Gelsenkirchen. Das Tauziehen um den künftigen Standort der Polizeihochschule zwischen Gelsenkirchen und Herne geht weiter. Rede ist vom „Herner Klüngel“
Die Gelsenkirchener Stadtverwaltung mit Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) hat sich nach eigenen Angaben kräftig ins Zeug gelegt, um den neuen Campus der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) mit bisherigem Hauptsitz in Gelsenkirchen-Ückendorf auf dem Gelände der ehemaligen Polizeiwache Süd und des Zentralbades zu realisieren.
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Nach übereinstimmenden Informationen der WAZ Herne und der WAZ Gelsenkirchen jedoch, sollen sich die Verantwortlichen bereits vor Wochen für Herne als neuen Standort entschieden haben. Ob dieses Votum auch weiterhin Bestand hat, nachdem es aus dem Kreis des Gelsenkirchener Projektentwicklers und der Stadt Protest gegeben haben soll, sollte sich nun endgültig am Freitag, 4, März, zeigen. Sollte, denn die erst am Donnerstagmittag von der HSPV kurzfristig einberufene Pressekonferenz, wurde wenige Stunden später wieder abgesagt.
Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung gibt Entscheidung bekannt
Die offizielle Verkündung der Entscheidung über den künftigen Standort der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) des Landes wird also weiter aufgeschoben. In letzter Minute hat ein Bieter – nach Informationen dieser Redaktion der Projektentwickler für das Gelsenkirchener Gelände, Kölbl und Kruse – einen Nachprüfungsantrag gestellt. Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) zeigte sich nach zwei Jahren Verfahrensdauer angesichts des Hickhacks innerhalb eines einzigen Tages unmittelbar vor der angekündigten Bekanntgabe des künftigen Standorts gegenüber der WAZ entsetzt: „Ich bin schockiert und fassungslos.“ Dudda kündigte als Reaktion seinerseits für Freitag eine Pressekonferenz an.
Warum die Verkündung des Wettbewerb-Siegers erst angekündigt und dann wieder einkassiert wurde, teilte die Hochschule nicht mit. „Wir bedauern, dass das Verfahren erst einmal nicht abgeschlossen werden kann. Wir werden jetzt die Entscheidung der Vergabekammer abwarten,“ erklärt Martin Bornträger, Präsident der HSPV, in der Mitteilung.
Unterlegene Bieter in öffentlichen Vergabeverfahren hätten grundsätzlich die Möglichkeit, die Vergabeentscheidung von der Vergabekammer überprüfen zu lassen. Dies stelle sicher, dass öffentliche Aufträge vergaberechtskonform vergeben werden.
Und genau an diesem Punkt gibt es seit Monaten große Zweifel in Gelsenkirchen. Dabei wird nicht allein auf die angespannte Beziehung verwiesen, die der Herner Martin Bornträger mit dem ehemaligen Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski hatte. Auch die Namen anderer Verfahrensbeteiligter, die wie der HSPV-Leiter Herner Bürger sind, werden immer wieder genannt. Von einem „Herner Klüngel“ ist hinter vorgehaltener Hand die Rede.
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Und davon, dass in dem langen Verfahrensverfahren immer wieder Kleinigkeiten derart verändert worden seien, um das Angebot des Projektentwicklers für das Herner Gelände, Hochtief, im Rennen zu halten. Mehr noch: Der Projektentwickler, der die vier Standort-Angebote für die HSPV bewertet, soll zusammen mit Hochtief vor zwei Jahren bereits den den HSPV-Bau in Duisburg realisiert haben.
„Ausgerechnet beim Bau einer Polizeihochschule sollte nun wirklich alles mit rechten Dingen zugehen und kein Zweifel bestehen bleiben, dass ein 200-Millionen-Euro-Projekt mit unlauteren Mitteln vergeben wurde“, rechtfertigen Kritiker der Vorentscheidung für Herne den Einspruch.
Um sicherzustellen, dass das unter wirtschaftlichen, funktionalen und energetischen Aspekten beste Angebot zur Ausführung kommt, habe die Hochschule ein zweistufiges europaweites Vergabeverfahren durchgeführt, erklärt die Einrichtung indes. Dabei hätten sich zunächst Bieter mit Grundstücken und Gebäuden in den vier ausgewählten Ruhrgebietsstädten Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen und Herne bewerben können. Im zweiten Schritt hätten die Teilnehmer konkrete Konzepte und Planungen vorgelegt, die anhand von definierten Kriterien bewertet worden seien.
Wie „konkret“ die Konzepte und Planungen tatsächlich waren, und ob tatsächlich, wie behauptet, immer wieder nachjustiert worden sei, um das Herner Angebot „der von Anfang an getroffenen Entscheidung entsprechend passend zu machen“, muss nun die Vergabekammer klären.
Klar ist jetzt schon: Bei den Projektentwicklern hüben wie drüben und in den Rathäusern in Herne und Gelsenkirchen schlägt der Puls beim Thema HSPV inzwischen extrem hoch. Nicht zuletzt deshalb wird Duddas kurzfristig anberaumte Pressekonferenz mit Spannung erwartet.
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