Gelsenkirchen. Ein Gelsenkirchener Lehrer und Uni-Dozent hat für das Land NRW besondere Konzepte erarbeitet. Warum internationale Klassen besonders profitieren.

Thomas Michalak (41) unterrichtet Sport und Deutsch – und zwar am liebsten gleichzeitig, in der gleichen Unterrichtsstunde. Sprachen lernen funktioniert in Verbindung mit Bewegung deutlich leichter und besser, davon ist Michalak überzeugt. Und zwar so überzeugt, dass er für die Umsetzung Konzepte geschrieben hat im Auftrag der Schulaufsicht, also der Bezirksregierung Münster, die ihn dafür im Gegenzug für zwei Jahre von der Hälfte seiner Unterrichtstätigkeit an der Sekundarschule Hassel freigestellt hat. Vieles von dem, was er in den zwei dafür freigestellten Jahren erarbeitet hat, ist mittlerweile auf der Homepage des Bildungsministeriums NRWnachzulesen.

Gelsenkirchener Lehrer: Durch Bewegung lässt sich Konzentration wiederbeleben

Michalak kam selbst als Siebenjähriger aus dem polnischen Warschau nach Deutschland. Nach dem Abitur wurde er zunächst Diplom-Sportlehrer. Doch bald genügte ihm das nicht mehr. Er hängte ein Studium der Germanistik und des Sports auf Lehramt dran. Seither kombiniert er seine beiden Fächer – vor allem für zugewanderte Kinder, die noch nicht lange in Deutschland leben und beim Sport viel leichter in die neue Sprache finden.

Thomas Michalak brennt für seinen Beruf und die Schülerschaft. Bewegung ist für ihn ein wichtiger Schlüssel für erfolgreiches Lernen.
Thomas Michalak brennt für seinen Beruf und die Schülerschaft. Bewegung ist für ihn ein wichtiger Schlüssel für erfolgreiches Lernen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Hauptamtlich ist Michalak Lehrer an der Sekundarschule Hassel, seit sieben Jahren. Vorher unterrichtete er in Wuppertal an der Hauptschule. In Hassel widmet er sich vornehmlich den Schülerinnen und Schülern der Internationalen Förderklassen, die sich in der Regel aus mehreren Nationalitäten zusammensetzen. „Diese extrem heterogenen Willkommensklassen mit Schülern mehrerer Altersgruppen, mit unterschiedlichsten Muttersprachen und Alphabetisierungsgraden zu unterrichten, ist sehr anspruchsvoll. Ich habe mich schon sehr früh fortgebildet im Bereich ,Deutsch als Zweitsprache’ (DAZ) und weiß auch daher, wie hilfreich Sport dabei sein kann“, betont Michalak.

Im Klassenzimmer, am Platz sitzend, sei die Konzentrationsfähigkeit in den Ifö-Klassen nach drei Stunden vorbei. Durch Bewegungsprogramme lasse sich diese aber wiederbeleben, das Lernen werde effektiver. Zumal diese Schülergruppe auch häufig besonders dringend Ablenkung und Aufmunterung benötige, was ebenfalls durch körperliche Aktivität besonders gut gelinge. Zum Thema: Wie Deutsch lernen besonders gut gelingen kann

Gelsenkirchener erhält Anfragen von anderen Städten für Schulungen

Seit diesem Sommersemester arbeitet Michalak auch als Dozent an der Ruhr-Universität Bochum, führt Lehramtsstudenten in die Kunst des bewegten Sprachenlernens ein. „Neben der Arbeit in Hassel habe ich auch Sprachcamps geleitet, etwa für Gelsensport. Und ich habe zahlreiche Anfragen von anderen Städten, Ähnliches zu tun“, berichtet er. Was bei Kollegen wie auch bei Übungsleitern, denen er die Grundbegriffe nahebringt, besonders gut ankommt, sei die Praxisnähe.

An der Sekundarschule Hassel unterrichtet Thomas Michalak vor allem Internationale Förderklassen. Sein Konzept für effektiveres Lernen stellt er nun auch Bochumer Lehramtsstudenten als Dozent vor.
An der Sekundarschule Hassel unterrichtet Thomas Michalak vor allem Internationale Förderklassen. Sein Konzept für effektiveres Lernen stellt er nun auch Bochumer Lehramtsstudenten als Dozent vor. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Konkrete Beispiele für den Unterricht statt purer Theorie

„Die Studenten sind immer sehr froh, ganz konkrete Beispiele und praktisch umsetzbare Tipps zu bekommen, statt pure Theorie zu pauken“, hat er dabei festgestellt. Die Vorteile des Lernens beim Sport zeigten sich besonders klar bei international gemischten Gruppen. Sportgeräte, Begriffe, Aktivitätsverben – all das kann im Sport plastisch dargestellt und geübt werden. Dabei sind es nicht selten alte Kinderspiele, die zum Einsatz kommen. Je nach Altersgruppe und Sprachvoraussetzungen reicht das Spektrum von „Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser?“ über den „Rückenmaler“ (Buchstaben oder Worte auf dem Rücken schreiben) bis zu Wörter-Puzzles. Buchstaben- und Satzbaustaffeln oder Wortarten-Briefkästen kombinieren Ausdauersport, Bewegungsabläufe und Grammatik.

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„Aber Bewegung hilft nicht nur Zugewanderten, die neben dem Schulstoff noch Deutsch lernen müssen. Auch Kinder mit exekutiven Funktionsdefiziten, also etwa Konzentrationsstörungen, sind durch Einbindung von Bewegungselementen wesentlich besser zu fördern, das zeigen auch Studien“, ist er überzeugt. Und so gibt es in seinen Fortbildungen nicht nur praktische Beispiele für kombinierten Deutsch-Sport-Unterricht in der Turnhalle, sondern auch Anregungen zu Bewegung im Klassenzimmer in verschiedensten Fächern, um den Lernerfolg zu steigern. Die Handreichung, die er dazu erarbeitet hat, ist ausgesprochen gefragt bei Kollegen.

Aktionstag an der Sekundarschule

Das nächste Sprach- und Bewegungscamp, das Thomas Michalak leitet, ist ein „Heimspiel“. Am 22. Juni läuft es für die Schülerinnen und Schüler der Internationalen Förderklassen im Rahmen eines Aktionstages an der Sekundarschule Hassel.An seiner Schule laufen zum Thema Sprache und Bewegung auch regelmäßig Fortbildungen für Lehramtsstudenten.