Gelsenkirchen. Die Vorbereitungen laufen auf der Zeche Westerholt: Im Mai wird das Gelände, das Gelsenkirchen und Herten vereint, zur Spielstätte urbaner Kunst.

„Wir nennen es immer künstlerische Heimatkunde“, erklärt Christoph Brüggemeier, was auf der einstigen Zeche Westerholt vorbereitet wird. „Wir beleben Industriebauten wieder. Künstler thematisieren im Kern die Geschichte des Ortes.“ Das ist das Konzept der ersten „Rubug“, eines Festivals der urbanen Kunst, deren Pressesprecher der junge Mann aus Hamburg ist.

Heute ist der erste Arbeitstag vor Ort: Unzählige Helfer in gelben Warnwesten fegen hier, schrauben dort, legen Kabel, bauen Tische auf. Einige von ihnen sind neu dazu gekommen aus dem Revier. Andere wissen schon ganz genau, was sie tun. Die Hälfte des Teams nämlich ist auch bei der „Ibug“ regelmäßig dabei, dem internationalen Festival für urbane Kunst in West-Sachsen.

60 Künstler arbeiten und leben eine Woche lang hier in Gelsenkirchen

Diese Initiatoren, Künstler und Ehrenamtlichen stellen bereits Biertischgarnituren für die Besucher des Festivals „Rubug“ auf dem Gelände der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen auf.
Diese Initiatoren, Künstler und Ehrenamtlichen stellen bereits Biertischgarnituren für die Besucher des Festivals „Rubug“ auf dem Gelände der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen auf. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Stefan etwa, der es bei seinem Vornamen belassen möchte, kommt aus Leipzig. „Ich bin dafür da, das umzusetzen, was andere vorhaben“, beschreibt er, dass er etliche Meter Starkstromkabel gelegt hat, dafür auch einige Durchbrüche machen musste. Das Gelände sei schon eine Herausforderung, sagt er. Auch, weil Teile unter Bergaufsicht stehen. Es ist die erste Zeche, auf der er Hand anlegt für die urbane Kunst. „Letztes Mal waren wir in Flöha in einer alten Papierfabrik. Die hat zu Ostzeiten Papiere und Tapeten hergestellt.“ Das Besondere: „Es gab Räume, da war alles noch da – von Klamotten über Konserven bis hin zu den Pin-ups.“

Wir taggen GElsen: Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.

Während die einen den Weg bereiten für die 60 internationalen Künstler, helfen andere beim Aufräumen, beseitigen eventuelle Gefahren für die Besucher. Wiederum andere bauen die notwendige Infrastruktur für die Kreativphase auf. So brauche es, erklärt Christoph Brüggemeier, eine Küche. Denn die Künstler bleiben rund eine Woche, lassen Ort und Räume auf sich wirken, sprechen mitunter mit den Menschen der Region, mit alten Bergleuten. Ihre Eindrücke verarbeiten sie vielfach in Graffitis aber auch in Installationen – künstlerische Momentaufnahmen, die über kurz oder lang vergänglich sind.

Initiatoren, Künstler und Ehrenamtliche berieten sich am Samstag, 19. März, über das geplante Streetart-Festival „Rubug“ auf dem Gelände der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen.
Initiatoren, Künstler und Ehrenamtliche berieten sich am Samstag, 19. März, über das geplante Streetart-Festival „Rubug“ auf dem Gelände der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Ein „kreativer Spielplatz“ auf ehemaligen Zechengelände in Gelsenkirchen

Jan Thau aus Glauchau bei Chemnitz führt einige Künstler durch die Räume, die das Festival in Absprache mit der Entwicklungsgesellschaft bespielen darf. Sie wollen einen ersten Eindruck gewinnen, lassen sich inspirieren. Als Teil des Künstlerkollektivs „Freizeitgruppe Gestaltung“ wirkt auch Jan Thau künstlerisch mit. Er verrät, einige Orte sprächen gleich mehrere der Künstler an. Viele Räume böten eine gute Basis für Kunst. Wo der Reiz liegt einer solchen (unbezahlten) Arbeit? „Das ist ein kreativer Spielplatz, den man sonst selten bekommt.“

Lesen Sie auch:

Tierheim Gelsenkirchen: Das menschengemachte Leid der Kangals

Instagramer: „Gelsenkirchen ist eine besonders starke Döner-Stadt“

Flaute in Gelsenkirchen: Immer weniger Händler auf Feierabendmarkt

Auch Kenneth Lersoin ist gekommen, den Ort zu erkunden. Angereist ist er aus der niederländischen

Auf der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen werden Kabel gelegt, Wände durchbrochen, damit das Festival auch ein Erfolg wird.
Auf der einstigen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen werden Kabel gelegt, Wände durchbrochen, damit das Festival auch ein Erfolg wird. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Heimat, aus Rotterdam. Gerade betrachtet er die einstige Ausbildungswerkstatt, steht in dickem Staub im Licht, das durch zerschlagene Fensterscheiben fällt und weiß zu überraschen: „Für mich ist es interessanter, wenn alles noch unberührt ist. Hier ist es so sauber.“ Was er meint ist, er hätte sich mehr Utensilien aus der Vergangenheit gewünscht, mit denen er hätte arbeiten können. Dennoch: „Die Gebäude sind sehr interessant.“ Ob er schon eine Idee hat, sich mit dem Bergbau auseinandersetzen will? „Darüber denke ich nach, wenn ich wieder zu Hause bin.“

Schöngeister und Anpacker schon fleißig im Einsatz

Auf der Internetseite des Festivals haben die Initiatoren viel Material zusammen gestellt. „Ich habe einige Interviews geführt mit ehemaligen Bergleuten, da erzählen die von der Untertage-Arbeit“, sagt Christoph Brüggemeier, selbst von Haus aus Videojournalist. Dazu gebe es auch authentische Geräusche aus der Grube, historische Filme, Zeitungsartikel. Alles kann in die Kunst einfließen, die hier im Mai entstehen soll.

Am Freitag, 13. Mai, sind die internationalen Künstler am Werk. Eine Woche lang arbeiten und leben sie dafür auf dem Gelände. Am Freitag, 20. Mai, öffnet die Zeche Westerholt dann erstmals für Besucher ihre Türen. Von Montag, 23. Mai, bis Mittwoch, 25. Mai, dürfen dann nur junge Menschen kommen, die mit ihren Schulklassen auf dem Gelände Workshops machen mit den Künstlern. Danach und bis Sonntag, 29. Mai, dürfen dann noch einmal alle Interessierten kommen.

Es werden noch Helfer für das „Rubug“-Festival gesucht

Der Verein „Salon Ruhr“ ist Veranstalter des großen Festivals. Die Aktiven um Festivalgründerin Kathi Schmidt waren zunächst auf dem Gelände der früheren Zeche Schlägel und Eisen aktiv im „Club Schlägel und Eisen“, der das Gelände als Kulturort etabliert hat.

Einige der Aktiven suchten sich ein neues Projekt, die „Rubug“. Sie lebt vom Einsatz vieler Helfer. Etliche würden auch weiterhin gesucht, etwa für die Veranstaltungstage als Ordner oder „Kartenabreißer“.

Der Besuch des Festivals kostet 14 Euro. Tickets sind ab Mittwoch, 23. März, über die Seite https://www.rubug.de erhältlich. Hier gibt es auch Informationen für freiwillige Helfer.

Die Vorbereitungen für das Festival „Rubug“ in Gelsenkirchen auf zeche Westerholt laufen. Hier hängt eine Diskokugel.
Die Vorbereitungen für das Festival „Rubug“ in Gelsenkirchen auf zeche Westerholt laufen. Hier hängt eine Diskokugel. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Es wird das Finale eines langen Weges mehrjähriger Planung. Wenn die Premiere dieser Festival-Adaption aus Deutschlands Osten so gut wird wie alle hoffen, dann sei man einer Fortsetzung nicht abgeneigt, sagt Christoph Brüggemeier und will doch so weit noch nicht denken. Denn aktuell wird der große Moment gespannt vorbereitet. „Gerade sind hier Schöngeister und Anpacker zusammen auf dem Gelände aktiv.“