft“ werden müssten. „Das ist ärgerlich“, empört sich Birgit Wehrhöfer, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, über die Antwort. Es sei nicht nur so, dass die Nicht-Nutzung zu einem Wertverlust der teuren Pedelecs führe. „Vor allem bleibt der versprochene Beitrag der Stadtverwaltung zur aktiven Gestaltung der Verkehrswende aus“, so die Stadtverordnete. „Das ist Etikettenschwindel.“

Noch drastischer formuliert es ein Verwaltungsmitarbeiter selbst, der namentlich in der Presse besser nicht genannt werden will, zumal er mit Blick auf das Thema Diensträder von „Absurdistan“ spricht.

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Zwei Tage hat die Stadtverwaltung gebraucht, um auf Nachfrage der WAZ zu erklären, warum die teuren Fahrräder noch immer nicht von Mitarbeitenden genutzt werden dürfen und stattdessen irgendwo verstauben. Herausgekommen ist dabei, dass „aktuell noch Prüfungen hinsichtlich der Arbeitssicherheit und auch juristischer und formaler Aspekte laufen, die in eine entsprechende Dienstanweisung einfließen. Das ist im öffentlichen Dienst zwingend notwendig. Sobald die Prüfungen abgeschlossen sind, wird die Dienstanweisung die entsprechenden Gremien – wie etwa den Personalrat – durchlaufen. Anschließend steht einer Nutzung der E-Bikes nichts mehr im Wege.“

Wann das der Fall sein wird, weiß offenbar keiner zu beantworten. Dabei war der Start der Dienst-E-Bikes schon einmal verschoben worden: Ursprünglich sollte die Nutzung bereits ab Ende 2020 möglich sein, dies war aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten verschoben worden. Als die E-Bikes dann im Mai vergangenen Jahres geliefert wurden, musste erst noch eine App fertiggestellt werden, die man zur Nutzung brauche, hieß es damals aus dem Rathaus. Zweites Startdatum sollte daher im Juli 2021 liegen, wie die WAZ berichtet hatte. Sollte! Wurde es aber nicht.

Gelsenkirchener Grüne: „Hier wird Geld zum Fenster rausgeworfen“

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt bereits die erste Leasingrate in Höhe von monatlich insgesamt 1967 Euro gezahlt, der Vertrag läuft über 36 Monate. „Ein Drittel des Vertragszeitraumes ist schon verstrichen, ohne dass die Mitarbeitenden der Stadt das Angebot in Anspruch nehmen konnten. Hier wird Geld zum Fenster rausgeworfen und das dann auch noch als klimafreundliche Maßnahme verkauft“, wirft Wehrhöfer der Stadtverwaltung vor.

Zudem sehen die Grünen die Gefahr, dass sich ein Verbot der Nutzung, obwohl die E-Bikes vor Ort sind und auch eine entsprechende App zur Ausleihe nun fertiggestellt ist, frustrierend auf die Belegschaft auswirken könne.

Im Verkehrsausschuss, der am Donnerstag tagte, hatte Birgit Wehrhöfer das Thema als Anfrage auf die Tagesordnung setzen lassen. Die Verwaltung verwies jedoch darauf, dass für die Beantwortung das Referat Personal zuständig sei, an der Sitzung nahm aber niemand aus diesem Referat teil, der Fragen hätte beantworten können. Schriftlich erhielten die Grünen die gleiche dürre Antwort wie die WAZ-Redaktion: Es müssten noch „Aspekte der Arbeitssicherheit geprüft und festgelegt werden“, schreibt die Verwaltung. Wann die E-Bikes also endlich auf die Straße rollen dürfen, bleibt weiter ungeklärt.